Böller-Kontrolle mit der Polizei: Deutlicher Anstieg bei illegalem Feuerwerk
Zwei Tote und 50 teils schwer Verletzte. Das ist die traurige Silvesterbilanz des Vorjahres, als sich erneut zahlreiche, speziell junge Männer mit illegalen Böllern und Feuerwerkskörpern eindeckten, um damit den Start ins neue Jahr zu feiern.
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Vor einem ähnlichen Schicksal könnten am Freitag Dutzende Feierwütige bewahrt worden sein. Darunter auch Roman (Name geändert) und seine drei Freunde, die am Freitagnachmittag im Rahmen einer Schwerpunktkontrolle am tschechisch-österreichischen Grenzübergang Kleinhaugsdorf von der Polizei gestoppt wurden.
"Reisepass bitte und haben Sie Pyrotechnik im Auto?", fackelte der Beamte nicht lange? Die Insassen, alle Anfang 20, rutschten nervös in ihren Sitzen herum. Zögerlich antwortete der Fahrer schließlich: "Ein paar Silvesterraketen."
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Weniger zögerlich forderte der Polizist die Männer auf, den Kofferraum zu öffnen: Unter Jacken fanden sich die Raketen, aber auch Böller - mehrere davon in der Kategorie F3 oder F4 und somit nur für Pyrotechnik-Profis erlaubt.
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Die vier "Hobby-Pyrotechniker" verfügten über keine entsprechende Ausbildung. Sie mussten anhalten, das Feuerwerk sind sie los. Ein Strafbescheid erwartet sie.
"Die wissen, dass das verboten ist"
Die vier jungen Männer waren bei weitem nicht die einzigen, die am Freitag nervös wurden, als die Polizei sie an der Grenze zur Kontrolle bat. "Die wissen, dass das meiste, das sie dort kaufen, verboten ist. Wer fährt 90 Kilometer, um Knaller zu kaufen und informiert sich vorher nicht?", hielt Martin Koran, Dienstführer bei der Grenz- und Fremdenpolizei, fest, während seine Kollegen in drei Spuren jedes Auto auf der Einreise nach Österreich überprüften.
Um die Katastrophen der Vorjahre zu verhindern, wurde heuer seitens Polizei noch strenger kontrolliert. Insgesamt zehn Schwerpunktkontrollen gab es in Richtung Jahresende, auch in Zügen, da jugendliche Böller-Käufer häufig öffentlich anreisen.
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"Wir haben insgesamt 26.000 pyrotechnische Gegenstände sichergestellt. 500 Personen wurden angezeigt. Beides eine deutliche Erhöhung zu 2022", bilanzierte Raimund Schwaigerlehner von der Landespolizeidirektion Niederösterreich.
Name ist Programm
Unter den sichergestellten Sprengkörpern befinden sich solche mit klingenden Namen wie "Killer 200", "Monstrum" oder "Big Demon", die tatsächlich erheblichen Schaden anrichten können. "Ein Problem ist, dass ein großer Teil der Ware gar nicht oder falsch gekennzeichnet ist. Die Käufer wissen also gar nicht, was da drin ist", erklärte Koran.
Kugelbomben
sorgen beim Feuerwerk für den runden Farbeffekt am Himmel.
Mit Schwarzpulver werden sie Hunderte Meter in die Luft geschossen. Am Boden können sie ganze Bäume entwurzeln
Böller
je nach Ausführung extrem gefährlich. Sogar Zigarettenautomaten werden damit gesprengt
26.000 Aufgriffe
illegaler Pyro-Artikel durch die Polizei gab es heuer allein in Niederösterreich
Dabei ist die Kraft der Böller und Raketen teils enorm. Der Ermittler deutete auf einen konfiszierten Böller, der mehr als die 200-fache Kraft eines Schweizer Krachers besitzt. "Damit können Sie eine Telefonzelle sprengen." Nicht auszudenken, was das Geschoss bei einer Explosion in Körpernähe anrichten könnte.
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Dass die tragischen Vorfälle der vergangenen Jahre Menschen abschrecken, glauben die Beamten nicht. Das würde schon der erneute Anstieg an Aufgriffen in diesem Jahr zeigen, wenngleich dieser zumindest etwas zu relativieren ist. Seit im Oktober die Grenzkontrollen zu Tschechien wieder eingeführt wurden, konnte dementsprechend engmaschiger kontrolliert werden.
Innenminister will Tschechen in die Pflicht nehmen
"Ein Pyrotechniker zündet derartige Feuerwerkskörper mit einem Fernzünder und die Raketen stecken in einem Karbonrohr für den Fall einer Fehlzündung. Die Jugendlichen stehen aber direkt daneben, die Raketen oft in einem Kunststoffrohr", so Koran.
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Besonders gefährlich: Wenn es nicht zur Zündung kommt, würden viele nachschauen gehen. Wenn die beliebten Kugelbomben oder Raketen in vergleichbarer Größe genau dann hochgehen, kann das fatal enden.
KURIER Talk Christoph Mayrhuber, Pyro-Expterte der Wiener Polizei
Ein Bild von den Kontrollen machte sich am Freitag knapp vor Silvester auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). "Illegale Pyrotechnik ist kein Lausbubenstreich, das zeigen die Toten und schwer Verletzten aus dem Vorjahr", warnte Karner, der sich bei der Polizei für die "beschlagnahmen Tonnen" bedankte.
Der Innenminister lobte auch die Zusammenarbeit mit der tschechischen Polizei, betonte aber, dass Feuerwerkskörper dort - anders als in Österreich - nicht in den Zuständigkeitsbereich der Polizei fallen würden. "Wirtschaftsbehörden" seien dafür verantwortlich.
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Wenn er das nächste Mal mit seinem tschechischen Amtskollegen zusammentreffe, wolle er deshalb auf strengere Kontrollen auch auf tschechischer Seite pochen.
Aus Polizeikreisen heißt es, dass die Tschechen durchaus Schwerpunktaktionen durchführen, über die Intensität wolle man aber nichts sagen.
Laut Exekutive sind pyrotechnische Gegenstände jenseits der Grenze übrigens nicht einmal billiger, dafür aber - aufgrund mangelnder Kategorisierung und Prüfung - oftmals gefährlicher. Ordentlich ins Geld gehen zudem die Strafen, wenn man mit verbotenem Feuerwerk erwischt wird. Diese betragen in Österreich bis zu 3.600 Euro.
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