Nur noch mit Online-Ticket: Hallstatt wünscht sich Touristen-Reservierungspflicht

Hallstatt Tourismus
Bei den Langbathseen in Ebensee zeigt der Bezahlparkplatz positive Wirkung, Müll und Wildcamper sind weniger.

Mit einem Vorstoß zur Eindämmung von Urlauberlawinen hat Gabriele Morandell eine ohnehin schon lodernde Debatte weiter angefacht. Die oberste Arbeitnehmervertreterin der Südtiroler Volkspartei (SVP) von Landeshauptmann Arno Kompatscher fordert digitale Reservierungspflichten für überlastete Hotspots wie bekannte Aussichtspunkte, Almen oder Seen.

Die einst zu Österreich gehörende Region im Norden Italiens lebt wie Tirol auf österreichischer Seite zu einem guten Teil vom Tourismus. Aber immer öfter sorgen die negativen Auswüchse dieses Wirtschaftszweigs in Südtirol für Schlagzeilen.

Touristen-Hotspots: Nur mit Online-Ticket

Der Zugang zum romantischen Pragser Wildsee in den Dolomiten musste bereits eingeschränkt werden. Die Zufahrt mit Privat-Pkw ist nur noch mit kostenpflichtigen Online-Tickets möglich. Im Grödnertal hatte kürzlich ein Landwirt aus Protest gegen den Touristenansturm auf einem über sein Grundstück verlaufenden Wanderweg ein Drehkreuz aufgestellt.

Der Mann soll sich nicht nur an der schieren Zahl der Menschen gestoßen haben, sondern auch an den Drohnen, die die Besuchenden mit dabei haben sowie dem Müll, den sie inmitten eines Naturparks hinterlassen. Auf Geheiß der Behörden musste er das Einheben eines Wegezolls beenden und das Drehkreuz wieder entfernen.

Auch andernorts spielen sich ähnliche Szenarien ab.

Etwa im kleinen Alpendorf St. Magdalena, das mit prächtigem Blick auf die Geislerspitzen der Dolomiten lockt. Die rund 370 Einwohner fühlen sich laut einem ORF-Südtirol-Bericht mittlerweile "wie im Zoo". Täglich fallen bis zu 1.000 Fototouristen in den Ort ein, schießen ihre Bilder und sind wieder dahin.

Mass tourism in Hallstatt

Touristenansturm in Hallstatt

In Hallstatt in Oberösterreich kann man ebenfalls ein Lied von solchen Auswüchsen singen. Nach dem KURIER-Bericht über die Forderung von Zeitslots und Online-Reservierungen für stark frequentierte Touristenregionen in Südtirol sagt Vizebürgermeister Alfred Gamsjäger, SPÖ: "Wenn so etwas bei uns möglich wäre, hätten wir es schon längst."

10.000 Touristen pro Tag

10.000 Touristen sind es an Spitzentagen, die in das UNESCO-Welterbe zieht, das die Gemeinde mit ihrem Erscheinungsbild und ihrer Lage im Salzkammergut darstellt. Jene 750 Einheimischen, die in Hallstatt leben, werden von dieser Masse regelrecht überrannt.

Aber eine Reservierungspflicht vor einem Besuch des Orts ist für diesen keine Lösung, sagt der Vizebürgermeister: "Wenn wir die Straße vor Hallstatt absperren und reglementieren, betrifft das auch die Gemeinden hinter uns. Da sind uns die Hände gebunden." 

Es seien immer nur kleine Schritte in der Umsetzung möglich, "für die größeren Maßnahmen bräuchten wir das Land Oberösterreich." Von dort komme aber wenig bis keine Rückmeldung, so der Politiker. 

Slots in Hallstatt? Ja, bitte!

"Wenn es eine Patentlösung geben würde, hätten wir sie schon umgesetzt. Die Obergrenze für Hallstatt sollten 5.000, maximal 5.500 Touristen pro Tag sein. Selbst das ist schon viel." Derzeit sind es eben die eingangs erwähnten 10.000 täglich. Deswegen auch das klare "Ja" der Hallstätter Verantwortlichen zu einer Slot-Lösung wenn sie denn möglich wäre.

Wandern um den Gebirgssee, Hintersteiner See

Wandern um den Gebirgssee, Hintersteiner See

Der Tourismus bedient sich seit jeher der Macht der Bilder, um Begehrlichkeiten zu wecken. So prägte etwa Alfons Walde von Kitzbühel aus mit seinen gemalten Wintersportmotiven und Plakaten, die zum Teil auch als Postkarten in Massenauflage gingen, das Bild der Gamsstadt und der ganzen Region am Wilden Kaiser. 

Dort liegt im Gemeindegebiet von Scheffau ebenfalls ein See, der eigentlich zu malerisch ist, um wahr zu sein. Und der zeigt, dass schöne Bilder Fluch und Segen sein können. Als einer der Drehorte der TV-Serie "Bergdoktor" oder als Tiroler Kandidat bei einer Ausgabe des ORF-Formats "9 Plätze - 9 Schätze" wurde der Hintersteiner See so richtig bekannt.

"Tourismus ist das Geschäft bei uns in der Region"

Daraus hat sich ein "stetiger Zuwachs" ergeben, erinnert sich Scheffau-Bürgermeister Christian Tschugg, der nun bereits das zehnte Jahr im Amt ist und den das Thema der Besucherströme an den See oberhalb des Dorfs von Anfang an beschäftigt hat. "Die Kanalisierung der Tagesgäste ist eine Herausforderung", sagt er klar. 

Damit das Naturidyll nicht in Besuchermassen erstickt, wurden inzwischen etliche Maßnahmen gesetzt. Ist der einzige Parkplatz am See voll, wird die Straße gesperrt. Damit Besucher erst gar nicht mit dem Auto zufahren, wurde ein Gratis-Shuttle-Bus eingerichtet, der seit heuer auch einen neuen Park+Ride-Parkplatz bei der Bergbahn anfährt.

In diesem Sommer wurde zudem die Autofahrt entlang des Ufers untersagt. "Wir haben es geschafft, einer massenhaften Entwicklung entgegenzuwirken", sagt der Bürgermeister. Zu einer Reservierungspflicht für Touristen, wie sie in Südtirol diskutiert wird, kommt von dem 40-Jährigen "aktuell ein klares Nein"

Denn ihm ist das Spannungsfeld bewusst, in dem sich der Ort bewegt: "Tourismus ist das Geschäft, das bei uns in der Region gemacht wird." Es gelte also, die Balance zu wahren, um "gut besucht, aber nicht überrannt" zu werden.

Langbathsee in OÖ

Langbathsee in OÖ

In Oberösterreich hatte die Gemeinde Ebensee viele Jahre lang mit extremen Besucherströmen zu den Langbathseen und dem Offensee zu tun. Die Straßen waren kilometerweit zugeparkt, der Müll blieb liegen und Wildcamping wurde exzessiv betrieben. 

"Bezahlsystem ist sehr erfolgreich"

Seit März gibt es nun ein Bezahlsystem bei den Parkmöglichkeiten. Alles funktioniert mit Kameras. Bei der Einfahrt wird das Kennzeichen gespeichert, vor der Ausfahrt kann vor Ort bezahlt werden. "Die ersten Monate zeigen, dass unser Modell sehr erfolgreich ist. Die Besucherströme regeln sich, der Müll ist weniger und das Wildcampen konnte beinahe gänzlich eingedämmt werden", zeigt sich Peter Wallner, Geschäftsführer einer eigens für das Projekt gegründeten Tochter-GmbH der Gemeinde Ebensee, zufrieden.

"Uns war es wichtig, niemanden auszuschließen. Sprich, unser System funktioniert auch mit Bargeld, damit sich ältere Menschen leichter tun." 

Mit der Parkgebühr würden alle - übrigens auch die Einheimischen - einen Beitrag zur Erhaltung der Natur leisten, so Wallner, und schließt: "Aktuell reicht der Bezahlparkplatz als Maßnahme für uns aus. Sollte sich das ändern, könnten wir auch noch einiges über den Preis regeln."

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