Agnes Sirrka Prammer: Im Nationalrat ist man grundsätzlich für den Bund zuständig, also für ganz Österreich. Ich finde es verkürzt, die rein regionale Brille aufzusetzen. Die Politik, die wir gemacht haben, kommt Oberösterreich zugute. Gerade in der grünen Transformation ist sehr, sehr viel passiert, weil Oberösterreich Industriestandort ist.
Haben Sie sich als oberösterreichische Spitzenkandidatin für die kommende Periode das eine oder andere Projekt vorgenommen, das Sie in Oberösterreich realisieren wollen?
Im Nationalrat sollte man den regionalen Hut nicht allzu fest um den Kopf zurren. Es ist wichtig, dass man einen Ausgleich zur schwarz-blauen Politik schafft, die in Oberösterreich gemacht wird. Ich möchte schauen, dass der Klima- und Naturschutz die wichtigste Leitlinie ist. Oberösterreich ist bei der Bodenversiegelung einsamer Spitzenreiter. Es ist notwendig, hier von Bundesseite gegenzusteuern.
Die Grünen fordern, dass in Österreich nur mehr 2,5 Hektar täglich verbaut werden dürfen. Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hält dem entgegen, dass dann keine Hausbauten, keine Betriebserweiterungen und Betriebsansiedelungen mehr möglich sind.
Wir haben in Oberösterreich so viel gewidmetes und unbebautes Bauland, dass man den gesamten Wiener Wohnbau nochmals darauf errichten könnte.
Aus Ihrer Sicht gibt es genügend Bauland?
Genau. Das Argument, wir brauchen Bauland, zieht nicht. Ich sehe das in meiner Heimatgemeinde Leonding. Die übergeordneten Interessen werden in den Gemeinden natürlich diskutiert.
Was verstehen Sie unter übergeordneten Interessen?
Die Landespolitik muss klar vorgeben, wie man den Raum nutzt.
Die Gemeinde kann hier mitwirken und Umwidmungen beim Land beantragen.
Genau das ist die Problematik, dass hier Interessen mitspielen, die nicht den Zielen einer sinnvollen Raumordnung entsprechen. Dass man genügend Raum für die Natur hat. Im Raumordnungsgesetz ist festgeschrieben, dass es solche Flächen in einem ausreichenden Umfang geben muss. Damit wir eine gute Luft haben und Kühlung im Sommer. Man missachtet oft aus den verschiedensten Beweggründen die Vorgaben.
Die Gemeinden müssen sich an das Gesetz halten. Sie können beim Land eine Umwidmung beantragen, das den Antrag prüft, genehmigt oder ablehnt.
Wenn man Grünland in Bauland umwidmet, obwohl es genügend gibt, dann hält man sich nicht an die Vorgaben. Wir sind dagegen, dass zu viel und an den falschen Orten umgewidmet wird. Betriebe sollen dort angesiedelt werden, wo Betriebsbaugebiet oder Leerstand ist, ohne dafür Grünland umzuwidmen. In Leonding wird jetzt das ehemalige Uno-Shopping-Center in ein Wohngebiet mit Büroflächen und regionalen Handelsbetrieben umgewandelt. Es ist ein Vorzeigeprojekt für Leerstandsnutzung.
Die Grünen haben bei der Nationalratswahl 2019 in Oberösterreich rund 13,2 Prozent der Stimmen erzielt. Die Umfragen prognostizieren für den 29. September neun Prozent. Warum diese Verluste?
Jede/r hat seine persönlichen Motive. Unsere Aufgabe ist es, mit den Menschen zu reden, die individuellen Gründe auszuräumen. Denn wir haben für sehr viele anstehende Probleme gute Lösungen.
Die Grünen verstehen sich auch als Gegenprojekt zur FPÖ. Die Wählerinnen und Wähler laufen der FPÖ zu, aber weniger zu den Grünen. Was sind die Gründe dafür?
Es gibt jede Menge Probleme, die man spürt und für die man sich einfache Lösungen erwartet. Die FPÖ tut so, als würde sie das können. Sie präsentieren überhaupt keine Lösungen, sondern kultivieren Probleme.
Die Klima- und Umweltpolitik hat für Sie oberste Priorität. Die grüne Transformation ist für die Menschen teuer. Wie wollen Sie hier die soziale Verträglichkeit sicherstellen?
Die Menschen haben verstanden, dass Klimaschutz eine gemeinsame Anstrengung und Aufgabe ist. Wir müssen das mitein ander lösen. Viele sehen, dass es eine gute Sache ist, wenn sie sich ein Sonnenkraftwerk am Dach installieren, den Ölheizkessel gegen eine klimafreundliche Heizung tauschen. Oder wenn sie das Klimaticket nutzen und auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Unsere Aufgabe als Politik ist es, diese Schritte durch Förderungen zu ermöglichen. Davon profitieren die Firmen in Oberösterreich.
Warum kommt es den Grünen politisch nicht zugute, wenn die Menschen das erkannt haben?
Ich glaube, dass die Menschen das sehr wohl wissen und schätzen. Ich hoffe sehr stark, dass die Leute das jetzt schon erkennen. Und nicht erst dann, wenn es weg ist. Wenn wir eine Regierung bekommen, wo die Blauen das Sagen haben, dann ist die Gefahr sehr, sehr groß, dass diese Förderungen alle weg sind. Denn in der FPÖ denkt man sich, wer braucht schon das Klimaticket, wir bauen lieber Autobahnen. Wer braucht schon klimafreundliche Heizungen, wir zahlen dem Putin weiterhin seine Gasrechnungen.
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