ÖVP Linz will 2024 mehr Vorrang für Fahrrad und Fußgänger

ÖVP Linz will 2024 mehr Vorrang für Fahrrad und Fußgänger
36 Millionen Euro investiert Linz in Straßenbau und Verkehr. Verbesserungen für sanfte Mobilität stehen am Plan. Eine Analyse.

Als höchst unambitioniert und überholt muss das 122 Seiten starke Mobilitätskonzept „Auf die Plätze, fertig, Linz“ bei genauer Betrachtung schon jetzt bezeichnet werden. 

Denn das 2021 als „Aufbruch in die Zukunft mit einem zukunftsorientierten Verkehrskonzept“ gefeierte Strategiepapier hat für den Radverkehr im Jahr 2030 in Linz das Ziel vorgegeben, dass 10,5 Prozent der Fahrten in der oberösterreichischen Landeshauptstadt mit dem Fahrrad absolviert werden sollen – und das ausgehend von einem Wert von 7,5 Prozent, der 2012 (!) erhoben wurde. 

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Für 2040 sieht dieses Mobilitätskonzept einen Radfahranteil von 12,5 Prozent vor – bei gleichbleibendem Anteil von Fußgängern (22 Prozent) und leicht steigendem Anteil des öffentlichen Verkehrs (von derzeit 21,4 auf 25,5 im Jahr 2030 und 27 Prozent im Jahr 2040).  Lesen Sie hier: 

  • Wie die Linzerinnen und Linzer Verkehrsteilnehmer dieses Mobilitätskonzept bereits überholt haben
  • Welche Maßnahmen Verkehrsstadtrat Martin Hajart (ÖVP) plant
  • Warum gute Verkehrspolitik für den Wirtschaftsstandort wichtig ist

Beim motorisierten Individualverkehr – sprich: dem Auto – geht das Mobilitätskonzept von einem Zielwert von 42 Prozent im Jahr 2030 aus. Die Verkehrserhebung  aus dem Jahr 2022 hat bereits jetzt einen Ist-Wert von 42,1 Prozent ergeben. Für 2040 hält das Mobilitätskonzept aus dem Jahr 2021 lediglich eine weitere Reduzierung auf 38,5 Prozent Auto-Anteil am Linzer Verkehr für erstrebenswert. 

Politik überholt

Die Zahlen aus der Verkehrserhebung 2022 zeigen – in Relation zum Mobilitätskonzept der Stadt gesetzt – eines deutlich: Das Mobilitätsverhalten der Linzerinnen und Linzer überholt die von der Politik gesteckten Ziele. Und das, obwohl die Rahmenbedingungen nicht wesentlich verbessert wurden. 

Dennoch weist die neueste Verkehrserhebung aus, dass bereits 10,7 Prozent der Wege  mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Ein Vergleich macht sicher, dass es noch besser geht: Innsbruck weist  2019 schon einen Radanteil an 35 Prozent aus, Salzburg hält bei 21, Graz bei 19,3 Prozent (Erhebung 2019).  

Nur Wien (9 Prozent, 2022) liegt beim Radfahren hinter Linz, aber auch nur, weil der Öffi-Anteil in der Bundeshauptstadt gleich um zehn Prozent höher liegt als in Linz. 

Das soll sich ändern, denn „Linz soll nicht letzter sein“, sagt ÖVP-Verkehrsstadtrat Martin Hajart und will 2024 damit beginnen. Das Mobilitätskonzept wurde vor seiner Zeit erstellt, in seiner Strategie stehen ganz andere Zahlen und Ziele. Bessere. Demnach soll Linz 2032 – also zum Zeitpunkt der nächsten Verkehrserhebung des Landes – schon 18 Prozent Radanteil ausweisen. 2042  soll der Radanteil gar 25 Prozent betragen.  

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Der Autoanteil soll erst auf 34,5 und bis 2042 auf 26 Prozent reduziert werden. Wie das gehen soll? Hajart bezeichnet den Hauptplatz im KURIER-Gespräch  – zurecht – als exemplarisch für Linz: „Der Verkehr ist nicht geregelt, es herrscht Mischverkehr, die Konflikte sind sehr aufgeladen.“ Deshalb müsse die Verkehrspolitik eingreifen und den Platz auf den Straßen neu ordnen und auch neu verteilen. 

Die Brückenlösung

Hauptplatz und Nibelungenbrücke sind zwei Bereiche, die 2024 verbessert werden, verspricht Hajart. Denn  auf der Nibelungenbrücke – nach Fertigstellung der Westringbrücke – auf beiden Seiten baulich getrennte Radstreifen in beide Fahrtrichtungen  zur Verfügung gestellt. 

Martin Hajart

Die Abfahrten von der Brücke werden auf beiden Seiten der Donau massiv verbessert und an die querenden Radwege entlang der Donau angebunden. Und dann wird der Hauptplatz tatsächlich autofrei, versichert Hajart – samt massiver Verbesserung  für Radfahrer über den Hauptplatz. 

Mehr lesen: Linzer Nibelungenbrücke: Autofrei oder nicht ist hier die Frage

Dazu beitragen werden auch die Verbesserungen  in der Ledergasse, der Radweg nach St. Margarethen, die Anbindungen der Industriezeile, bessere Anbindungen der  Museumsstraße an den City Radweg, sowie bessere Anbindungen des Hauptbahnhofs samt nötiger neuer Fahrradgarage – die allerdings noch auf sich warten lässt.

2024 werden im Verkehrsressort von Martin Hajart auch Öffi-Verbesserungen umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht. Neben dem (endlich) möglichen Finanzierungsbeschluss der Stadt für die S-Bahn und die O-Busse nehmen die Linien 150 und 108 ihren Betrieb auf.

Gute öffentliche Anbindungen sind für Hajart  künftig auch Bedingung für die Zustimmung der Volkspartei bei Änderungen des Bebauungsplans, betont  Hajart. Nur so sei „mehr Bewegung für Linz“ möglich, denn gute Verkehrspolitik sei für den Wirtschaftsstandort eine wichtige Voraussetzung, will er neues Denken  in die Verkehrspolitik der Stadt bringen: „Stau ist keine Wirtschaftspolitik.“ 

Wirtschaftspolitik

Das gelte übrigens auch für die Freizeit, nicht nur für den Verkehr. Denn oft hänge die Entscheidung für einen Standort an den (Freizeit-) Möglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weiß Hajart. Deshalb pocht er auch 2024 darauf. „Die Badebucht auf der Urfahraner Seite der Donau darf nicht wegfiletiert werden.“ 

Wobei er ein Projekt, das mit der Donaubucht oft gemeinsam diskutiert wurde, derzeit nicht aufgreifen will: Eine zusätzliche Donaubrücke für Radfahrer und Fußgänger. Hajart: „Wir haben so viele offene Themen, die wir vorher auf den Boden bringen müssen.“  

Worauf Hajart 2024 auch große Stücke setzt: Das Mobilitäts-Dashboard. Auf allen Brücken der Stadt werden Detektoren installiert, die  das aktuelle Verkehrsaufkommen und den Verkehrsmix in Linz transparent auf neue Verkehrsinfo-Stelen in der Stadt kommunizieren. „Das ermöglicht eine genaue Analyse der  Verkehrsströme und  wirkt bewusstseinsbildend“, ist sich  Hajart sicher.  

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