100 Lawinenabgänge in drei Tagen: "Noch nie hat es so viele Einsätze gegeben"

100 Lawinenabgänge in drei Tagen: "Noch nie hat es so viele Einsätze gegeben"
Keine Entspannung auf den Bergen im Westen. Wegen des prognostizierten Neuschnees dürfte die Gefahrenstufe auf 4 steigen.

„Das Bilderbuchwetter mit viel Sonnenschein lädt natürlich zu Wintersport ein“, überlegt Rudi Mair, Leiter des Lawinenwarndienstes Tirol. Doch er mahnt am Sonntag erneut: „Für Touren und Variantenabfahrten im freien Skiraum braucht es viel Erfahrung und vor allem viel Information.“

Zumal einmal noch weiterer Niederschlag im Westen Österreichs angekündigt ist: Für das Tiroler Bergland wird heute, Montag, mit bis zu einem halben Meter Neuschnee gerechnet. „Durch den Schneefall, begleitet von starken Windböen, steigt die Lawinengefahr an“, warnt Mair. Die Warnstufe auf der fünfteiligen Skala dürfte von derzeit 3 („erhebliche Gefahr“) auf 4 („große Gefahr“) steigen. Wobei der Experte darauf hinwies, dass zwei Drittel aller Lawinenunglücke bei Stufe 3 passieren. Wie jene am Freitag und Samstag, die in Tirol und Vorarlberg neun Menschen das Leben kosteten, in Bayern starb am Samstag ein Österreicher ebenfalls unter einem Schneebrett: Somit wurden binnen zwei Tagen zehn Wintersportler bei Lawinenabgängen getötet.

So prekär wie derzeit ist die Lage selten, Grund ist ein Zusammenspiel von Neuschnee, Wind und Sonneneinstrahlung. „Schwachschichten im Altschnee sind nur schwer erkennbar“, beschreibt Mair. „Die Schneedecke am Alpenhauptkamm und nördlich davon bleibt störanfällig.“ Oftmals reicht ein Mensch, um ein Schneebrett loszutreten, vielfach sind auch Spontanauslösungen ohne Einwirkung von außen möglich.

Vorsichtig planen

Rund 100 Lawinenabgänge mit 70 Einsätzen von Bergrettern und Alpinpolizisten gab es binnen 72 Stunden in Tirol, rechnet Landeshautopmann Günther Platter (ÖVP) vor. „Noch nie hat es so viele Lawineneinsätze gegeben wie in den vergangenen Tagen.“ Platter appelliert an Wintersportler, ihr Können nicht zu über- und die aktuelle Situation nicht zu unterschätzen: Dem freien Skiraum sollten sie in den kommenden Tagen „nur nach sorgfältiger Tourenplanung und mit großer Vorsicht begegnen“.

Das Bundesheer steht laut Verteidigungsministerium in Bereitschaft, bei Einsätzen zu helfen. „Unsere Soldatinnen und Soldaten kommen dann zum Einsatz, wenn zivile Hilfskräfte alleine nicht mehr ausreichen“, begründet Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Während in Vorarlberg vorerst nur Erkundungsflüge durchgeführt wurden, gab es in der Steiermark auch schon Lawinensprengungen: Rund um die Planneralm und die Tauplitz wurden an jenen Hängen, die lawinengefährdet schienen, gezielt Schneebretter ausgelöst.

Es wird mild und sonnig

Doch Wetterbesserung ist in Sicht. Die Kaltfront ist schon auf dem Rückzug, ab Dienstag gibt es erste zarte Anzeichen des Frühlings: Beim Aufstehen in der Früh herrschen zwar verbreitet noch Minusgrade, aber die Tageshöchsttemperaturen steigen auf bis zu elf Grad, am Mittwoch je nach Region sogar auf bis zu 15 Grad. Bis zum Freitag soll es gemäß Prognose der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) sonnig, warm und vor allem niederschlagsfrei bleiben.

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