Der Tod der Christa P.: "Sag uns die Wahrheit!“

Vor dem Linzer Landesgericht für Strafsachen liegen die Nerven blank: „Für Drogen gehst länger in Haft als für ein Menschenleben!“, empört sich eine Frau. Eine andere schreit dem Angeklagten zu: „Siehst du nicht Christas Mama, wie es ihr schlecht geht? Was du angestellt hast? Warum hast du es uns nicht vorher gesagt? Da rennt er, aber eine Leiche kann er vergraben!“

Nach dem Prozess kochen die Emotionen bei der Familie hoch
Gerade war ein 44-Jähriger wegen Imstichlassen einer Verletzten mit Todesfolge und Störung der Totenruhe (nicht rechtskräftig) verurteilt worden. Der Mann, so gibt er selbst zu, war dabei, als die 54-jährige Christa P. im Vorjahr starb. Obwohl es der Frau schlecht ging, rief er nicht die Rettung. Nach ihrem Tod vergrub er ihre Leiche in einem nahe gelegenen Kukuruzfeld in Ebelsberg. Erst acht Monate später wurde die Leiche der Frau entdeckt.
6 Monate Zusatzstrafe
Die Familie von Christa P. ging monatelang durch die Hölle. Der Gerichtstermin, so hofften Verwandte und Angehörige, sollte Gerechtigkeit bringen.
Doch davon war nach der Verhandlung nichts zu spüren. Der drogensüchtige Beschuldigte wurde zu sechs Monaten Zusatzstrafe verurteilt. Dazu kommt noch eine „alte“ Strafe wegen Drogenhandels und Diebstahls, die er nun absitzen muss. In Summe muss der Mann zwei Jahre ins Gefängnis. „Ich nehme das Urteil an“, erklärt der Angeklagte, der ohne Rechtsbeistand vor Gericht erschienen war.

Die verstorbene Christa P.
Den meisten Anwesenden ist diese Strafe aber zu mild. „Kann man da keinen Einspruch machen?“, platzt es aus einer Schwester heraus.
Empört verlassen sie den völlig überfüllten Gerichtssaal, vor dem Gerichtsgebäude entfachen sich wütende Wortgefechte. Unter anderem mit dem lallenden Neffen des Angeklagten, der der Polizei davon erzählt hatte, dass Christa P. nicht mehr lebt. „Sag uns die Wahrheit!“, fordern ihn Familienangehörige auf. „Ich habe nichts gemacht, ich bin nicht angeklagt!“, schreit der Zeuge zurück. Erst eine Sicherheitsmitarbeiterin kann den Konflikt auflösen. „Bitte nicht hier. Sie blockieren den Zugang zum Gericht.“
„Hab’s gemacht“
Die Familie kann nicht glauben, dass der schmächtige Tatverdächtige die 70-Kilo-Frau allein von seiner Wohnung zum Feld getragen und dort vergraben haben soll. „Wie haben Sie das geschafft?“, fragt auch Rechtsanwalt Wolfgang Gappmayer, der die Kinder der Toten vertritt. „Ich weiß nicht“, antwortet der Angeklagte. „Ich hab’s gemacht. Damals hab ich auch 15 Kilo mehr gewogen.“ – „Geholfen hat Ihnen niemand?“ – „Nein!“ – „Es ist Zeit, dass sie uns reinen Wein einschenken.“
Die Polizei musste mit Baggern anrücken, um den Leichnam der Frau freizulegen. Der lehmige Boden war zu schwer, um nur mit Spaten zu arbeiten.

Die Leiche von Christa P. wurde in einem Kukuruzfeld in Ebelsberg vergraben und erst acht Monate später gefunden
Wie ein Gerichtsmediziner feststellte, gab es keine Spuren von äußerer Gewalteinwirkung. Christa P. war an einer Überdosis Substitol gestorben. „Wir haben nicht gemeinsam konsumiert, ich habe ihr auch nichts gegeben“, sagt der Angeklagte, der im Substitutionsprogramm ist. „Sie muss sich selbst was genommen haben.“ Zwar habe er mitbekommen, dass es seiner Bekannten nicht gut ging. „Sie hat sich auf den Boden gelegt. Ich hab ihr dann geholfen, dass sie sich ins Bett legt.“ Aber: „Ich hab mir gedacht, sie schläft ihren Rausch aus. Ich dachte nicht, dass sie stirbt.“
Wahnsinnsidee
Mehrmals telefonierte der Mann in dieser Nacht mit einem Freund. „Er war hörbar alkoholisiert und er war sehr aufgeregt“, erinnert er sich. Mehrmals riet er ihm dringend, die Rettung zu rufen. „Warum haben Sie das nicht gemacht?“, fragt die Richterin den 44-Jährigen. „Ich weiß es nicht. Es wäre gescheiter gewesen“, bekommt sie zur Antwort. „Und wie kommen Sie dann auf die Wahnsinnsidee, sie zu vergraben?“ Darauf bekommt die Richterin keine Antwort.
Der Sohn der Toten will symbolische 5.000 Euro Trauerschmerzengeld vom Beschuldigten. Der schüttelt nur den Kopf. „Es war sicher schwer für ihn, das verstehe ich schon. Aber mit was soll ich das zahlen? Ich habe ja kein Einkommen.“
Nach dem Prozess verlässt der Mann eilig das Gerichtsgebäude. „Der kann jetzt einfach so gehen! Und die Christa ist tot! Das ist keine Gerechtigkeit“, ist sich die Familie einig.
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