Zur Erinnerung an den Ukraine-Krieg: Ausstellung in Linz
Von Laura Hess
Am kommenden Freitag ist es genau ein Jahr her, dass Russland in der Ukraine einmarschiert ist. Um die Kriegs-Geschehnisse in der Ukraine in Erinnerung zu behalten, werden anlässlich des Jahrestags im Foyer des Alten Rathauses in Linz Fotos und Bilder ausgestellt, die einen Einblick in die Situation vor Ort geben sollen.
Diese Ausstellung ist seit Montag geöffnet, die Bilder dienen als Sprachrohr der ukrainischen Geflüchteten. Es gehe um verstehen und verstanden werden, so die Initiatoren. Und auch darum, Bewusstsein für die Hilfe vor Ort zu schaffen.
Lange ist der Kriegsbeginn nicht her, aber viele haben die Geschehnisse vor einem Jahr dennoch bereits vergessen: Es ist der Februar 2022. Die Invasion Russlands in der Ukraine. Millionen Menschen müssen flüchten, um ihr Leben zu retten. Aber wohin? Für halb Europa steht fest: nach ein paar Wochen ist alles wieder vorbei.
Darauf wollten Mariya Lohr und Jürgen Trattmayr aber nicht warten. Sie gründeten im März einen Linzer Sozialverein, der sich Café KYIV nennt. Und halfen so all jenen, die nach Linz geflüchtet waren, hier ein neues Zuhause zu finden.
Der Verein unterstützt, hilft und betreut Frauen und Kinder, die aus der Ukraine aufgrund des Krieges flüchten mussten. Ein Engagment, das auf eigener Betroffenheit fußt: Mariya Lohr hat selbst ukrainische Wurzeln, lebt aber bereits seit neun Jahren in Österreich und hat davor in Deutschland gewohnt. Ihre Familie lebte bei Kriegsausbruch und bis vor gut eineinhalb Monaten in der Ukraine.
"Es ist furchtbar, wenn man ständig in den Medien von Bomben und all den schrecklichen Dingen hört, man in Sicherheit in Österreich sitzt und den Menschen vor Ort nicht helfen kann", so Jürgen Trattmayr über die Familie seiner Frau.
Also beschlossen die beiden, in Linz zu helfen - und das mit Erfolg: Seit der Gründung wurden mehr als 15.000 Speisen und Getränke, Kleidung und auch Decken verteilt. Deutschkurse und Infoveranstaltungen zur Orientierung wurden organisiert. Und auch beruflich wurde geholfen: Eine Jobbörse mit dem AMS wurde gegründet und ein ganzes Ausbildungscenter organisiert.
Das Seniorencafé und der Jugendclub sorgen dafür, dass für jedes Alter etwas geboten wird. Auch ein Sprachcafé darf natürlich nicht fehlen, denn immerhin geht es darum, eine noch bessere Eingliederung der Geflüchteten zu garantieren.
Mittlerweile sind über 1.400 Ukrainer dank des Café KYIV vernetzt. Für die vertriebenen Frauen und Kinder dienen die Räumlichkeiten längst als neues zu Hause, für manche ist es auch mit ihrem Wohnzimmer zu vergleichen. 99% der freiwilligen Helfer sind ukrainische Frauen und Vertriebene.
Fehlende Unterstützung
Aller Anfang ist schwer. Im Café KYIV ging jedoch alles sehr zügig. Die Idee wurde bei SUNUA (Support Ukraine Now Upper Austria) vorgestellt und das Potential der Idee erkannt. Somit wurde mit der Umsetzung sofort begonnen. Innerhalb von nur zwei Wochen war die gesamte Einrichtung renoviert und neu eingerichtet.
Mit privaten Mitteln begannen Lohr und Trattmayr den Aufbau des Vereins. Erst im Herbst 2022 bekamen sie Förderungen vom Land Oberösterreich. Davor wurden sämtliche Kosten vom Klopapier bis zu den Lebensmitteln und den Druckkosten aus eigener Tasche bezahlt. Dafür griffen sie auf ihre Ersparnisse zurück. "Man geht eine Verantwortung ein, die man nicht einfach abstreifen kann", so Trattmayr im Hinblick auf die fehlenden finanziellen Mitteln. Besonders betont er jedoch auch die Unterstützung durch den Linzer Bürgermeister, Klaus Luger. Nicht nur finanziell unterstützte Luger das Projekt, sondern er sorgte auch für Möbel im Ausbildungscenter. Eine riesen Unterstützung sind auch die Lieferungen der Lebensmittelretter sowie auch "Foodsharing", die die Versorgung der Menschen durch Essen gewährleisten.
Aber je mehr der Krieg für viele in Österreich zur neuen Normalität wurde, desto mehr ebbte die Hilfsbereitschaft ab. "Die Unterstützung wird leider immer weniger", bedauert Trattmayr, der auch seitens der Politik auf Unterstützung hofft. Die Hilfe anhand von Förderungen sei immer sehr unsicher, denn man wisse nie, wann man wie viel Geld bekommt. Trattmayr und Lohr fürchten angesichts der fehlenden Spenden bereits, nicht im selben Ausmaß wie bisher weitermachen zu können.
Mit der Ausstellung im Alten Rathaus wollen die Engagierten nun an den Krieg erinnern - und daran, dass es noch immer viele gibt, die Hilfe brauchen. Sie soll mit Fotos und Bildern vom Krieg in der Ukraine die Linzer wieder wachrütteln.
Neues Sprachrohr
Die Frauen des Café KYIV sind ständig im Einsatz. Sie sind Helfer und Betroffene zugleich. Sie haben die gleichen Probleme und Sorgen, wie die Menschen, die sie betreuen. Aber sie haben es geschafft, sich neu zu strukturieren und einzufinden. Sie sind in Linz angekommen.
Die Ausstellung ist ihr Sprachrohr – die Bilder sind ihre Augen und ihr Schmerz. Es geht um Politik, Kultur, Frauen und Kinder, Hilflosigkeit und Krieg. Ziel der Ausstellung ist es, auf die täglich stattfindenden Kriegsverbrechen aufmerksam zu machen und den Krieg in der Ukraine nicht zu ignorieren. Tag ein, Tag aus werden zivile Ziele beschossen und bombardiert. Täglich sterben unschuldige Zivilisten und Kinder, ganz abgesehen von den Männern an der Front.
Deshalb werden Einblicke in das Kriegsgeschehen gezeigt, wie auch die Bilder des Krieges. Ein Jahr, ein Krieg - ein Jahr Sterben in der Ukraine und der neue Kriegsalltag.
Wachrütteln
Die Eröffnung der Ausstellung fand am Montag im Foyer des Alten Rathauses statt. Bis einschließlich 27. Februar wird die Ausstellung für Besucher zu sehen sein. Es werden Eindrücke anhand von Fotos von bekannten ukrainischen Künstlern und Fotografen gezeigt, wie beispielsweise Vlada und Kostyntyn Liberov und auch Inga Zhytnia.
Auch ein Friedensmarsch, zur Erinnerung an den Kriegsausbruch, wird es am 24. Februar in der Linzer Innenstadt geben.
Trattmayr über die Zukunft der ukrainischen Frauen: "Unser großes Ziel ist es, dass die Frauen in die Wirtschaft kommen. Sie haben bisher in dem Ausbildungszentrum des Café KYIV gute Erfolge erzielt, sind fit fürs Berufsleben und gut in der Sprache. Manche haben sogar Unternehmen geleitet. Seit der Ankunft der Frauen leben diese nun in Gastfamilien, das ist jedoch auch keine Dauerlösung. Schwierig wird es werden, wenn sich die Frauen selbst Wohnungen finanzieren müssen."
In ihrem Vorkriegsleben machten Vlada und Kostyantyn Liberov schöne Hochzeits- und Familienfotos, jetzt widmet das Ehepaar seine Arbeit der Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in der gesamten Ukraine. Da, wo gerade die Hölle ist, gehen sie mit ihrer Kamera hin und werden zu Augen, die für die ganze Welt die Schrecken des Krieges bezeugen, des Krieges, den sich keiner von uns mitten in Europa im 21. Jahrhundert vorstellen konnte.
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Seit dem Beginn der russischen Invasion arbeitet die Künstlerin aus Kyiv an einer Bilderserie „Ikone des 21. Jahrhunderts“. Diese Reihe ist ukrainischen Städten gewidmet, die angegriffen oder zerstört wurden. Tragödien aus dem Bekanntenkreis und das gemeinsame nationale Trauma veranlassten die Autorin, eine Reihe von Ikonen zu kreieren.
Da Inga selber zweifache Mama ist und das Leben eines Flüchtlings mit Tausenden anderen ukrainischen Familien teilt, weiß sie ganz genau, was die Frauen bzw. Mütter gerade erleben. Und deshalb stellt die Künstlerin ukrainische Frauen als Heiligenbilder und Märtyrerinnen dar.
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