Über Salz-Mohn-Flesserl, fremdländische Kulturmängel und eine Insolvenz

Über Salz-Mohn-Flesserl, fremdländische Kulturmängel und eine Insolvenz
Jenseits der Heimat verfliegt der Zauber des edlen Gebäcks rasch. Oder: Wer ein Flesserl ohne Salz isst, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Wenn es den Oberösterreicher in die Ferne zieht, dann vermisst er rasch so einiges. Allen voran und ganz besonders sein Salz-Mohn-Flesserl.

Dass es jenseits der Landesgrenzen nicht Flesserl, sondern Striezel oder gar Weckerl heißt, das könnte er unter Umständen noch als unkultivierte Eigenheit der Fremdländer durchgehen lassen. Der Oberösterreicher ist ja ein großzügiger, besonnener Mensch.

Spätestens beim Salz hört sich der Spaß allerdings auf. Selbiges fehlt nämlich grundsätzlich auf den Gebäckstücken, die sich Bäcker jenseits der Heimat anzubieten trauen. (Manch einer - Gott behüte! – bestreut sie gar mit Sesam.) Wie kann man nur!

Mit Butter

Dass die Striezel obendrein meist bröselig und trocken sind, verwundert an dieser Stelle nur noch wenig.

Da bleibt nichts von Zauber des so herrlichen Flesserls, wie wir es von Zuhause kennen: Saftig, ja fast ein wenig teigig, intensiv im Geschmack. Wer es nicht aufschneidet, bricht es (noch besser!) beherzt auseinander, woraufhin der geflochtene Zopf sein duftendes Inneres offenbart. (Zuerst wird freilich das kleine Zipferl am Ende rituell abgerissen.)

Was ins Flesserl gehört? Butter. Sie harmoniert perfekt mit dem Aromenspiel von Mohn und Salz.

Eine Zuflucht

Die Debatte über die Flesserl kehrt in regelmäßigen Abständen wieder. Neue Brisanz hat das Thema diese Woche erhalten, als der oberösterreichische Kult-Bäcker Helmut Gragger mit seiner Kette „Gragger & Cie“ Insolvenz anmelden musste.

In mehreren Filialen in Wien bot er Oberösterreichern eine  - nicht ganz billige - Zuflucht. (Dass die Stadt Wien erst unlängst vergeblich mit Kapital aushalf, kann als Geste der Demut vor der oberösterreichischen Backkunst gesehen werden, nützte aber letztlich auch nichts mehr.)

Wer nun selbst Hand anlegen will, kann sich an dieses Rezept halten: Aus 1 Kilo Weizenmehl (Typ 700), 20 g Backmalz, 20 g Germ, 20 g Salz und 570 g lauwarmem Wasser wird ein Germteig zubereitet, der 30 Minuten gehen darf.

In 80-Gramm-Stücke aufgeteilt geht es nun daran, aus den Teigstücken ein Flesserl zu flechten. Der Teigstrang, den Sie benötigen, sollte zirka 40 Zentimeter lang sein und muss zu einem 8er geformt werden, bevor Sie die Enden durch die Schlingen stecken können. (Ohne Bildanleitung geht da fast nix. Und ja, hier dürfen Sie erstmals fluchen.)

Anschließend werden die Flesserl mit Wasser besprüht, mit Mohn und Salz bestreut – und dürfen auf dem Blech nochmals für 10 Minuten gehen, bevor sie ins Rohr kommen. Und zwar bei 210 Grad Heißluft, mit viel Dampf (eine Schale mit Wasser hilft) und für 20 Minuten.

Ergibt rund 20 Flesserl. Das könnte bis zum nächsten Heimatbesuch reichen.

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