Linzer Stadtautobahn: Kritik am Abriss einer ganzen Häuserzeile
Seit Jahren sind die früheren Bewohner abgesiedelt, die Häuser in der Waldeggstraße über dem Linzer Hauptbahnhof dem Verfall preisgegeben. Der Grund: Die Westringautobahn soll genau dort unter dem Bergschlösslpark wieder an die Oberfläche kommen.
Der Platzbedarf für die Einbindung der neuen Autobahn ist enorm. Die Arbeiten dafür wurden nun gestartet. In der Waldeggstraße arbeiten unermüdlich die Bagger, um eine ganze Häuserzeile abzureißen. Gut zu sehen auch, wenn man von Linz im Zug Richtung Westen fährt.
Auch dieser Abriss wird - wie die gesamte derzeit 1,2 Milliarden teure Stadtautobahn - von den Gegnern mit Kritik und Protesten begleitet. "Über 350 Meter lange, teils historische Bausubstanz mit zig-tausend Quadratmetern Wohnfläche wird nach eineinhalb Jahrzehnten bewusstem Leerstand für den zweiten Teil der Autobahn geopfert", ist Christian Trübenbach vom Verein "Zukunft statt Autobahnbau - Nein zur A26 in Linz" fassungslos.
Gegen den Abriss stellt sich auch ein überregionales Bündnis von Architekten und Wissenschaftlern. „Linz scheitert augenscheinlich an der dringend notwendigen Bau- und Verkehrswende, das zeigt der Abriss der Häuserzeile als städtebauliches wie ökosoziales Worst-Case-Szenario,“ hält Norbert Mayr, Sprecher der überregionalen Initiative „Bauwende_Abrissstopp“ fest.
"Brauchen öffentlichen Verkehr"
Dem pflichtet Mirko Javurek von Scientists4Future bei: "Wir brauchen einen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr und attraktive Bedingungen fürs Radfahren und zu Fuß gehen statt fossiler Straßenbauprojekte, die potentiellen Wohnraum vernichten, exorbitante Kosten verursachen und enorme Mengen CO₂ erzeugen." Das passe nicht mit dem Ziel der Regierung, 2040 klimaneutral sein zu wollen, zusammen.
Und Anna Minta, Architekturhistorikerin und Professorin für Geschichte und Theorie der Architektur an der Katholischen Privat-Universität Linz ergänzt: „Mit Abrissen historischer Bausubstanz geht immer auch ein Stück Stadt- und Sozialgeschichte verloren. Die Vielfalt der gebauten Vergangenheit muss jedoch auch in der Gegenwart erlebbar sein, um darüber ein Traditionsbewusstsein wie auch Inspirationen und innovative Konzepte für die zukünftige Stadtgestaltung zu entwickeln.“
"Stadtentrée geht verloren"
Dass Linz durch den Abriss zudem auch ein wichtiges Stadtentrée verliert, werde ebenfalls oft übersehen, fügt Christian Eibel von der "Bauwende Abriss-Stopp" hinzu.
„Anstatt dieses wichtige Tor zur Stadt entsprechend sinnvoll im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu gestalten und das wahre Problem, nämlich den ausufernden Autoverkehr einzudämmen, ließ man die Häuser jahrzehntelang zum Schandfleck verkommen, um sie nun endgültig zu zerstören“, kritisiert Eibel.
Stadt und Land bleiben jedenfalls auf Autobahnkurs, eben erst haben die Politiker beider Körperschaften trotz der massiven Erhöhung der Kosten auf 1,2 Milliarden Euro ihre Zustimmung zum Weiterbau erteilt. Unterdessen gehen die Bemühungen um eine Volksbefragung in Linz zur Autobahn weiter.
Bemerkenswertes Detail am Rande: Die Baufirma, die mit dem Abriss beauftragt wurde, plakatiert auf einem der Abrisshäuser groß: "Wir schaffen Platz für die Zukunft", bebildert mit einem zarten Pflänzchen. Das Ergebnis an dieser Stelle soll allerdings Asphalt für die Autobahn sein.
Der Bau des Tunnels Freinberg inklusive des Bahnhofknotens und der Unterflurstraße bei der Waldeggstraße ist laut Asfinag von März 2026 bis Ende 2032 im Bauzeitplan vorgesehen.
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