"Bei Skepsis an Wissenschaft und Kunst sind Menschenrechte in Gefahr"
Am Sonntag wird der neue Nationalrat gewählt. Denn, und das steht in der Bundesverfassung in Artikel 1, "Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volk aus".
Dass die Verfassung "wunderschön" ist, ist ein geflügeltes Wort, seit Bundespräsident Alexander Van der Bellen diesen Ausspruch in der Regierungskrise nach dem Ibiza-Skandal geprägt hat.
Und genau mit dieser "wunderschönen" Verfassung beschäftigt sich das neue Stück des Zirkus des Wissens an der Johannes-Kepler-Universität in Linz: „Konstitution - eine Frage der Verfassung“ stellt die Grundpfeiler eines demokratischen Staates auf unterhaltsame und spielerische Weise in den Mittelpunkt, verspricht Zirkusdirektor Airan Berg.
Barbara Novotny und John F. Kutil wollen das Publikum in einer klassischen Doppelconférence auf eine faszinierende Reise zu den Wurzeln der Verfassung mitnehmen. Unterstützt werden sie dabei von Schülerinnen und Schülern der Theaterklasse der Privatschule "Rose" Linz.
Felix Müllner und Marie Flachberger
Zirkus des Wissens
Zirkus des Wissens
Gezeigt wird eine Revue über die Essenz der Demokratie, scheinbar “trockene" Paragraphen und Gesetze werden in fesselnder Form auf der Bühne zum Leben erweckt. Pädagogin Julia Frisch hat fast ein Jahr mit den Schülerinnen und Schülern zum Thema Verfassung gearbeitet, am Samstag kommt das Stück auf die Bühne. Was laut Frisch viel wichtiger ist: "Viele der Schülerinnen und Schüler gehen am Sonntag das erste Mal wählen und nehmen an der Demokratie teil."
Premiere ist am Samstag, 16 Uhr, im Zirkus des Wissens an der JKU Linz. Nicht zufällig an diesem Tag, schließlich wird tags darauf der Nationalrat neu gewählt.
Wissenschaftsskepsis bereitet Unis Sorgen
Auch nicht zufällig präsentieren gleichzeitig die Johannes-Kepler Universität (JKU), die Kunstuniversität, der Zirkus des Wissens und der Keplersalon ihre vertiefte Kooperation. "Die Wissenschaftsskepsis ist gerade in Österreich groß", leitet JKU-Rektor Stefan Koch ein, "Universitäten müssen dem entgegenwirken und die Erkenntnisse in die Gesellschaft tragen."
Das erfolgt etwa über den Zirkus des Wissens, der in enger Zusammenarbeit zwischen Kunst und Forschung Themen auf neue Art und Weise aufarbeitet. Seit zwei Jahren gibt es diesen, heuer wird der 50.000 Besucher erwartet.
"Hier haben wir tausende Kinder mit der Wissenschaft in Kontakt gebracht", ist Koch überzeugt, auf diesem Weg der Wissenschaftsskepsis auch die Stirn zu bieten.
Und auch der Keplersalon will in den Diskurs mit der Gesellschaft treten. Bislang von der JKU getragen, steigt die Linzer Kunstuniversität in eine tragfähige Kooperation ein.
Symbiose aus Kunst, Kultur und Wissenschaft
"Viele Dinge sind komplex", weiß Kunstuni-Rektorin Brigitte Hütter, "wegschieben macht es nicht besser. Es ist auch unser Auftrag als Universitäten, uns für Demokratie, Verfassung, den Rechtsstaat und die Wissenschaften einzusetzen."
In den Disziplinen von Wissenschaft, Kunst und Kultur sei ein großer Entdeckungsgeist, der über den Dialog zu neuen Wegen führe. "Wo die Wissenschaftsskepsis groß ist, ist auch die Skepsis gegenüber der Kunst groß", weiß Hütter, "und wo beides hoch ist, ist es mit den Menschenrechten nicht gut bestellt."
Dabei müsse man gerade die Enttäuschung und das Unverständnis, das viele so wütend mache und gegen die Wissenschaft aufbringe, sehr ernst nehmen. Dem pflichtet Koch bei: "Das stellt ja auch unsere Demokratie infrage. Wir müssen noch besser erklären, wo die Ergebnisse herkommen."
Die Kooperation von Kunstuni und Kepleruni kumuliert jedenfalls im Keplersalon. Jeden Montag gibt es dort "einen dritten Raum", wie Keplersalon-Intendantin Cornelia Lechner es bezeichnet, einen weiteren "relevanten Ort neben Arbeitsplatz und Zuhause, an dem neue Gedankenlandschaften entstehen können".
In der Kooperation sind vorerst sechs Abende geplant, der erste (28.10.) dreht sich unter dem Titel "Transversale Echos" darum, was Wissenschaft und Forschung alternativen Fakten und Fake News entgegen setzen können, im zweiten (16.12.) geht es um die Forschung zu soften Materialien und nachhaltiger Produktion mit Fokus auf Mode, Textil und Design.
Kunst als Stütze der Macht
Diskutiert wird auch am 7.10. unter dem Titel "Wagners Dunkelkammer" auch über die Kunst als Stütze der Macht, und wie weit sich Künstlerinnen und Künstler für den Erfolg "verkaufen". Lechner stellt die Frage: "Was tragen sie zum System bei?"
Schon am Montag, dem Tag nach der Wahl, und hier schließt sich der Kreis zum Zirkus des Wissens, diskutieren Markus Vasek von der JKU und Christine Haiden aktuelle Fragen wie "Wie bindend ist, was in der Verfassung steht?" oder ob Verfassungen in Demokratien autoritäre Systeme verhindern können. Grundlage für diese Diskussion ist dann schon das Ergebnis der Nationalratswahl.
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