Beten hinter Masken in halbleeren Moscheen und Synagogen
Zum Teil geschlossen bleiben seit Freitag die Gebetsstätten der kleineren Religionsgemeinschaften. Bei den Muslimen öffnen nur knapp die Hälfte der bundesweit rund 350 Moscheen, bei der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien mit ihren 8.000 Mitgliedern zumindest zwei Drittel der Synagogen.
Dass es nicht mehr sind, hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Gebetsräume von Juden und Muslimen zum Teil einfach zu klein, um bei den vorgeschriebenen zehn Quadratmetern Platz pro betender Person ein würdevolles Gemeinschaftsgebet zu gewährleisten. Einige Moscheevereine wollen zudem nicht die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitglieder übernehmen.
Zum anderen möchten die Verantwortlichen etlicher Gemeinden (beider Konfessionen) keine Gläubigen abweisen und machen deshalb lieber gar nicht erst auf. Das betrifft auch große Einrichtungen wie die Synagoge in Graz oder das Islamische Zentrum in Wien-Floridsdorf.
"Es wäre gerade jetzt im Ramadan ein großer Ansturm zu erwarten, und da will man niemanden wegschicken, Das wäre eine sinnlose Diskussion, wer rein darf und wer nicht", erklärt Ümit Vural, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ).
Mäßiger Andrang
Zur Wiedereröffnung am Freitag hielt sich der Andrang jedenfalls in Grenzen, berichten sowohl IKG als auch IGGÖ. Die ohnedies sehr komprimierten Platzangebote wurden kaum voll ausgeschöpft. Nach Hause schicken musste man also niemanden.
Bei den Juden war dies ohnehin nicht zu befürchten. Mittels Anmeldesystems vergibt die IKG im Vorfeld Tickets für die Synagogen. Etwa für den Wiener Stadttempel, der über 540 Sitzplätze verfügt. Unter Einhaltung aller Corona-Auflagen bleiben davon nur 42 Plätze übrig – 31 für Männer, 11 für Frauen. Und für die werden Platzkarten vergeben.
Aber auch bei den Muslimen dürfte es keine enttäuschten Gesichter an den Moscheetüren gegeben haben. Zumal die Gebetsstätten nur für die Früh-, Mittags- und Nachmittags-, nicht aber für die besser frequentierten Abend- und Nachtgebete geöffnet wurden.
Kaum was los
Im Albanischen Kulturvereinszentrum IKRE in der Wiener Schönbrunner Straße etwa herrscht vor dem Freitagsgebet normalerweise emsiges Treiben; vor der Tür stehen die Gemeindemitglieder Schlange. Da das Freitagsgebet aufgrund des zu erwartenden Ansturms aber ohnehin nicht stattfindet und weil viele wegen Corona lieber zu Hause blieben, war am Tag der Wiedereröffnung jedoch kaum was los.
Nur vereinzelt kamen Gläubige mit ihrem Gebetsteppich unterm Arm zur Tür herein – wo sie sofort mit Desinfektionsmittel besprüht wurden. In der Moschee, in der mehr als 400 Menschen beten könnten, ist nun Platz für 50 Gläubige.
Bunte Klebestreifen
Um die Moscheen und Synagogen Corona-fit zu machen, griffen sowohl Muslime als auch Juden in den vergangenen Tagen zu Unmengen bunter Klebestreifen. Diese markieren in den Gebetsstätten genau jene Plätze, an denen Gebetsteppiche ausgerollt oder auf denen Platz genommen werden darf. Die vorgeschriebenen Mindestabstände werden penibel eingehalten.
Und auch sonst wird bis ins kleinste Detail auf Sicherheit geachtet. In die Moscheen sollen die Gläubigen etwa ihre eigenen Gebetsteppiche mitbringen und in den Synagogen wird vom Küssen der Mesusot (einer kleinen an Türrahmen befestigten Tora-Rolle) abgeraten. Beten ist ohnedies nur mit Mund-Nasen-Schutz gestattet. Und beim Eingang in den Stadttempel der IKG wird sogar die Körpertemperatur gemessen.
In der albanischen Moschee behält Imam Usam Alimi freiwillig seine Mund-Nasen-Maske auf, obwohl er mit dem Rücken zu den Gläubigen predigt. Im Stadttempel der IKG darf Oberkantor Shmuel Barzilai die Maske zwar abnehmen, dafür sind die ersten drei Sitzreihen vor der Kanzel (Bima) gesperrt.
"Besser als nichts"
Die wenigen Gläubigen, die am Freitag zur Wiedereröffnung der Gebetshäuser erschienen sind, halten sich durchwegs an die Regeln. "Trotz der Freude, dass die Synagogen wieder offen sind, merkt man die Zurückhaltung der Leute. Jeder ist vorsichtig", sagt IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele.
Das bestätigen auch Samy Schrott und Robin Katz (beide 23), die Freitagfrüh zum ersten Gebet in den Stadttempel gekommen sind. Sie achten auf die vorgeschriebenen Mindestabstände und nehmen nicht einmal den Mund-Nasen-Schutz ab, wenn sie für den KURIER fotografiert werden.
In die Synagoge gekommen sind sie nicht zuletzt, um endlich wieder andere Gemeindemitglieder zu treffen. "Die soziale Interaktion mit Mindestabstand ist nicht das Gelbe vom Ei. Aber sie ist besser als nichts", meint Schrott.
In dieselbe Kerbe schlagen Harbin Sadiku (21) und Armend Avdiji (30), die Freitagmittag in der albanischen Moschee beten. Natürlich könne man das auch alleine zu Hause tun - "aber in der Gemeinschaft ist es ein anderes Feeling", sagt Sadiku.
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