"30 Euro ohne Gummi?" - Das Leben von Prostituierten in Wien

"30 Euro ohne Gummi?" - Das Leben von Prostituierten in Wien
Das Gewerbe ist härter geworden. Die Frauen rücken an die Ränder der Stadt. Bei Claudia ist Küssen verboten, aber sie ist eine Ausnahme.

Sie besitzt zwei Telefone, beide hat sie immer bei sich. Auch ihren Terminkalender. Jederzeit können Kunden anrufen, die Claudias Inserat entdeckt haben. Wenn sie abhebt, dann verändert sich ihre Stimme in derselben Sekunde. Plötzlich klingt sie sanfter und wärmer.

Ist ein Stammkunde am anderen Ende der Leitung, so begrüßt sie ihn beim Vornamen und notiert lediglich die Uhrzeit. Claudia weiß genau, was Thomas machen möchte. Ruft jedoch ein unbekannter Mann an, dann stellt sie ihr “Massage-Studio”, das im zehnten Wiener Gemeindebezirk liegt, vor und nennt die Preise. 

Claudias ältester Kunde ist 91 Jahre alt, der jüngste hat gerade den 18. Geburtstag gefeiert. “Der hat übrigens letztens gemeint, dass man am alten Rad am besten Fahrradfahren lernt”, sagt sie und kichert. Und für die Älteren sei sie doch “immer noch ein junges Puppi”. Claudia ist heute 49 Jahre alt.

Die Haare sind hellblond gefärbt, die Nägel rot lackiert, die Zähne strahlend weiß. Eine schwarz gerahmte Hornbrille, blaue Jeans, graue Kapuzenweste. Eigentlich erinnert nichts bei diesem legeren mittäglichen Treffen im Restaurant eines großen Möbelhauses an eine Sexarbeiterin. Claudia hat darum gebeten, nur ihren Vornamen in der Zeitung zu schreiben.

Sie ist zwar schon seit 30 Jahren im Geschäft aktiv, dennoch weiß nicht jede und jeder in der Familie oder im engsten Umfeld Bescheid. “Meine Tochter hat keine Ahnung davon und das bleibt auch so.” 

Ihr Ehemann war der Zuhälter

Claudia wuchs im Burgenland auf. Sie war 19 Jahre jung, als sie einen Job brauchte, bei dem sie schnell einsteigen konnte und gut verdiente. “Suche Mädchen für Arbeit im Separée” - sie kann sich an den Wortlaut der Zeitungsanzeige noch gut erinnern, denn mit dieser sollte ein turbulentes Leben beginnen. “Damals wusste ich nicht einmal, was ein Separée überhaupt ist, aber ich war neugierig und habe angerufen.” 

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