Das Imperium des Dietrich Mateschitz abseits der Dose

Das Imperium des Dietrich Mateschitz abseits der Dose
Der Milliardär bewies auch beim Erwerb von Immobilien eine geschickte Hand. Eine Spurensuche in Salzburg und der Steiermark.

„Alles, was mir wirklich wichtig ist, kann man nicht kaufen. Natürlich ist es lustig, mit meinem Cabrio in die Berge zu fahren oder fliegen zu gehen. Aber diese Spielzeuge können Sie mir sofort wegnehmen. lch merk’ es nicht einmal.“ – Dietrich Mateschitz

Selten gab der gebürtige Steirer Interviews, und wenn, dann nur über das offizielle Red-Bull-Imperium, kaum über seinen Einsatz in Sachen Gesundheit („Wings for Life“) und noch weniger über sein privates Engagement, Stichwort Immobilien. Doch genau da schlug Mateschitz geschickt zu und erwarb Objekte in bester Lage, die er (wieder) zu schmucken Kleinoden machen ließ, vielfach aus Liebhaberei.

Der KURIER begab sich auf Spurensuche zwischen Salzburg und der Steiermark, zwischen dem eher offiziellen Geschäftsmann (Salzburg) und dem eher privaten Milliardär (Steiermark): ein Weg zwischen Zur-Schau-Stellung des Red-Bull-Imperiums und Zurückhaltung.

Der Bullen-Boss wollte keine großen Trauerbekundungen

Der imposante Palast aus Glas und Stahl, Hangar-7 genannt, fällt unter Ersteres. Mateschitz ließ ihn Anfang der 2000er-Jahre beim Salzburger Flughafen errichten. Zeichen der Trauer nach Mateschitz’ Tod am Wochenende findet man hier nicht. Der Oberbulle wollte das so, heißt es. Auffallend mächtig stehen auch die bronzenen, energiegeladenen Stiere von Künstler Jos Pirkner, einem Freund Mateschitz’, bei der Red-Bull-Zentrale in Fuschl in der Sonne. Dort kaufte er in den 1990er-Jahren ein altes Kulturhaus und legte den Grundstein für sein Dosen-Geschäft.

Natürlich profitiere Fuschl enorm von Red Bull, meint Bürgermeister Franz Vogl: Die rund 600 Mitarbeiter der Zentrale können im Ort bei verschiedenen Wirten essen – Mateschitz habe auf eine Kantine verzichtet, weil ihm auch die Entwicklung von Fuschl wichtig sei. Es blieb nicht nur beim Kerngeschäft: Mateschitz habe in der Gegend um Filbling und Ellmaustein viel Grünland und Wald aufgekauft. Die Natur sei ihm wichtig gewesen.

Auch in die Salzburger Altstadt breitete der Geschäftsmann seine Flügel aus, doch es wurde zuletzt still um die Gastro-Ambitionen in der Getreidegasse. Das 2005 gegründete Lokal „Carpe diem Finest Fingerfood“ schloss im Herbst 2019. Dabei legte die Mateschitz-Adresse mit den „Cones“, jene Stanitzel des zu früh verstorbenen Spitzenkochs Jörg Wörther, zu Beginn einen Höhenflug hin.

Das Imperium des Dietrich Mateschitz abseits der Dose

Ein Palast aus Glas und Stahl: Hangar-7 in Salzburg

Erinnerungen an seinen Gastro-Start in der Salzburger Altstadt

Was bleibt, ist ein „edles Entree in die Getreidegasse“, wie auch Andreas Gfrerer, scheidender Obmann des Altstadtverbandes und Hotelier der „Blauen Gans“, meint. Er erinnert sich noch gut daran, als Red Bull umbaute: Plötzlich standen dessen Mitarbeiter bei ihm im Hotel und fragten, ob sie sich 60 Stühle und zehn Tische ausborgen können – Herr Mateschitz traue Plänen nicht ganz und wolle die Raumverhältnisse „in echt“ auf sich wirken lassen. „Es zeigt, wie sehr er sich im Detail mit Projekten auseinandergesetzt hat“, sagt Gfrerer.

Nach wie vor florieren der Red-Bull-Fanshop mitten in der Getreidegasse und auch das „Afro Coffee“ mit wildem Stilmix am Bürgerspitalplatz. Mateschitz holte 2007 mit Partnern eine Idee aus Kapstadt nach Salzburg und wollte die Marke in ganz Europa zum Kult machen. Daraus wurde zwar nichts, aber die Salzburger mögen es. „Wir sind mehr der Underdog, weil viele nicht wissen, dass wir zum Mateschitz-Imperium gehören“, meint ein Mitarbeiter. Trauer will man auch hier nicht tragen. „Der Chef hätte es so gewollt.“

Viel Geld floss auch in die medizinische Forschung

Dietrich Mateschitz pendelte viel, private Rückzugsorte waren seine Villa im Nonntal, das Gestüt hoch über Maria Alm im Pinzgau oder das Winterstellgut in Annaberg, wo Mateschitz eine Hütte zu einem Spitzenrestaurant umbauen ließ. „Er war ein stiller Unterstützer. Hat nie ein großes Aufsehen gemacht, wenn er jemandem geholfen hat“, erinnert sich Hermann Rohrmoser, Ortschef in Maria Alm.

Ein Beispiel dafür ist wohl auch die „Wings for Life“-Stiftung für Rückenmarksforschung, die Anita Gerhardter, Mutter seines Sohnes Mark, führt. Der tragische Unfall des Sohnes von Heinz Kinigadner war Anstoß dafür. Er unterstützte zudem von der Gründung an die Paracelsus Medizinische Privatuniversität mit Campus an der Salzburger Strubergasse. „Er hat unserer Uni Flügel verliehen“, ist der emeritierte Rektor Herbert Resch dankbar. Bis 2028 gibt es noch einen Vertrag. Und darüber hinaus habe Mateschitz seine Treue signalisiert. Resch: „Er meinte, wenn Red Bull etwas beginnt, hört es nicht mittendrin auf.“

Presseofoto Neumayr

Einer der letzten Käufe: Das Maria-Theresien-Schlössl in Salzburg-Morzg

Ein herausgeputzter Ort in der Steiermark

2004 begann Mateschitz’ Interesse an der Steiermark, oder vielmehr: an Spielberg. Anfangs gab es auch Brösel. Die Übernahme des brachliegenden A1-Rings klappte nicht so einfach wie es der Bullenboss gewohnt war. Doch dann wurde daraus dennoch eine Erfolgsgeschichte: 2011 wurde der Red-Bull-Ring eröffnet, 2014 kehrte die Formel 1 wieder. Da wurden Hausfassaden restauriert und Gartenzäune frisch gestrichen – und all das zahlte das „Projekt Werkberg“, eine eigens gegründete Gesellschaft zur Verschönerung privater Anwesen.

Der Grundstein seines stilleren, privaten Engagements in der Steiermark, in Salzburg und in Oberösterreich, wurde in jener Zeit gelegt. Hotels, Restaurants, Bauernhöfe und eine Therme, ja auch eine Pferdezucht sowie eine Fischereipacht legte sich Mateschitz zu. Abseits des Red-Bull-Imperiums; sie wurden in eigene Gesellschaften ausgegliedert und stehen somit nicht zur Debatte, wenn es um die Nachfolge im Bullenreich selbst geht.

Knapp vor dem Tod des 78-Jährigen wechselte der „Hubertushof“ in Zeltweg den Eigentümer: „An sich wollten wir kommendes Jahr selbst investieren“, erläutert Michael Ranzmaier-Hausleitner. „Aber dann ist auf einmal der Anruf von Red Bull gekommen.“ Über Kaufpreis des Restaurant- und Hotelbetriebs wurde Schweigen vereinbart, wie meistens, wenn Mateschitz im Spiel war. Thomas Muster, Ex-Tennis-Nummer 1, verkaufte ihm etwa Weingut und Villa in der Südsteiermark. „Wir sind freundschaftlich verkehrt und sehr privat. Deshalb möchte ich in seinem Sinne nichts sagen“, erklärt Muster. Nachsatz: „Aber jedes Gespräch mit ihm war eine Horizonterweiterung.“

"Einkaufstour mit viel Herzblut"

Seinen Besitz erweiterte Mateschitz auch um Betriebe, die vielleicht nicht gar so rentabel waren, einen Schotterteich in St. Margarethen bei Knittelfeld, eine Trakehnerzucht oder ein altes Bürgerhaus in der Altstadt von Murau etwa. „Da war viel Herzblut dabei“, beschreibt Michael Ranzmaier-Hausleitner. Er ist auch Tourismusobmann im Murtal, also in jener Region, in der Spielberg liegt. „Er hat viele Dinge über das notwendige Maß hinaus renovieren lassen, richtig detailverliebt. Das war natürlich eine Chance für die Region, ein Impulsgeber.“

Doch ist das auch messbar? Ja, versichert Wirtschaftsexperte Michael Steiner, emeritierter Uni-Professor am Institut für VWL in Graz. „Die Tourimusdaten haben sich in den vergangenen zehn Jahren signifikant verbessert.“ Das liege zum einen am ganzjährig bespielten Red-Bull-Ring, sei aber auch Folge des privaten Engagements. „Es wurde ja auch touristische, kulinarische und zum Teil auch kulturelle Infrastruktur geschaffen“, beschreibt Steiner. „Die Region hat so etwas wie neues Selbstbewusstsein gewonnen.“

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