Commerzialbank-Opfer: "Er hatte mich aus dem Telefonbuch"
Die Juristin M. kam vor wenigen Tagen in Kontakt mit der Polizei. Ihr wurde mitgeteilt, dass ihr Name auf einem Kredit (in der Höhe von 100.000 Euro) und einem Blanko-Wechsel zu finden ist. Möglicherweise wurde ihre Unterschrift von Commerzialbank-Chef Martin Pucher gefälscht. Dennoch sagt sie im Gespräch mit dem KURIER: „Pucher stört mich weniger als diese Polizeigeschichte.“
Denn Mitte September läuteten zwei Beamte bei ihr an der Tür und stellten sich als Ermittler einer SOKO Mattersburg vor. Der KURIER-Leserin kam das aber suspekt vor, schließlich sind derzeit auch falsche Polizisten unterwegs. Sie schickte die Beamten deshalb weg und meinte, sie sollen in einer halben Stunde wiederkommen. Bei einer Google-Recherche stellte sich heraus, dass es nur eine SOKO Commerz gibt.
M. erklärte den Polizisten deshalb bei einem weiteren Besuch, dass sie auf einer Vorladung bestehe. „Die habe ich dann bekommen auf einem einseitigen Wisch, eine Rechtsmittelbelehrung gab es allerdings nicht dazu“, wundert sich die Juristin.
Der Vorladung kam sie natürlich nach und dort zeigte man ihr einen Rahmenvertrag über einen Kredit in der Höhe von 100.000 Euro. Dieser werde aber erst fällig, wenn sie angebliche Abbrucharbeiten in ihrem Apartment in Purbach abgeschlossen hätte.
Doch weder hat sie Bauarbeiten beauftragt, noch einen Kredit beantragt. „Ich kenne weder Herrn Pucher, noch war ich jemals bei der Commerzialbank oder davor bei der Raiffeisen.“ Sie ist sich sicher, dass sie zum Opfer wurde, weil ihr Name im Telefonbuch stand. Offenbar wurde über den Kreditschutzverband im März 2015 recherchiert, wie ihre Bonität sei. Kurz darauf wurde der Kredit genehmigt, darauf befindet sich Puchers Unterschrift – und ihre.
„Sehr gut gefälscht“
„Der Nachname war sehr gut gefälscht“, berichtet sie. Diesen haben sie offenbar aus dem Grundbuch und der dortigen Verkaufsurkunde aus dem Jahre 1972. Das Problem war allerdings, dass die Frau zwischendurch studiert hat und einen Magister- und einen Doktortitel trägt. Diese wurden der Unterschrift hinzugefügt und sind so gar nicht ihre Schreibweise. Als Absicherung für den Kredit soll die Juristin einen Blanko-Wechsel ausgestellt haben, auch auf diesem war die gefälschte Unterschrift zu finden. „Deshalb habe ich gleich eine Anzeige wegen Dokumentenfälschung erstattet.“
Indes hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa am vergangenen Donnerstag Hausdurchsuchungen an zwölf Standorten in drei Bundesländern durchgeführt. Darunter war eine Steuerberatungskanzlei mit zwei Standorten. Der Steuerberater ist aber kein Beschuldigter.
Und auch beim Dachdeckerei-Betreiber und Commerzialbank-Aufsichtsrat Ernst Zimmermann, gegen den ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, wurde an verschiedenen Standorten Razzien durchgeführt.
„Ja, das ist richtig, sie waren bei meinem Mandanten“, sagt Walter Gröblinger, der PR-Berater von Ernst Zimmermann. „Mein Mandant hat die Behörden bei ihrer Arbeit unterstützt, sie haben Ordner, eMails und andere Daten mitgenommen. Es ist aber zu keiner Einvernahme gekommen, obwohl ein Staatsanwalt anwesend war.“
Wie berichtet, steht Ernst Zimmermann seit 2018 im Verdacht der groß angelegten Abgabenhinterziehung. Laut Aktenlage soll Zimmermann von 2013 bis 2018 insgesamt 424 fingierte Rechnungen mit einer Gesamtsumme in Höhe von 10,52 Millionen Euro ausgestellt haben. Die Namen der Kunden stammten aus dem Telefonbuch. Tatsächlich soll es sich bei den Kunden um Personen mit gesellschaftspolitischem, aber auch parteipolitischem Hintergrund gehandelt haben, die nicht aufscheinen wollten, so die Erklärung Zimmermanns.
Die Steuerfahndung wirft ihm hingegen vor, dass diese Bar-Rechnungen zur Verschleierung von Umsätzen und zum Betrieb von Schwarzbaustellen gedient hätten. Zimmermann weist das zurück. Er will alle Einnahmen versteuert haben.
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