Teppich-Zar und Society-Löwe Rahimi: "Es gibt auch Pflichten für Migranten"
Ali Rahimi über seine Einladungen und seine Gäste, welche Fehler er in der Migrationspolitik sieht und warum in seiner persischen Familie Weihnachten gefeiert wurde.
KURIER:Sie leiten ein Unternehmen, sind aber auch Society-Löwe. Hat Ihnen das Ihr Vater in die Wiege gelegt?
Ali Rahimi: Mein Vater war in erster Linie Unternehmer. Durch das Teppichgeschäft hat er viele Leute kennengelernt und Events gemacht, wo Wirtschaft, Kultur und Politik zusammengekommen sind. Einer seiner besten Freunde war der alte Polizeipräsident Joschi Holaubek.
Er war legendär.
Genau: „I bin’s, dei Präsident.“ Er war für mich wie ein dritter Großvater. Und mein Vater war sehr befreundet mit dem Bürgermeister und späteren Bundespräsidenten Franz Jonas, der ihn auf den Messen besucht hat. Mein Vater war sehr sozial und meinte immer: Streitet nicht und habt niemals Neid. Wenn jemand mehr kann, dann freue dich und lerne davon. Hast du starke Freunde, dann geht’s dir besser.
War immer klar, dass Sie das Geschäft übernehmen? Sie haben Betriebswirtschaftslehre studiert.
Meiner Mutter war wichtig, dass ihre drei Kinder studieren. Aber ich war ein schlechter Schüler, bin vor der Matura durchgeflogen. Da hat der Vater gesagt: „Wir versuchen es noch einmal. Die Leute fliegen auch zum Mond.“ Ich habe maturiert und studiert, dann hat mir das Teppichgeschäft eigentlich gefallen. Es war künstlerisch, man hatte mit interessanten Leuten zu tun.
Teppiche waren einmal Wertanlagen. Jetzt werden sie immer mehr und billig im Netz gekauft. Ist das noch ein Geschäft?
Das Netz ist keine Konkurrenz für uns. Wir haben Teppiche in jeder Preislage. Man muss sie sehen und fühlen. Was heute anders als früher ist: Um Erfolg zu haben, muss man mit Architekten und Designern zusammenarbeiten, Maß- und Musterteppiche erzeugen und etwas für die Marke tun. Glück gehört natürlich auch dazu. Wir haben internationale Kunden, viele Hotels und sind zufrieden. Aber in der Produktion werden Teppiche jedes Jahr teurer.
Sie sind in Teheran geboren, bezeichnen Migration als Chance. Aber gibt es mittlerweile nicht viele Integrationsprobleme?
Ja, Migration ist wichtig, aber es gibt auch Pflichten für Migranten. Wir haben in den letzten Jahren viele Fehler gemacht: Deutsch hätte schon wesentlich früher Hauptschwerpunkt der Migrationspolitik sein müssen. Man muss den Leuten die Chance geben, auch die Geschichten und die Bräuche des Landes zu lernen. Wenn ich Gast in einem Staat bin, habe ich mich der Hausordnung des Landes zu fügen. Der Steuerzahler zahlt schließlich den Einstieg, das soll dankbar angenommen werden. Es kann außerdem nicht sein, dass Deutschland und Österreich so viel, andere Länder aber nichts tun. Und wenn jemand mit dem Strafrecht in Konflikt kommt, dann gehört er bei gravierenden Taten abgeschoben.
Ihre Eltern haben sogar die christlichen – neben den muslimischen – Festen gefeiert. Wieso eigentlich?
Aus Wertschätzung und damit wir Kinder keinen Komplex bekommen, wenn alle anderen und nur wir nicht feiern. Wir haben verstanden, was Weihnachten ist.
Wurden Sie selbst je diskriminiert?
Eigentlich nicht. Als ich 23 war, hat mich ein älterer Herr nach meinem Namen gefragt und dann gemeint: „Aber Sie sprechen gut Deutsch.“ Da habe ich geantwortet: „Sie auch.“ (lacht)
Salon Salomon: Zum ausführlichen Gespräch mit Ali Rahimi
Ihr Vater hat die österreichisch-iranischen Beziehungen unterstützt. Sie haben bei Iran-Reisen des Verkehrsbüros sogar mitgeholfen.
Unter US-Präsident Obama waren die Sanktionen ja etwas gelockert. Wir haben Tausende Besucher in den Iran gebracht, alle waren begeistert. Ich habe Delegationen von Bundespräsident Heinz Fischer bis zu Bürgermeister Michael Häupl begleitet. Leider ist das nun wieder zu Ende. Der Iran hätte riesiges Potenzial. Wenn die Sanktionen hoffentlich wieder fallen, wird Österreich ein wichtiger Partner sein. Das hat Tradition seit der k. u. k.-Zeit.
Wie oft reisen Sie in den Iran?
Bis zu viermal im Jahr. Wer leidet im ganzen Nahen Osten? Die Zivilbevölkerung – durch Sanktionen und Kriege. Man muss diplomatische Lösungen finden. Sturheit auf beiden Seiten hilft nicht.
Welche Erinnerungen haben Sie an das Teheran Ihrer Kindheit?
Die Kulinarik und die große Gastfreundschaft. Es gab jeden Tag Gäste bei uns zu Hause.
Das Netzwerken ist sicher gut für Ihr Geschäft. Aber geht Ihnen der Aufwand für die vielen großen Feste nicht manchmal auf die Nerven?
Nein, sonst würde ich es nicht mehr tun. Es muss geredet werden, das ist wichtig! Aber natürlich ist nicht immer alles perfekt, manchmal ist jemand beleidigt, weil er nicht eingeladen war. Als Gastgeber ist man eigentlich arm: Man bemüht sich, man arbeitet, hat ständig Stress, ob eh alles passt: sind die Kunden, sind die Journalisten zufrieden? Ich bewundere jeden Gastgeber.
Welche Gäste mochten Sie besonders?
Bill Clinton war sensationell. Geplant war, dass er 20 Minuten da sein wird für die Aids-Foundation, geblieben ist er drei Stunden. Er sagte zu mir: „Ali, it’s magic here“ und ist dann noch zwei Mal gekommen. Sean Penn und Nicolas Cage waren interessant. Vivienne Westwood hat mich sehr beeindruckt. Sie war verliebt in unsere Lebensmittel, aber auch in unsere Teppiche.
Mussten Sie Leute rausschmeißen?
Ich bewundere die Engländer. Die schreiben beinhart eine Einladung für sieben bis neun, und dann ist es aus. Wir drehen die Musik ab, und es gibt nichts mehr zu trinken.
Sie leben angeblich nach der iranischen Weisheit: „Gut handeln, gut denken.“
Meine Eltern meinten immer: „Es bringt nichts, wenn du etwas tust, aber nicht gut gedacht hast.“
Das klingt jetzt fast religiös. Sind Sie praktizierender Muslim?
Es ist philosophisch. Ich bin religiös, ich bete überall, auch in der Kirche, aber nicht regelmäßig. Ich bin nicht konservativ, aber ich glaube an Gott. Eigentlich glaube ich an die Taten des Menschen und denke: Alles, was du tust, kommt zurück – im positiven Sinne. Da ist es egal, welchen Glauben du hast. Das Geben muss nicht nur mit Geld zu tun haben, manchmal geht es auch um Zeit: Es gibt so viele einsame Leute.
Sie sind gut vernetzt in der Wiener SPÖ. Ist das Ihre politische Heimat?
Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu Bürgermeister Michael Ludwig und seinem Vorgänger Michael Häupl. Aber ich habe auch viele Kontakte und Freundschaften in die ÖVP. Wichtig ist mir immer der Mensch – egal welcher Couleur.
Schon sein Großvater handelte in Teheran mit Teppichen. Der Vater legte den Grundstein des Wiener Unternehmens in der Spiegelgasse. Sohn Rahimi übernahm in den 1990er-Jahren, arbeitete mit Designern wie Vivienne Westwood zusammen, und setzte die Tradition des Netzwerkens und der Charity-Veranstaltungen fort. Für sein soziales Engagement und die Unterstützung der Schweizergarde erhielt Rahimi einen päpstlichen Orden. Das Unternehmen führt auch ein Wäsche- und Reparaturservice. Rahimis Frau Carina Rahimi-Pirngruber gründete 2017 die bei Spar gelistete Lebensmittelmarke NUSSYY® mit veganen und zuckerfreien Produkten.
Wurden Sie jemals gefragt, in die Politik zu gehen? Sie waren ja immerhin auch Integrationsbotschafter von Sebastian Kurz?
Ja, vor langer Zeit. Aber meine Freunde haben mir geraten: „Bleib Unternehmer!“
Wie schwierig ist es, Mitarbeiter zu finden?
Sehr schwierig. Gott sei Dank haben wir langjährige Mitarbeiter. Unlängst haben wir einen neuen Verkäufer gesucht. Aber es gibt wenig Leute, die mit Herzblut dabei sind. Da geht es weniger um Bezahlung. Mir kommt vor, man will weniger arbeiten.
Beraten Sie selbst eigentlich auch noch Kunden?
Selbstverständlich, der Kunde ist König. Ich schultere auch Teppiche, um sie den Kunden ins Auto zu legen. Arbeit ist keine Schande.
Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?
Dass man an die Unternehmer denkt – auch an die vielen Klein- und Mittelunternehmer, die weniger als den Kollektivvertrag verdienen. Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut.
Gibt’s eine nächste Generation Rahimi, die übernehmen wird?
Ich werde noch sehr lange arbeiten. Mein Vater wurde 94 und war jeden Tag in der Firma.
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