85-facher Mord eines Pflegers: Jetzt soll Grazer Herzchirurg vor Gericht

Niels H. vor Gericht
Fall Niels Högel: Kardiologe wegen schweren Verdachts angeklagt - Totschlag durch Unterlassung in drei Fällen.

Pfleger Niels Högel wurde erst im Juni am Gericht Oldenburg in Deutschland verurteilt: Lebenslang wegen 85-fachen Mordes (nicht rechtskräftig).

Einem früheren Chefarzt am Klinikum der Stadt droht nun ebenfalls ein Verfahren: Die Staatsanwaltschaft Oldenburg brachte am Mittwoch Anklage gegen den Arzt ein - Verdacht des Totschlags durch Unterlassung in drei Fällen. Das spielt nun aber auch in der steirischen Spitallandschaft eine Rolle: Der verdächtige Mediziner war bis zur seiner Freistellung vor wenigen Monaten Leiter der Herzchirurgie am LKH Graz.

Anklage gegen fünf Verdächtige

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bestätigte am Freitag einen Bericht der Kleinen Zeitung, wonach sie Anklage erhoben habe. Unter den Beschuldigten ist nicht nur der in Graz tätig gewesenen Herzchirurg, sondern auch noch weitere vier weitere. Unter ihnen sind auch der Pflegedienstleiter, der ehemalige Geschäftsführer sowie die Ex-Pflegedirektorin, führte die Behörde auf KURIER-Anfrage aus. Im Fall einer Verurteilung drohen fünf bis fünfzehn Jahre Haft.

"Gefahr erkannt"

Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass  die Verdächtigen "spätestens ab Oktober 2001 die von dem ehemaligen Krankenpfler H. ausgehende Gefahr erkannt hatten", heißt es in der Stellungnahme. "Zu diesem Zeitpunkt soll eine intern erstellte Liste vorgelegen haben, aus der sich eine überproportionale Häufigkeit der Anwesenheit des Pflegers bei Todesfällen nach Reanimationen ergeben haben soll."

Dennoch sei nicht gehandelt worden. Aus Sorge um "ihre persönliche Reputation, die Reputation der kardiochirurgischen Intensivstation und des Klinikums insgesamt sollen die Angeschuldigten "untätig geblieben sein", wirft die Justiz den Betroffenen vor. Der ehemalige Chefarzt habe sich stattdessen bloß dafur eingesetzt, dass Högel auf eine andere Station kam.

Die Vorwürfe selbst sind nicht neu, schon 2015 sah sich der Kardiologe damit konfrontiert, auch 2017 wieder. Allerdings wies er sie strikt zurück und betonte immer wieder, er sei "einer der Ersten" gewesen, der vor dem Pfleger gewarnt habe.

Auch von der Grazer Justiz droht dem Mediziner Ungemach: Die Krankenanstaltengesellschaft (KAGES) zeigte ihn an, weil er Privatatpatienten bevorzugt und andere deshalb geschädigt worden seien. Auch das wies der Mediziner zurück, dies sei eine "Unterstellung", rechtfertigte er sich nach der Anzeige.

Kommentare