Arzt von geheilten Coronavirus-Patienten: "Manche drehen offenbar durch"

Günter Weiss konnte die ersten Corona-Patienten wieder entlassen
Infektiologe Günter Weiss ortet teils "irrationale Ängste" in der Bevölkerung und fordert: "Zurück auf den Boden der Realität"

Zehn Tage war ein italienisches Pärchen auf der Innsbrucker Klinik isoliert. Die 24-jährigen waren die ersten Corona-Fälle Österreichs. Am Donnerstag konnte Günter Weiss, Infektiologe und Direktor der Inneren Medizin, seine beiden Patienten wieder entlassen.

"Sie konnten heute gesund und geheilt nach Hause gehen", sagt Weiss. Er unterstreicht, dass die Italiener damit auch keine Gefahr mehr für andere Menschen sind: "Sie sind nicht mehr infektiös und können die Krankheit nicht mehr übertragen."

Dass es zuletzt vermehrt eine regelrechte Stigmatisierung von infizierten oder gar geheilten Corona-Patienten gegeben hat, sind für Weiss "irrationale Ängste".

"Manche drehen offenbar durch"

"Es fürchtet sich ja auch niemand vor jemand, der eine Grippe hatte. Auch die kann tödlich verlaufen. Es drehen manche offenbar durch", befindet der Arzt und fordert: "Man muss wieder auf den Boden der Realität."

Tatsache sei, dass es in Italien viele Fälle von Corona-Infizierten gibt. "Man muss die Sache wachsam und bilanziert betrachten", sagt Weiss zu der Ausbreitung der Krankheit, denen Behörden teils mit drastischen Maßnahmen begegnen.

Dass das Innenministerium am Donnerstagmorgen über die App "KATWARN" eine Katastrophenmeldung ausgab, dürfte nicht gerade für Beruhigung sorgen. "Ich kenne die Hintergründe nicht. Aber aufgrund der Fallzahlen in Österreich sehe ich das nicht", so Weiss.

Wie der Sanitätsstab inzwischen erklärte, handelt es sich bei der Meldung nicht um eine Katastrophenwarnung, sondern um eine Information an alle App-Benützer. Auch das Innenministerium entschuldigt sich für die Meldung, es sollte lediglich eine Information für die Bevölkerung sein.

Wie die Krankheit verlief

Die beiden in Innsbruck behandelten Italiener sind nunmehr die ersten genesenen Corona-Patienten in Österreich. "Sie hatten einen sehr milden Verlauf, milder als bei einer Influenza. Sie hatten Halsschmerzen, Schnupfen und einige Tage Fieber. So läuft das in den meisten Fällen ab", sagt Weiss zum Krankheitsverlauf.

Vor ihrer Entlassung waren die Italiener bereits mehrere Tage fieberfrei. "Wenn das Fieber vorbei ist, hat der Körper das Virus bekämpft. Die Zahl der Viren sinkt dann dramatisch ab", erklärt der Mediziner. Bei seinen Patienten sei das Virus am dritten fieberfreien Tag nicht mehr nachweisbar gewesen. "Wenn ich kein Virus mehr habe, kann ich es auch nicht mehr weitergeben."

Die 24-Jährigen wurden trotzdem ihre Virenlast auf null gefallen war, noch weitere Tage isoliert. "Man macht es derzeit übergenau", versichert der Direktor der Inneren Medizin.

Die Forscher lernen derweil weiter über das Coronavirus: "Es gibt ein breites Spektrum der Erkrankung", so der Infektiologe. Das reiche von milden bis schweren Verläufen. Noch zu klären ist, ob jemand nur ansteckend ist, so lange er Fieber hat.

Die Situation in Europa sei weiter zu beobachten. Es werde sich zeigen, ob sich das Virus verändert, ob es weniger oder mehr ansteckend wird. "Oder ob es wie das SARS-Virus wieder verschwindet."

Kommentare