Am kommenden Samstag ist es in Wien wieder so weit. Hunderttausende Menschen werden im Zuge der Vienna Pride über die Wiener Ringstraße tanzen.
Nur ein Jahr zuvor gab es eine Schocknachricht: Islamisten sollen einen Anschlag auf die Veranstaltung geplant haben. Nur Stunden davon waren sie festgenommen worden - es handelte sich um ein Brüderpaar aus St. Pölten (17 und 20 Jahre alt) und einen 14-jährigen mit tschetschenischen Wurzeln in Wien. Doch nur wenige Tage später wurden sie auch schon wieder enthaftet.
Internationales Netzwerk
Seither laufen die Ermittlungen. Unter anderem in Telegram-Gruppen sollen sie sich über den Anschlag ausgetauscht haben. Dort sollen sich auch weitere Islamisten befunden haben. Sie kamen unter anderem aus Belgien und der Ukraine.
Wichtige Aufschlüsse sollte den Ermittlern die Übersetzung der üppigen Ermittlungsergebnisse aus der Ukraine geben. Diese sind nun da.
"Ich habe den Bruder aus Österreich gestern nach den Brüdern gefragt" - "Wir werden viele aufwecken, es wird allen in Erinnerung bleiben und zwar für lange Zeit, insha'Allah" - "Er sagte, dass sie im Ramadan eine Amaliyah (gemeint wohl Bombe oder Sprengsatz, Anm.) durchführen wollen und auch ihm angeboten haben, sich ihnen anzuschließen (...)
"Ich habe auch mit einem anderen Bruder aus Österreich kommuniziert, er sagt, es gebe sehr viele Brüder, die eine Amaliyah planen. Einer sei vor einer Woche festgenommen worden, er habe es geschafft, zwei Bomben zu bauen. Sehr viele seien im Gefängnis."
"Freunde" auch in Österreich
Auch Befragungen im Umfeld des verdächtigen Ukrainers bringen nicht allzu viel Österreich-Bezug. Einzig sein Vater gab an, dass sein Sohn (damals 16) Online-Freunde habe, die in Belgien und Österreich leben. Namen seien nie genannt worden. Man bewege sich im Netz "inkognito".
Die Wörter "Wien" oder "Österreich" fallen in den Hunderten Seiten nur drei Mal.
"Da findet sich kein Hinweis auf einen Anschlag auf die Pride", stellt Rechtsanwalt Andreas Schweitzer fest, der den jüngsten Verdächtigen vertritt. "Ich weiß nicht, wie die Ermittler auf so etwas kommen."
Wohl aber waren auf den Handys der Verdächtigen unter anderem Anleitungen zum Bombenbau. Beim Jüngsten ganze acht. Die Brüder wiederum sollen versucht haben, sich Waffen in der Excalibur-City in Tschechien zu besorgen - der KURIER berichtete.
Bevorzugte Ziele
Zumindest lassen die übersetzten Korrespondenzen in eine dunkle Gedankenwelt europäischer IS-Anhänger blicken, die international vernetzt sind. In Chats wird ausführlich darüber diskutiert, welche Ziele man angreifen will. "2022 verging ohne Anschläge. Was zum Teufel ist das?" - ""2023 wird das Jahr der Inschallah-Anschläge sein!" - "Wir müssen so viele Menschen wie möglich töten."
Als "Vorbild" wird mehrfach der Anschlag auf den Konzertsaal Bataclan in Paris mit 90 Toten genannt. Aber auch Juden, Journalisten, Polizisten und Homosexuelle werden als "erstrebenswertes Ziel" genannt. "Ich habe das Video Freitagabend in Brüssel gesehen, man kann dort einfach ein Massaker machen. Man kann auch in einen Club gehen und ihn mit Granaten bewerfen, weil die Dichter der Kuffar (Ungläubige, Anm.) pro Quadratmeter zu hoch ist, es sollt ein Blutbad werden insha'Allah. Eine Art Bataclan 2.0."
Auch über die Wahl der Waffe wird intensiv diskutiert.
So weit kam es nicht. Über den ukrainischen Verdächtigen wurde Hausarrest verhängt. Der belgische Verdächtige wurde festgenommen.
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