Neun Morde sind seit 1970 ungeklärt
Neun Morde sind seit 50 Jahren in Oberösterreich ungeklärt. Bei insgesamt 250 vollendeten Tötungsdelikten in diesem Zeitraum ist das immerhin eine Aufklärungsquote von beinahe 96 Prozent.
Erhebungstechnik verbessert
„Wenn die Ermittler 48 Stunden nach dem Auffinden eines Mordopfers noch keine Spur haben, wird es immer unwahrscheinlicher, den Täter zu finden.“ Diese ehemalige kriminalistische Grundregel gilt seit der Einführung modernster Kriminaltechniken wie der DNA-Analyse schon lange nicht mehr.
„Wir müssen nichts überstürzen. Es ist besser, alle entscheidenden Fakten und Sachbeweise zu haben und dann erst einen möglichen Verdächtigen im Verhör damit zu konfrontieren. Das kann auch Wochen dauern. Es ist nur wichtig, dass der Betreffende unseren Ermittlungsstand nicht etwa aus den Medien kennt“, sind sich die Spezialisten von Spurensicherung und Ermittler einig.
Seit 12 Jahren alle Morde aufgeklärt
Dass die kriminaltechnischen Methoden immer besser geworden sind, beweist auch die Statistik. Waren von 1970 bis 1999 in Oberösterreich noch acht Morde bisher ungeklärt, so verringerte sich diese Zahl vom Jahr 2000 bis heute auf einen. Seit 12 Jahren ist überhaupt kein vollendeter Mord – bei etwa sechs Fällen im Jahr – in Oberösterreich ungeklärt.
Günther Schädel
„Wir sind überzeugt davon, dass wir von diesen neun Morden zumindest vier mit den heutigen kriminaltechnischen Möglichkeiten klären hätten können“, sagen Ermittler. Vor allem das Verbrechen an Martina Posch (17) vom 12. November 1986 in Vöcklabruck und der Mord an dem Sport-Redakteur Günther Schädel (42), der am 27. Februar 1988 in Linz mitten in der Altstadt erschossen worden ist, lassen die Fahnder nicht los.
„Vielleicht gelingt es doch noch, den Fall von Martina Posch, bei der sich die Tat im kommenden Jahr zum 35. Mal jährt, den Täter zu finden. Es gibt ja seit 2013 eine DNA-Spur eines unbekannten Mannes. Diese zuzuordnen, wäre ein unglaublicher Erfolg“.
Martina Posch
Zur Erinnerung: Martina Posch war am 12. November 1986 spurlos verschwunden, ihre in Plastikplanen gewickelte Leiche wurde am 22. November 1986 am Ufer des Mondsees im seichten Wasser gefunden. Als Motiv ist ein Sexualdelikt wahrscheinlich, Martina war erwürgt und halb entkleidet worden. Auch wenn viele Ermittler, die die Fälle vor vielen Jahren bearbeitet haben, bereits in Pension oder verstorben sind, ist für die heute tätigen Beamten kein Opfer vergessen.
Maria Gatterbauer
So auch der Fall Maria Gatterbauer. Die 73-jährige Pensionistin war am 16. Mai 1970 in ihrer Wohnung in Linz-Urfahr erstochen worden. Es war eindeutig ein Raubmord. Sie war weithin als mehrfache Hausbesitzerin und reiche Pensionistin bekannt. Wie viel Geld der Täter erbeutet hatte, konnte nie ermittelt werden. Trotz intensiver Recherchen gelang es der Linzer Kriminalpolizei nicht, den Fall eindeutig zu klären.
Franz Hanner stach zu
Dennoch hatten die Beamten 1977 einen dringenden Verdacht, als wieder eine Frau in Urfahr ermordet worden war. Der Täter, Franz Hanner (62) hatte am 10. November 1977 eine 57-Jährige in ihrer Wohnung mit 159 Messerstichen getötet. Das Motiv: Ebenfalls Raubmord. „Wir waren uns sicher, dass der Mann auch Maria Gatterbauer ermordet hatte, konnten ihm die Tat aber nicht nachweisen“, sagte später der legendäre (und 2004 verstorbene) Linzer Kriminalbeamte Leo Maier, der Hanner 1977 überführt hatte.
Ermittler Leo Frank
Hanner verstarb 1986 in Haft in der Strafanstalt Garsten, er hatte Leo Maier – der damals auch als Krimiautor Leo Frank bekannt wurde – sogar noch aus der Haft brieflich mit dem Tod bedroht. „Heute hätte der Mord an Maria Gatterbauer durch die DNA-Analyse sicher geklärt werden können“, sind sich Kriminalisten einig. Doch die Tatortspuren im Fall Gatterbauer wurden vom Gericht nicht so lange aufbewahrt. Der Akt ist inzwischen auch nicht mehr bei Gericht, sondern im oberösterreichischen Landesarchiv.
Spuren verschwunden
Bis zum Jahr 1985 blieb dann in Oberösterreich kein Mord ungeklärt. Doch am 15. Oktober dieses Jahres wurde in der Linzer Altstadt eine Prostituierte (23) in ihrer kleinen Wohnung erwürgt. Bereits nach dem eingetretenen Tod stach ihr der Unbekannte noch eine Stricknadel in die Brust. Der Fall blieb offen, der Täter ist, wenn er noch lebt, bis heute in Freiheit. Auch dieser Fall hätte nach Jahren noch durch die DNA-Analyse geklärt werden können, doch wichtige Tatortspuren waren 2008 bereits aus der Asservatenkammer des Linzer Landesgerichtes verschwunden.
Theresia Almansberger
1988 blieben mit Günther Schädel und dem Raubmord an dem Pensionisten Alfred Lindorfer (59) in Linz Kleinmünchen am 11. März zwei Fälle ungeklärt, in den 1990er Jahren ging die Serie dramatisch weiter. Es war der 1. Mai 1991, als Theresia Almansberger (47) nach einem Besuch auf dem Linzer Urfahrmarkt ihrem Mörder in die Hände fiel. Ihre teilweise entkleidete Leiche wurde elf Tage später in den Ebelsberger Traunauen gefunden. Wie die Obduktion ergab, war die 47-Jährige erstickt, nachdem sie erdrosselt worden war.
Samuel Twumasi
Völlig rätselhaft ist der Tod des 51-jährigen gebürtigen Afrikaners Samuel Kankam Twumasi. Der Kraftfahrer war seit dem 28. August 1992 aus der Linzer Lunzerstraße als abgängig gemeldet worden. Am 2. September 1992 wurde die Leiche in einem Seitenarm des Traunflusses im Werksgelände der voestalpine gefunden. Der Mann war offenbar geschlagen und ins Wasser gestoßen worden.
Petra Rothmayer
Ebenfalls attackiert und ins Wasser der Traun in Linz geworfen wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit am 17. November 1996 in Auwiesen die 27-jährige Petra Rothmayer. Nachdem ihre Leiche mit Schnittverletzungen an den Oberarmen und Blutergüssen am Kopf erst am 9. Dezember 1996 aus der Traun im Stadtteil Ebelsberg geborgen werden konnte, verliefen alle Nachforschungen der Polizei ergebnislos.
Zwei tote Tontechniker
Der bisher letzte ungeklärte Mordfall in Oberösterreich ereignete sich am Abend des 10. März 2008 in Linz-Urfahr. Mit Dutzenden Messerstichen wurden die Tontechniker Christian Janouschek (45) und Wolfgang Huber (51) in der Wohnung von Janouschek in Linz-Urfahr attackiert. Beiden Opfern schnitt der Mörder den Hals durch. In diesem Fall gibt es bereits viele DNA-Spuren. Ein Täter konnte dennoch nicht gefunden werden, weil sich bisher kein passender Treffer ergab. Die Kriminalisten sind aber optimistisch.
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