Die erste Taxlerin: „Eine Chauffeuse sucht Stellung“
Weiße Kappe, brauner Mantel, schwarzes Auto: So nahm Felizia Fischer an ihrem Standplatz in der Innenstadt Stellung und wartete auf Fahrgäste. „Sofort bildete sich eine Menschenansammlung, ein Fotograf erschien, damit er die erste Fahrt der ersten Chauffeuse in Wien verewigte“, berichtete eine Zeitung - eine Taxlerin war 1927 Schlagzeilen wert.
Platzwagenlenker - nur Männer
Felizia Fischer schrieb Geschichte. Sie war die erste Frau, die in Österreich eine Genehmigung als Taxifahrerin erhielt oder besser: als Platzwagenlenkerin, so lautet die offizielle Berufsbezeichnung.
Ein Arbeitsplatz, den sie sich erkämpfen musste: Obwohl die seit 1920 geltende Verfassung Gleichheit der Geschlechter festschrieb, wurde ihr Antrag auf „Platzwagenlenkerdienst“ 1925 in Wien abgelehnt. Dies stehe nur „männlichen Personen“ zu.
Bis zum Höchstgericht
Fischer ließ sich das aber nicht gefallen, berichtet die Grazer Historikerin und Uni-Professorin Anita Ziegerhofer, die sich der Geschichte der Pionierin annahm. Felizia Fischer blitzte mit Einsprüchen bei zwei Behörden ab, ehe ihr der Verfassungsgerichtshof am 12. Oktober 1926 recht gab: Die Nichtzulassung zum Chauffeurberuf sei unzulässig.
Kein Arbeitgeber
Doch für die Wienerin war der Kampf nicht vorbei, erst musste einmal ein Arbeitgeber gefunden werden. „Eine Chauffeuse sucht Stellung auf einem Autotaxi“, inserierte sie Angebote: null. Aufgeben kam nicht infrage, also kaufte sie sich ein Auto. Durchaus Luxus für diese Zeit, wie Historikerin Ziegerhofer anmerkt: Ende der 1920er-Jahre gab es in ganz Wien 5.441 Automobile (aber 13.567 Motorräder, die waren billiger).
"Eine beliebte Straßenfigur"
Fischer startete ihre Taxi-Karriere am 21. Mai 1927, ein Samstag. Reporter waren dabei: „Die erste Wiener Taxichauffeuse wird bald populär sein und eine beliebte Straßenfigur werden“, prophezeite einer, während ein Kollege über die Gefahren grübelte: „Sie wird sich von vielen Zudringlichkeiten angeheiterter Nachtpassanten schützen und daher eine größere Dosis Mut in den Beruf mitbringen müssen.“
Lied verboten
Nicht nur dort brauchte sie Mut. Fischer wehrte sich 1930 vor Gericht gegen ein zweifelhaftes Lied: „Ich bin die erste Taximätresse, wer wünscht zu wissen meine Adresse ...“ Das Lied wurde verboten.
Nach ihr wurden noch fünf weitere Frauen Taxifahrerinnen, unter anderem Anna Pischek, genannt „Frau Antschi“. Fischer selbst hat 1931 aufgehört, zum Bedauern der Journalisten: „Fräulein Fischer fährt nicht mehr. Sie hat ihr fesches, weißes Kapperl an den Nagel gehängt.“Elisabeth Holzer
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