Vor einer Klage findet ein Schlichtungsverfahren statt, die meisten Fälle würden bereits in diesem Stadium enden, so Herbert Pichler, Präsident des österreichischen Behindertenrates. "Dabei bekommt man Schadenersatz und der ist so gering, dass sich das niemand antut. Es gilt auch kein Rechtsschutz, im schlimmsten Fall bleibt man auf den Kosten sitzen", schildert Pichler.
Grund für die oft fehlende Barrierefreiheit seien Zumutbarkeitsbestimmungen im Gesetz, erklärt Hansjörg Hofer von der österreichischen Behindertenanwaltschaft. Solche unverhältnismäßigen Belastungen liegen zum Beispiel vor, wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, einen Umbau vorzunehmen. "Hier schaut man, ob es sich um eine große Kette handelt oder ein kleines Einzelunternehmen, je nachdem wird dann im Einzelfall abgewogen", sagt Hofer.
Doch dass die Hälfte der Geschäftslokale durch diese Regelung befreit wäre, sei unrealistisch, so Hofer. "Dass St. Pölten Spitzenreiter ist, muss ein Scherz sein. Man kann sicher nicht behaupten, dass wir ein Vorbild sind", kritisiert auch Elisabeth-Laila Maier, Rollstuhlfahrerin aus St. Pölten. "Es hat Verbesserungen gegeben, etwa durch die Neugestaltung der Kremser Gasse. Da waren wir als Verein auch sehr dahinter. Dasselbe versuchen wir jetzt bei der Neugestaltung des Domplatzes. Aber es gibt definitiv noch sehr viel Luft nach oben", bestätigt auch Schoisengeyer. "Man tut den Menschen mit Behinderung dabei ja nichts besonders Gutes, da geht es einfach um Chancengleichheit. Außerdem haben die Lokale und Geschäfte ja auch einen Vorteil, sie schaffen sich mit uns einen erweiterten Kundenkreis", sagt er.
Weit unter dem Durchschnitt liegt laut der Studie die Stadt Salzburg, nur 40 Prozent der Geschäfte in der Einkaufsstraße sind barrierefrei. "Viele der Geschäfte haben auch im Inneren Stufen, das war in den anderen Städten seltener", so Angelika Parfuss vom ÖZIV. Außerdem seien die vielen unter Denkmalschutz stehenden Altbauten ein weiteres Hindernis zum Umbau.
Für Claus-Peter Laisacher vom Behindertensportverband Salzburg ist die geringe Barrierefreiheit in Salzburg ein Problem. "Es wird immer nur geredet und gemacht wird nie was", schildert Laisacher die Lage. Sieht man sich die Zahlen aus den Vorjahren an, bestätigt sich das: 2017 waren 39,2 Prozent der Salzburger Geschäfte barrierefrei, zwei Jahre später sind es 40 Prozent. Auch in den übrigen Städten steigen die Zahlen nur minimal an.
Alle Betroffenen sind sich einig: fehlendes Bewusstsein sei das größte Problem. "Wir brauchen öffentliche Gebietskörperschaften und eine Politik, die uns unterstützt und auf die Situation aufmerksam macht", fordert Pichler vom österreichischen Behindertenrat. "Außerdem geht es nicht nur um Rollstuhlfahrer. Es geht auch um geh- und sehbehinderte Menschen und um Eltern mit Kleinkindern", weist Schoisengeyer hin.
(Redaktionelle Mitarbeit: Sandra Schober)
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