Bäume in Wien: Dem Stadtklima (nicht) gewachsen

Bäume in Wien: Dem Stadtklima (nicht) gewachsen
Den Platanen am Neuen Markt fehlt mitten im Sommer das Laub. Aber nicht überall wehen die Blätter von den Bäumen.

Nichts erfrischt bei einem Sommerspaziergang in der Stadt mehr als ein Päuschen unter einem schattigen Baum. Diejenigen, die am Neuen Markt unterwegs sind, müssen sich heuer aber etwas anderes überlegen. Denn mitten im August kann man sich hier nur unter kahle Platanen stellen.

Erst vergangenes Jahr pflanzte die Stadt am Neuen Markt die sechs 25 Jahre alten XL-Bäume, wie sie von der Stadt selbst genannt werden. Dabei handelt es sich um großkronige Bäume mit bis zu 60 Zentimeter Stammumfang. Echte Schattenspender eben – wenn sie Blätter tragen würden.

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Denn bereits vergangenen August warfen die neu gepflanzten Platanen zum ersten Mal ihr Laub ab. Damals hieß es von den Wiener Stadtgärten (MA 42), dass es sich um eine natürliche Reaktion auf die Hitze handeln würde. Die Bäume hätten noch kein ausreichendes Wurzelsystem ausgebildet, um sich mit genügend Wasser zu versorgen. „Ab dem zweiten Standjahr sollte es keinen Blattabwurf mehr geben“, so eine Sprecherin damals.

 

Der Blick in die Gegenwart zeigt aber ein gänzlich anderes Bild. Schon zum zweiten Mal seit der Pflanzung fehlen den Bäumen die Blätter.

Bewässerungspanne

Zurückzuführen sei das heuer auf eine Bewässerungspanne: „Aufgrund von Wassereintritt in der Tiefgarage wurde leider die gesamte Wasserversorgung für ein paar Tage außer Betrieb genommen, wodurch auch die Bewässerungsanlage der Bäume am Neuen Markt betroffen war“, so die Stadtgärten.

Nachdem das bekannt geworden ist, habe man sofort begonnen, mit Gießfahrzeugen zu bewässern. „Trotzdem haben die Bäume aufgrund des exponierten Standortes und der Hitze sofort mit Laubfall reagiert“, so eine Sprecherin.

Dass die Bäume in der Stadt – auch abseits von Bewässerungspannen – durchaus ihre Probleme haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Vor allem die Klimaveränderung stellt eine Bedrohung dar.

„Die Kombination aus Hitze und Trockenheit, die für die Bäume teilweise stressigen Standorte und verschiedene Krankheiten führen zu einer erhöhten Sterblichkeit“, bestätigen die Österreichischen Bundesgärten.

Pilz befällt Ahornbäume

Erst Anfang Juli mussten in Hietzing 30 Ahornbäume aufgrund der – auch für den Menschen schädlichen – Rußrindenkrankheit gefällt werden. 15 im „Stadtwäldchen“ in der Gallgasse Ecke Bergheidengasse und weitere 15 in der Nähe des Hietzinger Bades. Etwas gänzlich Neues ist diese Baumkrankheit nicht. In Floridsdorf oder der Donaustadt habe man das schon öfter beobachtet. „Dass der Pilz jetzt aber in der Nähe des Wienerwaldes auftritt, ist neu“, so Alexander Mrkvicka, Experte von der MA 49 (Klima-, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb).

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Bäume in Wien: Dem Stadtklima (nicht) gewachsen

Die Rußrindenkrankheit wird durch Hitze und Trockenheit in Kombination mit feuchten Wetterperioden begünstigt. Sprich: Jahrelange Hitze und Trockenheit stressen die Ahornbäume. Kommen dann – so wie heuer – nasse Perioden dazu, können sich die Pilze entwickeln. „Das ist eine klassische Klimawandelgeschichte. Und ich fürchte, dass es weitergehen wird“, sagt Mrkvicka. Bestimmte Ahorn-Sorten werden in der Stadt deshalb kaum Zukunft haben, so die Prognose.

Hitzetolerante Bäume

Nicht umsonst haben die Wiener Stadtgärten in den vergangenen Jahren ein „Straßenbaumsortiment“ erarbeitet. Darin enthalten sind Bäume, die den Stressfaktoren Hitze, Verkehr oder Bodenversiegelung gewachsen sind. Das Sortiment besteht aus 25 Baumsorten, von denen 19 besonders hitzetolerant sind. Als Beispiele genannt sind der „Lederhülsenbaum“, der „Blasenbaum“ oder die „Orientalisch Kegelförmige Platane“.

Bäume in Wien: Dem Stadtklima (nicht) gewachsen

Im Gegensatz zu den Bäumen am Neuen Markt scheint es jenen in der Zollergasse gut zu gehen – gepflanzt wurden sie 2021

Um aber zu vermeiden, dass schon gepflanzte Bäume ihre Blätter abwerfen, ergreift die Stadt auch hier Maßnahmen. Zum einen sorgt ein weißer Stammanstrich bei Jungbäumen für Schutz vor Sonne und Frost. Zudem werden die Bäume drei Jahre lang mindestens einmal – während Hitzeperioden zweimal – wöchentlich händisch gegossen.

Und das scheint nicht ohne Wirkung zu bleiben. In der Zollergasse zum Beispiel sind die im November 2021 gepflanzten XL-Bäume gut angewachsen – und halten ihre Blätter. Ebenso im Prater. Auch wenn Kastanien – wie sie in der Hauptallee stehen – an anderen Standorten nicht mehr angepflanzt werden. Ihre Hitzeresistenz sei zu niedrig, so die Stadtgärten. Zu schnell würden sie ihre Blätter verlieren.

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Ähnlich wie die Platanen am Neuen Markt. Ganz verloren ist die Hoffnung hier aber noch nicht. Noch heuer sollen sie wieder ergrünen. Zumindest wenn es nach den Wiener Stadtgärten geht.

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