Antisemitische Angriffe: Ein schwarzer Tag für Österreich
Erneut ereignete sich Samstagabend in Österreich ein erschütternder antisemitischer Übergriff. Der Präsident der jüdischen Gemeinde in Graz, Elie Rosen, wollte mit seinem Auto auf das Gelände der Synagoge fahren, als er einen Mann bemerkte, der Steine in den Hof warf. Als der Präsident sein Fahrzeug verlassen hatte, attackierte der Unbekannte Rosen mit einem Baseballschläger. Dieser konnte sich in seinem Auto in Sicherheit bringen, der Täter schlug noch mehrmals auf das Fahrzeug ein, ehe er flüchtete.
Reihe von Angriffen
Diese Tat ist nicht der erste Angriff auf die jüdische Community in Graz: Bereits am Mittwoch sowie in der Nacht auf Samstag wurde die Synagoge von Unbekannten mit Graffitis verunstaltet und mit Steinen beworfen. Dabei wurden zahlreiche Fenster zerstört.
Dies gipfelte nun im Angriff des Präsidenten der jüdischen Glaubensgemeinschaft – ein schwarzer Tag für Österreich. „Ich glaube, jede physische Attacke hat, auch wenn sie keine physischen Folgen hat, durchwegs einen psychischen Impact“, sagt Rosen am Tag nach der Attacke. Er sei „dabei, den Vorfall zu verarbeiten“ und sieht nicht nur einen Angriff gegen seine Person, sondern „eine Attacke gegen die jüdische Gemeinde per se“.
Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sucht nun nach dem noch unbekannten Tatverdächtigen. Es handelt sich um einen 20 bis 35 Jahre alten Mann. Er ist etwa 1,70 Meter groß, schlank und trägt schwarzen Vollbart.
Ermittlungsgruppe "Achava"
Nach den Angriffen gegen Rosen, die Synagoge und gegen das Lokal der schwul-lesbischen Interessensvertretung „Rosalila PanterInnen“ in Graz wurde zudem die Ermittlungsgruppe „Achava“ gegründet.
„Achava ist hebräisch und bedeutet Brüderlichkeit“, erklärt Rupert Meixner, Chef des LVT. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Täter in allen Fällen derselbe ist. Die Synagoge, Elie Rosen sowie das beschädigte Vereinslokal werden beschützt. Die Streifenaktivität in der Innenstadt wurde verstärkt.
Dennoch wird bereits Kritik am Vorgehen der Behörden laut. Die Konferenz der Europäischen Rabbiner bemängelt, dass die Polizei bereits nach den ersten Vandalenakten in der Nacht auf Mittwoch reagieren hätte müssen. Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt kritisierte, dass die Behörden auch mit Blick auf frühere Ereignisse nicht unverzüglich für Sicherheit gesorgt hätten.
Noch am Sonntag organisierte die Jüdische österreichische Hochschülerschaft (JöH) in Graz eine Solidaritätskundgebung. Um 17 Uhr startete der Marsch mit rund 200 Teilnehmern am Grazer Hauptbahnhof in Richtung Synagoge.
Wie der Antisemitismusbericht 2019 zeigt, stieg die Zahl der antisemitischen Vorfälle in den vergangenen zwölf Jahren massiv an. 2008 wurden 46 Fälle erfasst. 2014 waren es 255 und 2019 bereits 550 – der höchste Wert an gemeldeten Vorfällen seit Aufzeichnungsbeginn.
In Erinnerung blieb etwa ein Fall aus dem Juni 2017: Am Tag der Regenbogenparade fand in Wien zeitgleich auch das Handball-EM-Qualifikationsspiel der Männer zwischen Österreich und Bosnien statt. Nach dem Spiel wurde ein Student, der mit einer israelischen Flagge an der Regenbogenparade teilnahm, von bosnischen Hooligans verprügelt
„Ich verurteile den tätlichen Angriff auf den Präsidenten der jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, sowie die vorhergehenden Vandalenakte auf das Schärfste. Judenhass und Antisemitismus haben keinen Platz in unserer Gesellschaft.“ - Alexander Van der Bellen, Bundespräsident
„Ich bin erschüttert über den Angriff auf den Präsidenten der jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen. Für Antisemitismus darf es in Österreich keinen Platz geben!“ - Sebastian Kurz, Bundeskanzler (ÖVP)
„Der tätliche Angriff gegen Elie Rosen, den Präsidenten der jüdischen Gemeinschaft in meiner Heimatstadt Graz, erschüttert mich zutiefst. “ - Werner Kogler, Vizekanzler (Grüne)
„Die wiederholten Angriffe auf die Grazer Synagoge erschrecken mich. Mein erster Gedanke gilt Herrn Rosen. Antisemitismus darf nie mehr Platz finden in Österreich!“ - Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien und Kardinal der katholischen Kirche
„Antisemitismus und Hetze haben keinen Platz in unserer Gesellschaft! Meine volle Solidarität gilt der Jüdischen Gemeinschaft." - Ümit Vural, Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich
„Einmal mehr ist eine rote Linie überschritten worden. Im Europa des 21. Jahrhunderts ist das leider traurige Realität geworden, indem sich der Hass auf Juden und auch auf Israel verbal, physisch sowie digital seinen Weg bahnt.“ - Pinchas Goldschmidt, Oberrabbiner der Konferenz der Europäischen Rabbiner
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