Der „Frauenversteher“ in der Flasche

Der „Frauenversteher“ in der Flasche
Marketing oder Provokation? Winzer bietet eine Weißweincuvée unter ungewöhnlichem Namen an

„Viele Weine sind ja heute irgendwie photogeshoppt“, behauptet Michi Lorenz energisch und zieht, ganz selbst komponierender Hobby-Musiker, einen gewagten Vergleich: „Mir scheint, viel Wein ist heute schon so wie die Musik von Dieter Bohlen.“

Das sitzt. Selbstbewusstsein hat der Steirer, das ist offensichtlich. 2016 hat er den Weinbaubetrieb seiner Eltern in Kitzeck im Sausal übernommen. Alter Familienbesitz übrigens, der sich 500 Jahre zurück verfolgen lässt. Aber im 21. Jahrhundert heißt es anders denken. „Wir haben so viele gute Weinbauern hier“, überlegt der 36-Jährige. „Aber der Kunde muss einen Anreiz kriegen, einen bestimmten Wein zu kaufen. Er kann ja nicht jeden Wein im Geschäft kosten.“

Wenn nicht über den Geschmacks-, dann über den Sehsinn. Neue Flaschen, direkt bedruckt, und neue Namen hat das Weingut Lorenz seit heuer, vorerst für vier Sorten, die der Winzer „Persönlichkeitsweine“ nennt: Querdenker, Seelenverwandter, Revoluzza und Frauenversteher. „Ich bin halt eine multiple Persönlichkeit“, grinst Michi und erzählt, dass eine Freundin der Familie auf ihn passende Attribute aufgeschrieben habe: 35 seien das gewesen. „Mindestens. Aber die kriegen wir nicht alle auf ein Etikett.“

Er fällt auf

Der „Frauenversteher“ in der Flasche

Aber ausgerechnet Frauenversteher für eine Cuvée aus Riesling, Muskateller und Müller-Thurgau? Diese Bezeichnung sei länger heiß diskutiert worden „auch intern“, gesteht der Winzer. Seine eigene Frau, Michaela, findet das schon in Ordnung. „Der Frauenversteher geht gut“, versichert sie. Auf jeden Fall fällt eine solche Flasche aber auf. „Natürlich ist das immer mit ein bisschen Augenzwinkern zu sehen“, versichert Lorenz. „Aber man muss ja auch neue Leute erreichen. Es gibt einen Generationswechsel in der Gastronomie, im Weinhandel.“

Die schrägen Namen als bloßen Marketinggag abzutun, wäre zuwenig, auch, wenn er das immer wieder gefragt werde. „Die Leute wollen Besonderheit haben“, begründet Lorenz schlicht und meint die Kunden. Die würden immer kritischer, zu Recht, wie der Weinhauer betont: Mit ein Grund, nicht nur am Image zu arbeiten, sondern auch am Produkt selbst. Heuer ist das dritte Jahr in der Umstellung auf rein biologischen Betrieb.

Das bedeutet: Kein Dünger, Spontanvergärung im Tank und weniger Ertrag. 17 Hektar groß sind seine Weingärten in der Südsteiermark, vier Fünftel weiße Sorten wie Sauvignon Blanc, Welschriesling, Riesling oder Muskateller. Durch die hügeligen Weingärten fährt der Steirer mit dem Fahrrad einem E-Bike. „Ich komm’ langsam in ein Alter, wo’s nimmer ohne E-Bike geht“, behauptet der Feuerwehrmann und Tourismusobmann und bemüht sich, dabei ernst auszusehen.

Lausbub war übrigens auch eine der 35 Persönlichkeitsbeschreibungen. Vielleicht für eine der nächsten Flaschen.

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