Corona mindert Lust aufs Hüttenwirt-Sein
Das Bier nach der anstrengenden Bergtour, die gesellige Stammtisch-Runde, das Lager zur Übernachtung: all das bieten Berghütten Wanderern und Alpinisten. Doch Corona stellt den Österreichischen Alpenverein (ÖAV), der 231 Hütten betreibt, vor dem kommenden Sommer zusehends vor ein Problem.
War die Suche nach Pächtern für Hütten schon in normalen Zeiten schwierig, wird sie durch die Pandemie zur Mammutaufgabe.
„Der unternehmerische Ehrgeiz von vielen ist gebremst, das macht es schwer. In unsicheren Zeiten wollen wenige eine Hütte pachten“, erklärt Peter Kapelari, Referent für Hütten und Wege beim ÖAV.
Drei Hütten sind im Moment auf der Vereins-Homepage zur Pacht ausgeschrieben: Die Lamsenjochütte in Tirol, die Sonnschienhütte in der Steiermark und die Theodor-Körner-Hütte in Salzburg (www.alpenverein.at).
Warum Hütten im alpinen Wegenetz so wichtig sind? „Sie sind Lenkungspunkte für die Besucherströme, Schlafmöglichkeiten auf Weitwanderwegen und es gibt Toiletten. Wenn jeder sein Geschäft irgendwo verrichtet, hat das massive Auswirkungen auf den Naturraum“, so Kapelari.
"Ein knallharter Job"
Die langwierige Suche nach guten Pächtern hängt auch mit der romantischen Vorstellung von einigen Bewerbern über das Leben als Hüttenwirt zusammen. Wer von einsamen, ruhigen Stunden am Berg träumt, irrt. „Hüttenwirt zu sein, ist ein knallharter Job. Aber viele gehen naiv und blauäugig hinein“, sagt der Hüttenprofi.
Zum Hüttenwirt-Sein braucht es eine Kleinkläranlagenbetreiber-Prüfung, den Trinkwasserwart, die Ausbildung zum Brandschutzbeauftragten bzw. -wart (je nach Hüttengröße) und zusätzliche Unterweisungen für die Technik, falls es etwa eine Materialseilbahn gibt. „Eine Hütte stellt eine Inselsituation dar. Es geht um die Ver- und Entsorgung, um Strom, um Abwasser, um Kläranlagen“, sagt Kapelari.
Falls sich dann trotz Pandemie Bewerber finden, müssen diese erst zum Vorstellungsgespräch anreisen dürfen. Denn immer öfter stammen die Wirte in spe für rot-weiß-rote Hütten aus dem Ausland. „Wir hatten letztes Jahr einen Hüttenwirt aus Ungarn, den die Ungarn partout nicht nach Österreich lassen wollten“, erinnert sich Kapelari. Zur Erklärung: Jede Sektion ist für den Vertrag mit den Hüttenwirten selbst verantwortlich, sucht die Bewerber aus, lädt zum Gespräch und trifft die Endentscheidung.
Zwei, die sich bereits jetzt auf ihre Hüttensaison 2021 freuen, sind Pia und Bernd Fuchsloch, die aus Deutschland stammenden Pächter des Arthur-von-Schmid-Hauses in der Ankogelgruppe in Kärnten. Das Paar, das noch auf 800 Höhenmetern in der Nähe von Frankfurt lebt, zieht ab Anfang Juni für ihre bereits dritte Sommersaison auf die 2.281 Höhenmeter gelegene Hütte in Mallnitz. „Wir werden Anfang Juni anreisen. Die ganzen Lebensmitteleinkäufe für die Hütte müssen ja noch erledigt werden“, erzählt Wirtin Pia. Entscheidend sei aber auch, wie viel Schnee noch liege und ob der an die Hütte grenzende Dösener-See zugefroren ist. „Nur wenn der See eisfrei ist, können wir das Kraftwerk anwerfen und nur dann haben wir Strom.“ So viel zum romantischen Hüttenleben.
Der Winter ist ein Totalausfall
Zurück zur aktuellen Situation: Die laufende Wintersaison fasst Kapelari als „Totalausfall“ zusammen. Auch wenn mit den Osterferien die Schanigärten wieder öffnen dürfen. „Auf 2.500 Metern hockt niemand im Freien im Gastgarten, wenn die Sonne hinter einem Grat verschwindet und es plötzlich minus zehn Grad kriegt. Das mag im Wurstelprater in Wien funktionieren, aber nicht auf einer Schutzhütte im Gebirge.“
Dass die Fuchslochs wegen der Corona-Entwicklungen nicht auf ihre Hütte zurückkehren, stand übrigens nie zur Debatte. „Und wenn im Sommer nur der Außenbetrieb für die Gastro erlaubt ist, dann machen wir nur den“, sagt Pia Fuchsloch, die bereits jetzt jeden Tag ein Stück Österreich bei sich hat. Die Hüttenwirte verfolgen jeden Morgen die ZiB. „Wir müssen ja wissen, wie es um die Inzidenzwerte in Österreich steht.“
Kommentare