Causa BVT: Brisantes Schreiben beschäftigt die Ermittler

Causa BVT: Brisantes Schreiben beschäftigt die Ermittler
Ein Papier aus dem früheren VP-Innenministerium erweckt bei der Staatsanwaltschaft den Eindruck, dass ein fragwürdiger Privatagent für Österreich gearbeitet haben könnte.

In der Affäre rund um den Verfassungsschutz ( BVT) und das Innenministerium liegt dem KURIER nun ein besonders brisantes Einvernahmeprotokoll vor. Im Mittelpunkt steht Michael , Kabinettschef früherer VP-Innenminister. Gegen ihn ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit (Kloibmüller bestreitet alle strafrechtlichen Vorwürfe, Anm.).

Der einst mächtige Strippenzieher wurde in dem ominösen Konvolut anonymer Anzeigen, das die BVT-Razzia ausgelöst hatte, massiv angeschwärzt. Darin wird behauptet, dass der deutsche Privatagent Werner (alias Claus Möllner) Kloibmüller vor zwei Jahren „um Hilfe bei der Reinwaschung von Geldern“, die auf ausländischen Konten gebunkert wurden, gebeten haben soll. So soll Kloibmüller dem deutschen Schmalspur-James-Bond ein „Gefälligkeitsschreiben“ der besonderen Art ausgestellt haben.

Der 78-jährige Mauss war früher ein Agent für schwierige Fälle – jedenfalls für deutsche Behörden (siehe Zusatzbericht). Auch dem BVT und dem Wiener Innenministerium soll Mauss seine Dienste immer wieder angeboten haben.

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Werner Mauss alias Claus Möllner, einst ein Super-Agent in Deutschland für verzwickte Fälle

Ende 2008 etwa wurde der Sarg des Industriellen Friedrich Karl Flick aus einer Gruft in Kärnten, entführt. Mauss war offenbar hinter den Tätern her.

Mauss hat 2009 in der Causa Flick vorgesprochen. Ich habe ihn an den damaligen Generaldirektor verwiesen“, gab Kloibmüller zu Protokoll. „Mauss informierte immer wieder über Fälle, zum Beispiel über eine angebliche Falschgeldübergabe in Salzburg.“ Er will den fragwürdigen Detektiv aber nur sporadisch getroffen haben.

Auftrag vom Vatikan

Im Frühjahr 2016 soll der Agent Kloibmüller erzählt haben, dass er „für den Vatikan arbeite. Für Pfarrer, die in China im Gefängnis sitzen“.

Mauss fragte mich, ob ich den Vatikan unterstützen könne, indem ich ihm bestätige, dass er mit den österreichischen Sicherheitsbehörden Kontakt habe“, sagte Kloibmüller aus. Mauss benötigte diese Bescheinigung für seine Luxemburger Bank, um angeblich größere Bargeldbeträge „für operationelle Zwecke“ vom Konto abheben zu können. Angeblich bis zu 250.000 Euro im Monat. Das kam der Bank offenbar verdächtig vor.

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Michael Kloibmüller, früher langjähriger Kabinettschef im VP-Innenministerium

„Bei der Bank habe er nicht angeben können, dass er das Geld für die Arbeit für den Vatikan in China brauche“, sagte der Ex-Kabinettschef den Ermittlern. „Ich sagte ihm, dass ich eine solche Bestätigung ausstellen könne.“ Als Vorlage diente ihm ein Empfehlungsschreiben des Kurienkardinals Darios Castrillon Hoyos aus dem Vatikan. Das musste nur auf „österreichische Kontakte“ umgeschrieben werden.

Kloibmüller hat das mit 4. Mai 2016 datierte Schreiben ausgestellt auf den Decknamen Claus Möllner (siehe Faksimile) persönlich „im Kabinett“ des Innenministeriums an Mauss übergeben.

Causa BVT: Brisantes Schreiben beschäftigt die Ermittler

Auszug aus dem Empfehlungsschreiben Kloibmüllers für den Agenten Mauss alias Möllner

Im Juli 2016 ist Kloibmüllers „Empfehlungsschreiben“ bei der Luxemburger Geldwäsche-Meldestelle aufgeschlagen. In der Folge wollte die Luxemburger Behörde vom Wiener Bundeskriminalamt wissen, ob das Schreiben echt sei. Auch dem BVT hatte „ein Partnerdienst“ eine Kopie davon übermittelt. Das BVT informierte Kloibmüller darüber.

Echtheit bestätigt

Nach einem anfänglichen Missverständnis bestätigte Kloibmüller die Echtheit des Schreibens. Mitte Juli 2018 legte er den Ermittlern eine Kopie vor. Er hat sich diese aus dem „Kabinettsakt besorgt“, der im Staatsarchiv aufbewahrt wird. Im BMI gibt es keine Kabinettsunterlagen aus der Zeit Kloibmüllers mehr. Dieses Schreiben erweckt bei der Staatsanwaltschaft „den Eindruck, dass Barmittel für operationelle Zwecke für Organe der Republik Österreich zur Verfügung gestellt wurden“. „Das ist nicht der Fall. Es hat keine operativen Geldmittel für Mauss gegeben“, sagte Kloibmüller in der Einvernahme. „Hätte ich von dem Steuerverfahren (gegen Mauss, Anm.) gewusst, hätte ich das Schreiben nicht ausgestellt.“ Nachsatz: „Ich habe Mauss für einen Guten gehalten. Das wesentlichere Element für mich war, dem Vatikan zu helfen als Mauss.“

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht derzeit auch dem Verdacht nach, dass ein „Akt Mauss“ aus dem BVT verschwunden ist. Kloibmüller sagte dazu aus, dass er davon nichts wisse.

Der umtriebige Privatagent Werner Mauss

Werner Mauss, alias Claus Möllner, alias Dieter Koch, alias Richard Nelson (78) ist  ein Privatdetektiv, der tief in Geheimdienstaktivitäten involviert ist. Seit 1965 arbeitet der Deutsche für Polizei und Dienste. Obwohl er seit  2000 nicht mehr offiziell tätig ist, hat er eine Tarnidentität und tauchte 2016 in den Panama Papers auf. Mauss soll bei der Verhaftung von RAF-Terroristen, bei Funden von Giftfässern und bei der Freilassung von deutschen Geiseln im Libanon mitgewirkt haben. Die „Institution M.“, wie Mauss intern genannt wurde, kam ins Spiel, wenn deutsche Behörden nicht mehr weiterkamen.

2017 wurde Mauss (nicht rechtskräftig) wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Eine Revision läuft noch. In einer früheren Stellungnahme hat sein Anwalt bestritten, dass Mauss jemals finanzielle Zuwendungen von österreichischen Behörden erhalten hat.

Der mächtige Kabinettschef dreier VP-Innenminister

Michael Kloibmüller (48) galt bis 2017 als der mächtige Mann im Innenministerium. Sein Aufstieg begann in der Ära Ernst Strasser, wo er Personalchef wurde. Neun Jahre lang war „Kloibi“, wie er intern genannt wird, BMI-Kabinettschef – von Maria Fekter, Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka (alle ÖVP). Vorwürfe gegen ihn gab es viele, doch alle Ermittlungen wurden eingestellt.

Ein Kabinettschef ist nicht weisungsbefugt, die Beamten müssen de iure seinen Anordnungen nicht folgen. De facto stellt sich aber kaum ein Polizist gegen die Wünsche eines mächtigen Kabinettschefs. „Man ist nicht allmächtig“, betonte Kloibmüller in der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft. Gegen Ende der Ära Sobotka wurde der Oberösterreicher Präsidialchef (Sektionschef). Wenige Tage nach der BVT-Razzia verließ Kloibmüller das BMI. Er ist laut Aktenlage mittlerweile karenzierter Beamter.

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