Diamond Aircraft: Chef wehrt sich gegen Vorwürfe
4300 Flugzeuge hat Diamond Aircraft verkauft. Erst vor drei Wochen wurde ein neues Werk in Wuhu (China) eröffnet. Noch heuer will die Wr. Neustädter Firma mit ihren 700 Mitarbeitern das erste Hybrid-Flugzeug in die Luft bekommen, außerdem wird an einem neuen Hubschrauber gebaut. Es geht also aufwärts. Zuletzt sorgte Diamond jedoch für Schlagzeilen wegen Abstürzen mit den bis 2009 eingesetzten Thielert-Motoren. Ein Interview mit Firmenchef Christian Dries über Altlasten – und die Zukunft.
KURIER: Zu vier Abstürzen mit Diamond-Beteiligung zwischen 2005 bis 2009 fehlen bis heute die Absturzberichte des Verkehrsministeriums. Zufall?Christian Dries: Es sind auch mit Flugzeugen unserer Mitbewerber Unfälle passiert und es wäre interessant, ob die alle schon aufgeklärt wurden und in welchem Zeitraum. Aber grundsätzlich ist es unverständlich, dass so etwas so lange dauert. Wir sind daran interessiert, dass die Untersuchungen schnell abgeschlossen werden. Diese Fälle sind störend bei Verhandlungen mit unserer Versicherung. Und wir untersuchen das natürlich auch selbst. Unsere Motoren sind elektronisch gesteuert, da wird alles aufgezeichnet – das könnte man fast als Blackbox bezeichnen.
In einem internen Bericht des Ministeriums ist von 246 Triebwerksausfällen ihrer Typen DA-40 und DA-42 die Rede.
Das ist nicht immer ein Ausfall, da werden auch Triebwerksprobleme gerechnet, etwa ein Leistungsabfall. In US-Sicherheitsstatistiken sind wir Klassenbester im Vergleich zu anderen Herstellern.
War es ein Fehler, auf die Thielert-Motoren zu setzen?
Es war sicher kein Fehler, es war ein innovatives Konzept. Es sind noch 850 dieser Motoren im Einsatz. Ich denke, diese Entwicklung hat uns am Ende weltweit nach vorne gebracht.
Also gibt es keine Probleme und das Ministerium sieht es falsch?
Das habe ich so nicht gesagt. Was in den Berichten steht, ist nicht falsch. Es ist aber auch nicht richtig. Es gab tatsächlich Probleme mit den Kabeln. Aber die Frage ist: Was ist daran schuld? Häufig werden Kabel durch Wartung kaputt gemacht. Wir wissen zwar alle, dass es illegal ist, aber je weniger an einem Flugmotor gewartet wird, desto besser hält er. Es gibt eine Flugschule in Afrika, die hat gar keine Wartungen durchgeführt und die Motoren haben anstandslos gehalten. Wenn Sie so ein Kabel haben und es rutscht der Schraubenschlüssel ab, kann das beschädigt werden.
Es gab keinen Einfluss von Diamond auf die Berichtserstellung?
Nein. Das wäre undenkbar. Andere Länder klären so etwas in zwei Monaten auf. Wir können das nicht beeinflussen. Aber ich würde sagen: Durch ihre Artikelserie im KURIER haben sie das jetzt beeinflusst.
Die Untersuchungsstelle arbeitet jetzt sicher schneller. Aber um noch einmal zurückzugehen: 2007 hat der Ermittlungschef 45 Autoteile aufgelistet, die in den Diamond-Flugzeugen verbaut sind ...
Bloß weil ein Bauteil aus dem Kfz-Bereich kommt, heißt es nicht, dass es fluguntauglich ist. Um es für die Luftfahrt zu qualifizieren benötigen sie Materialtests. Teilweise sind die Teile aus dem Autobau besser, weil sie in größeren Stückzahlen hergestellt werden. Weil die Hersteller eine vollautomatische Qualitätssicherung haben.
Aber es haben sich Kabel gelöst. Wurde da etwas geändert?
Was Thielert gemacht hat, wissen wir nicht. Der Herr Thielert war kein einfacher Mensch, und als unsere Zusammenarbeit nicht mehr harmonisch war, haben wir ein eigenes Triebwerk entwickelt. Wir haben vielen ein Nachrüstangebot gemacht, auf unsere Motoren zu wechseln, aber die meisten wollten bei Thielert bleiben.
Bei vielen Rechtsstreitigkeiten zwischen Ihnen und Absturzopfern kommt heraus, dass man spezielle Kenntnis benötigt, um mit Ihren Flugzeugen Notfallsituationen zu meistern ...
Das ist relativ. Wenn wir – ohne große Kenntnisse von der Luftfahrt – zwei Stunden üben, dann wissen Sie ganz genau, wie man ein Triebwerk abschaltet und mit einem Motor alleine fliegt. Unser Flugzeug ist das am leichtesten zu fliegende zweimotorige Flugzeug der Welt und darauf bin ich stolz.
Genau in der Zeit der Unfälle scheint Diamond bei den Eurofighter-Gegengeschäften auf. Da ist auch die Rede von Lizenzierungshilfe durch EADS. Hat es eine Zusammenarbeit gegeben?
Wir haben einen Brief von Minister Mitterlehner, wo drinnen steht, dass unser Motorenprojekt nicht angerechnet wurde. Es stimmt, wir waren damals im Gespräch. Wie auch österreichischer Käse im Gespräch war.
Und die darin genannte Unterstützung bei Zertifizierungen?
Es war so, dass wir EADS eine Anfrage gestellt haben, dass sie uns die Software für unsere eigene elektronische Steuerung noch einmal prüfen. Das war aber eher eine Anfrage vom Elektronikhersteller Bosch. Es kann sein, dass die Leute von EADS da einmal drübergeschaut haben, weil sie viel Ahnung haben.
Sie haben auch eine eigene Lizenzierungsstelle?
Wir machen weit mehr als das, es gibt sogar Crashtests für Insassen, die gar nicht vorgeschrieben sind. Wenn es eine Lizenzierung gibt, dann ist jemand von der Behörde bei uns. Es gab Tests, die wir nicht bestanden haben.
Sie arbeiten an einem Hubschrauber, dem DART-280?
Wir bauen einen Hubschrauber in der 1,5-Tonnen-Klasse mit einer Turbine. Das ist ein Vier- bis Fünf-Sitzer und der erste seiner Klasse mit Einziehfahrwerk und einem elektrischen Heckrotor. Das wird ein Reisehubschrauber, das Ziel sind Privatpersonen und Training. Um Ihre nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Mit dem Bundesheer machen wir gar nichts, maximal eignet er sich für die Ausbildung.
Wann wird er fertig sein?
Vermutlich wird er erst 2020 oder 2021 fertig, weil wir derzeit andere Projekte haben und verhandeln. Es geht in erster Linie um die Hybridtechnik, wir hatten im März den Jungfernflug der DA-50 und es gibt einen Auftrag, wo wir erst im experimentellen Stadium sind.
Verraten Sie mehr?
Es könnte sein, dass wir bei einem Luft-Taxi mitbauen, da gibt es gerade einen Hype. Das Einzige, das bereits fliegt, stammt von einem ehemaligen Mitarbeiter von uns.
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