American Staffordshire Terrier: Von der Kampfgrube ins Einfamilienhaus
Von Kristina Leitner
"Ein solide gebauter Hund, muskulös, aber beweglich, untersetzt und gedrungen, nicht langbeinig oder leicht gebaut, der gefällig wirkt und für seine Größe den Eindruck von großer Stärke vermittelt": So wird er von der Fédération Cynologique Internationale - dem größten kynologische Dachverband - beschrieben. Extrem gefährlich, von Natur aus aggressiver und eine Rasse, die verboten werden sollte. So lautet hingegen die Einschätzung diverse Menschen in den sozialen Medien wie außerhalb.
Am American Staffordshire Terrier scheinen sich die Geister zu scheiden. Der jüngste Vorfall in der Steiermark, bei dem eine Joggerin von einem "AmStaff" angegriffen und ihr dabei ein Finger abgebissen wurde, befeuert die regelmäßig geführte Debatte. Menschen, die der Rasse kritisch gegenüber stehen fordern erneut strengere Regulierungen und verweisen häufig auf das genetische Erbe der kräftigen Hunde.
Zwischen Kampf- und Hütehund
Um starke, ausdauernde und mutige Tiere in die Hundekampf-Arenen schicken zu können, wurden im England des 19. Jahrhundert Bulldoggen mit Terriern gekreuzt. Diese Vorfahren des "AmStaffs" zeichneten sich unter anderem durch Schnelligkeit, Wendigkeit und ihr Temperament aus. Da Tierkämpfe in England aufgrund ihrer Grausamkeit bereits 1835 untersagt wurden, traten die Hunde meist im Verborgenen gegen ihre Artgenossen, Dachse oder sogar Bären an. Auswanderer nahmen die Tiere und die blutigen Wettkämpfe mit nach Amerika.
In den Staaten waren die American Stafforshire Terrier-Vorfahren allerdings nicht nur auf dem Kampfplatz zu finden. Aufgrund ihres Mutes und ihrer Loyalität wurden sie gerne auf Farmen eingesetzt, etwa um die Familien und ihre Tiere zu hüten. Laut dem "Österreichischen Club für American Saffordshire Terrier" (ÖCAST) werden bis heute diese positiven Eigenschaften wie Gutmütigkeit, Führigkeit und Menschenfreundlichkeit in der Zucht forciert. "Weitere Merkmale sind, dass sie sportlich, kräftig, ausdauernd und mutig sind. Aggressive Individuen werden von der Hundezucht ausgeschlossen", so der Verband.
Halterinnen und Halter in der Pflicht
Aus ihrer großen Kraft folgt jedoch große Verantwortung, vor allem für ihre Halterinnen und Halter, wie der ÖCAST betont. Eine laufende mentale und körperliche Auslastung der Hunde von klein auf sind die Voraussetzung, um dem breiten Anforderungsprofil der kräftigen Tiere gerecht zu werden. Sie benötigen demnach ein erfahrenes Zuhause, in dem ausreichend Zeit für ihre Sozialisierung zur Verfügung steht. Denn wenn es zu Zwischenfällen mit "AmStaffs" kommt, ist der Schaden aufgrund der Beißkraft der Tiere größer als bei anderen Rassen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund sind Menschen, die einen American Staffordshire Terrier oder ähnliche Rassen halten, denen aufgrund ihrer Genetik ein höheres Gefahrenpotenzial zugeschrieben wird, in einigen Bundesländern dazu verpflichtet, besondere Auflagen erfüllen und Ausbildungsstunden nachzuweisen. Falsch sei in den Augen des ÖCAST sowie weiteren Expertinnen und Experten die Annahme, dass die American Staffordshire Terrier aufgrund ihrer Gene gefährlicher seien, als andere Rassen. Zwar gebe es Unterschiede beim Bewegungsdrang, der Selbstständigkeit oder Anhänglichkeit sowie im Umgang mit Artgenossen und Menschen, aber "ein Hund – egal welcher Hunderasse – wird immer von seinem sozialen Umfeld sowie Haltung, Erziehung und Beschäftigung geprägt."
"Es ist immer der Mensch am Ende der Leine Schuld", heißt es ebenfalls seitens des Tierschutz Austria. Besonders eine Praktik wird von der Tierschutzeinrichtung kritisch betrachtet: die sogenannte Schutzhundeausbildung. Bei dieser Art von Training wird den Hunden unter anderem beigebracht, Menschen am Arm zu beißen, etwa wenn sie vor ihnen davonlaufen.
"In einer ähnlichen Situation macht der Hund das, was ihm antrainiert wurde", so Tierschutz Austria. In den Augen der Tierschutzorganisation könne man tragische Zwischenfälle mit einer gewaltfreien Erziehung verhindern, denn "kein Hund wird mit aggressivem Verhalten geboren". Diese Meinung teilt Jürgen Stadler, Sprecher der Pfotenhilfe. Er verweist außerdem darauf, dass "die Erhöhung von Aggressivität und Kampfbereitschaft – egal durch welche Maßnahmen – schon lange als strafbare Tierquälerei" eingestuft werden.
Viele "AmStaffs" suchen ein neues Zuhause
Die "AmStaffs" gehören zu jenen Rassen, die besonders häufig zu Dauergästen in den Schutzeinrichtungen werden. "Bei uns im Tierheim landen American Staffordshire Terrier, weil nicht die richtigen Menschen diese Hunderasse halten", befindet das Tierquartier in Wien. So komme es etwa regelmäßig vor, dass die Tiere ihren alkoholisierten Besitzern auf offener Straße von der Polizei abgenommen werden. Stelle sich anschließend heraus, dass gegen die Halterinnen oder Halter bereits eine Vorstrafe in Bezug auf Gewalt, Drogen oder Alkohol aufliegt, beginnt die Suche nach einem neuen Zuhause.
Im Tierquartier habe man zudem die Erfahrung gemacht, dass einige Tiere "nicht unbedingt auf dem offiziellen Weg" zu Herrchen oder Frauchen gelangen: "Die Hunde werden nicht registriert und die Besitzer absolvieren nicht den in Wien notwendigen Hundeführerschein.“ Zudem die Rasse besonders gerne als Statussymbol genutzt. Es bräuchte dementsprechend strengere Auflagen bei der Vermittlung und mehr Aufklärung. Gelangen American Staffordshire Terrier in die Unterkunft, liegt die oberste Priorität darin, die Tiere zu resozialisieren und den vergangenen, teils traumatischen Erfahrungen bestmöglich entgegenzuwirken.
Am Ende des Tages seien es neben den Opfern auch die Tiere, die durch ihre falsche Erziehung Schaden nehmen. "American Staffordshire Terrier wurden dafür gezüchtet, mit dem Menschen gut zurechtzukommen und sind den Menschen gegenüber eigentlich sehr freundlich eingestellt", heißt es seitens des Tierquartiers. "Daher leiden sie umso mehr unter ihrem Ruf", lautet das Fazit.
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