AKH: Starb Patientin, weil Arzt während OP zu Vorlesung ging?

Wendl starb im Vorjahr
Professor Oskar Aszmann kann man getrost als Koryphäe bezeichnen. Internationale Auszeichnungen, er stellt beschädigte Nerven wieder her und 2020 entwickelte er die weltweit erste bionische Arm-Prothese, die sofort – nach dem Motto „Plug and Play“ – einsetzbar ist.
Doch nun gibt es schwere Vorwürfe gegen den Mediziner, bei der Staatsanwaltschaft Wien wurde Anzeige wegen fahrlässiger Tötung gegen ihn erstattet.
Ende 2022 wurde die Niederösterreicherin Gerlinde Wendl nach viermonatigem Aufenthalt vom LKH Hainburg in das Wiener AKH überstellt. Die 55-Jährige hatte eine riesige offene Stelle im Bereich Rücken und Gesäß, einen so genannten Dekubitalulkus. Ihr sollte eine Art Lappen eingebaut werden - eine "extrem seltene und sehr anspruchsvolle Operation", wie es in der Anzeige von Anwalt Stefan Traxler im Namen von Wendls vier Töchtern heißt. Auch sei die Wunde von Keimen befallen gewesen, eine Operation deshalb hochriskant.
Die OP dauerte jedenfalls sechs Stunden. Während dieser soll Aszmann allerdings eine Vorlesung besucht haben, wie Fotos dokumentieren. Im OP-Bericht klang es allerdings so, als ob er die gesamte Zeit anwesend war. Tatsächlich soll er die letzten eineinhalb Stunden abwesend gewesen sein, so der Vorwurf. Im Protokoll des Pflegepersonals ist dies auch vermerkt.
Jedenfalls kam es zu drei Folgeoperationen, Ende Jänner war Gerlinde Wendl tot.
Dabei hätte es auch andere Operationsmöglichkeiten gegeben, die laut Traxler weniger riskant gewesen seien. Die Familie sieht deshalb die Schuld am Tod der Mutter bei dem AKH-Professor. Sie selber habe bereits eine Klage geplant, habe dies aber nicht mehr erlebt.

Wendls Töchter
Aszmann bestreitet die Vorwürfe
Aszmann hingegen stellt die Angelegenheit gegenüber dem KURIER so dar: "Ich habe, den OP-Saal nicht vor Ende des Eingriffes verlassen und habe dann der Antrittsvorlesung des neuen Ordinarius für Allgemeinchirurgie beigewohnt. Frau Wendl ist drei Monate nach dem genannten Eingriff verstorben und hat unsere Klinik nachweislich in gutem Zustand verlassen."
Gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien erklärte der Mediziner, dass er die Frau in sehr schlechtem Zustand übernommen habe. Nach der Operation sei Wendl jedenfalls besser beinander gewesen als zuvor. Er könne ausschließen, dass es sich bei ihrem Tod "um eine direkte oder indirekte Folge der Operation gehandelt hat". Auch habe es mit der Patientin einen ständigen Austausch gegeben, er habe sogar am Wochenende außerhalb seiner Dienstzeit nach ihr geschaut.
Er habe die Operation nur verlassen, weil er "den OP-Bericht diktiert und die EDV-Administration für diese Patientin vorgenommen" hätte. "Am Ende bin ich wieder in den OP-Saal zurückgegangen, habe den Situs und Lappen kontrolliert."
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