Studie belegt: Studienbeihilfe für Ukrainer macht sich bezahlt
Stipendien für ukrainische Studierende haben ein Ablaufdatum. Aktuell ist es der 5. März 2025. Denn das Ernst-Mach-Stipendienprogramm ist gekoppelt an den Vertriebenenstatus der EU für Vertriebene aus der Ukraine, bestätigt das Bildungsministerium. Deshalb sind derzeit keine Neuanträge möglich.
Johann Bacher und Friedrich Schneider, zwei Forscher der Linzer Johannes-Kepler-Universität (JKU), zeigen nun auf: Ein Zugang für die ukrainischen Studierenden zur bereits bestehenden Studienbeihilfe würde sich für den österreichischen Steuerzahler und die österreichische Wirtschaft rechnen.
Zwar hoffen alle auf ein rasches Ende des Ukraine-Krieges – am allermeisten die Vertriebenen aus dem von Russland überfallenen Land –, derzeit sieht es aber nicht danach aus. Unter den nach Österreich geflüchteten Ukrainern sind viele Studierende.
Einer davon ist Kyrylo Meliushko. Als der Krieg begann, war er 17 Jahre alt und hat im 2. Semester Informatik an der Taras-Schevchenko-Universität in Kiew studiert.
„Ich musste alles, was ich hatte, in mehrere Einkaufstaschen packen und inmitten des Chaos und der Bombenangriffe ins Ungewisse aufbrechen“, erinnert sich Meliushko.
Er wurde aufmerksam auf einen Aufruf der JKU, wo ein engagiertes Team ukrainischen Studierenden Plätze in Studierendenheimen vermittelte und ein eigenes Austauschprogramm auflegte.
„Die Tage und Nächte in den Schutzräumen waren furchtbar, ich bin sehr dankbar, dass ich nun in einem friedlichen Land voller Möglichkeiten leben kann“, sagt der junge Mann.
An der JKU Linz belegt er das englischsprachige Studium Künstlicher Intelligenz, er hat sich erfolgreich für das Ernst-Mach-Stipendium für ukrainische Studierende beworben.
Stipendium als Starthilfe
„Das Stipendium war eine wichtige Starthilfe für mich. Mit den 715 Euro kann ich das Wohnheim zahlen und habe neben dem Studium mehr Zeit für das Deutschlernen.“
Im Sommer 2022 hat er ein Praktikum im CERN in der Schweiz absolviert und sich danach beim Software-Competence-Center Hagenberg beworben, wo der 20-Jährige als Junior Data Scientist arbeitet und sein KI-Wissen in Projekte einbringt. „Ich werde weiter hart arbeiten und möchte auch etwas zurückgeben, indem ich etwas zur österreichischen Wirtschaft beitragen werde.“
1.978 Incoming-Stipendien wurden im Studienjahr 2023/2024 im Rahmen des Ernst-Mach-Programms vergeben.
Die Ernst-Mach-Stipendiatinnen und -Stipendiaten kamen aus 47 Ländern nach Österreich
Im Kalenderjahr 2023 wurden an 1.265 ukrainische Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Stipendien vergeben
Weil das Ernst-Mach-Stipendium Ukraine nicht gesichert ist, ist der Zugang für Vertriebene jedoch ungewiss. „Um den ukrainischen Studierenden und zukünftigen Fachkräften Perspektiven zu eröffnen, sollten diese einen Zugang zur Studienbeihilfe bekommen. Die Studienbeihilfenbehörde prüft jeden Antrag hinsichtlich eines günstigen Studienerfolgs und sozialer Förderungswürdigkeit“, erklären die JKU-Professoren Bacher und Schneider.
123 neue Jobs
Denn ihre Studie zeigt, dass sich eine Öffnung der Studienbeihilfe für die Staatskasse und die österreichische Wirtschaft lohnen würde. Bei einer angenommenen Anzahl von 637 ukrainischen stipendienfinanzierten Absolventinnen und Absolventen (2024–2035), die dann auch in Österreich beschäftigt wären, entstehe jährlich ein zusätzliches BIP von 15,3 Millionen Euro, 123 neue Arbeitsplätze würden geschaffen.
Darüber hinaus würden jene knapp 30 Prozent, die in naturwissenschaftlich-technischen Fächern abschließen, einen Beitrag zur Schließung der Fachkräftelücke leisten und weitere Arbeitsplätze in Österreich erhalten.
Studentin wird rasch zur "Nettozahlerin"
Dass sich Investitionen in die Bildung dieser jungen Menschen für die öffentliche Hand rasch amortisieren würden, wird in der Studie auch anhand fiktiver Fallbeispiele aufgezeigt: Eine ukrainische Studentin, die im Sommer 2022 als 20-Jährige nach Österreich geflüchtet ist und im Wintersemester 2022/23 mit einem Studium in Österreich begonnen hat, zügig studiert und dann als Fachkraft arbeitet, würde 7,6 Jahre nach dem ersten Bezug eines Stipendiums zur Nettozahlerin für die öffentliche Hand werden: Sie hätte das Stipendium und die Studienbeihilfe „zurückgezahlt“ und leistete ab diesem Zeitpunkt einen positiven Beitrag zu den öffentlichen Finanzen.
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