Dass in dieser Zeit gleichzeitig begonnen wurde, in die Kultur zu investieren, hat letztlich den Weg zur Kulturhauptstadt zumindest vorbereitet, ist der frühere Bürgermeister Dobusch im Doppelgespräch mit Manfred Grubauer, dem langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden von Linz Tourismus, überzeugt.
Linz09
Und dass die Kulturhauptstadt für die Entwicklung und Positionierung der Stadt eine Rolle gespielt hat, steht ebenfalls außer Streit. Und in diesem Zuge wurden die Slogans „In Linz beginnt’s“ und „Linz, eine Stadt lebt auf“, von „Linz verändert“ abgelöst. Georg Steiner, seit 2007 bis 2023 Tourismusdirektor, stellte in Linz das Thema „Mensch sein“ in den Mittelpunkt.
Im Buch „Verändert, Linz“, kommt auch Michael Shamiyeh zu Wort, UNESCO-Lehrstuhlinhaber mit Abschlüssen in Harvard und St. Gallen und Beiratsmitglied der voestalpine.
Shamiyeh setzt sich seit 30 Jahren mit Linz auseinander und hat dabei eine Eigenheit ausgemacht, die er Linz zuschreibt, die die Stadt „nicht nur von anderen Städten differenziert, sondern ihr auch ein unglaubliches Vermögen an alternativen Entwicklungspfaden“ beschere: „Ich nenne diese Eigenschaft befreienden Pragmatismus der Linzer und Linzerinnen.“
Seine Erklärung: Während in anderen Städten Selbstbilder entstanden seien, die an „unveränderliche Prinzipien“ gebunden seinen, würden derartige Festschreibungen in Linz fehlen: „Es scheint sogar so, dass der Pragmatismus der Linzer und Linzerinnen sich immer neu auf die jeweilige Situation einzulassen, jeglichen Ansätzen von einer Verstetigung eines bestimmten Selbstbildes bewusst zuwiderläuft.“
Was im Klartext heißt: Die Stadt scheine ihm von jeglichem Beharrungsvermögen befreit: „Tür und Tor wird damit stets dem Neuen, der Innovation geöffnet.“
Die Menschen
Linz – das sind die Menschen, die hier leben. Darauf hat der Tourismus in den vergangenen Jahren gesetzt. Kira Saskia Schinko, eine junge Linzer Kommunikationsexpertin, die nach Jahren in Neapel, New York, Wien und Hamburg fast reumütig wieder nach Linz zurückgekehrt ist, bringt das auf den Punkt: „Dass die Linzerinnen und Linzer die größten Sehenswürdigkeiten der Stadt sind, hat auch der Tourismus wahrgenommen.“ Das Wegwollen und doch wieder Zurückkommen liege Linzern in den Genen, meinte sie überdies.
Im Zuge von und nach Linz09 seien viele Menschen „durch Selbstwirksamkeit Teil der Stadtentwicklung geblieben oder geworden“, resümiert sie. Etwas, das ihr im Moment fehle: „Die Stadt sollte frei von Nachahmungen bleiben, die wir nie nötig hatten. Und vor allem ihre einzigartige Offenheit und Vielfalt nicht verspielen.“
Aber wie sehen die Linzer sich selbst? Das hat die JKU mit der zuvor angesprochenen Studie erforscht.
Die Umfrage
Grundsätzlich hat die Gesamtbevölkerung von Linz eine sehr positive Einstellung zu Linz und dem Linzer Leistungsspektrum – wobei diese Beurteilung bei älteren Linzerinnen noch besser ausfällt.
Ebenso sehen genussorientierte, kulturaffine, moderne oder ländlich geprägte Menschen Linz deutlich positiver, junge Menschen, die sich ihren Lebensstil nur schwer leisten können, sehen das genau konträr.
Dass Linz eine Reise wert ist, sagen 71 Prozent der Linzer über ihre Stadt. Und anders gefragt sagen zehn Prozent, dass man nach zwei Tagen in Linz von der Stadt begeistert sei, 18 Prozent hätten Linz nicht so erwartet und 15 Prozent sagen: Zwei Tage sind für Linz zu kurz.
Was der Studienautor insgesamt für sehr positiv hält. „Authentisch sein und bleiben ist uneingeschränkt gut. Dazu gehört aber Mut, viel Mut“, fasst Christoph Teller von der JKU die Ergebnisse zusammen.
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