Vergrabene Leiche: Schwester kritisiert Ermittlungen der Polizei
Der Fall Christa P. beschäftigt das Land weit über die Stadt Linz hinaus. Die 54-Jährige war am 14. Oktober des Vorjahres plötzlich spurlos verschwunden. Jetzt wurde ihre Leiche gefunden - vergraben in einem Feld in der Nähe der Wohnung eines Mannes, der ursprünglich gesagt hat, sie habe diese an dem Tag in der Früh lebend verlassen. Jetzt sagt er: Die Frau sei tot gewesen, er hätte sie aus der Wohnung geschafft und vergraben.
Petra, die Schwester der Verstorbenen, hat monatelang mit einer Wienerin, die auf die Suche nach verschwundenen Tieren spezialisiert ist, nach Christa gesucht. Und daran geglaubt und bis zuletzt gehofft, dass die Schwester noch lebt. "Ich habe zwei Tage nur gesoffen", sagt sie nüchtern am Tag nach dem Auffinden ihrer Schwester ins Telefon.
Viele Fragen offen
Für sie sind viele Fragen offen. Zu viele. Etwa, dass die Ermittler lange in Betracht gezogen hätten, dass die 54-jährige Mutter zweier Kinder "und begeisterte Oma, die immer trocken war, wenn sie auf ihre Enkerl geschaut hat", wie Petra versichert, einfach so verschwunden sein könnte.
Wie das bei Personen im Drogen- und Alkoholikermilieu gerne angenommen werde, ist Petra heute noch verzweifelt. Denn ihre Schwester hätte just für den Tag ihres Verschwindens die Übersiedelung in eine neue Wohnung geplant.
"So jemand verschwindet doch nicht einfach so genau an dem Tag", ist sie sicher, "bei einem Bankdirektor hätte die Polizeiarbeit ganz anders ausgesehen. Wir sind nicht ernst genommen worden."
Die Polizei hätte viel nachdrücklicher in Betracht ziehen müssen, dass ihre Schwester nicht einfach so verschwunden ist. Und auch jetzt könne sie nicht nachvollziehen, dass nicht in Betracht gezogen werde, dass Christa vielleicht doch nicht eines natürlichen Todes gestorben sei.
Fake-Profile aufgetaucht
Etwa deshalb, weil Monate nach ihrem Verschwinden plötzlich Fake-Profile unter ihrem Namen auf Facebook aufgetaucht sind, von denen auch Nachrichten geschickt wurden. Etwa auf der Seite ihres bereits verstorbenen früheren Partners, wo ein "Hilferuf" abgesetzt wurde.
Oder Nachrichten, in denen die Mutter der Frau gebeten wurde, Geld zu schicken, weil sie sich gerade aus einer Sekte in Bulgarien befreit hätte. Für Petra und ihre Freundin klare Anzeichen: "Da wollte jemand den Anschein erwecken, dass Christa noch lebt." Und stellt die Frage: "Wer hätte daran Interesse haben können?"
Waren andere Personen involviert?
Auch andere Aspekte sind den beiden Frauen während der Suche und nach Auffinden der Leiche suspekt. Etwa, dass der Fall bei der Polizei häufig wechselnde Zuständigkeiten gehabt hätte. Oder ob allen Aussagen aus der "Szene" nachgegangen wurde, dass der nun als einziger Verdächtige geltende Mann an dem Abend mit zwei anderen unterwegs gewesen sei. Darunter mutmaßlich ein Mann, der als Drogenlieferant in der Szene gelte.
Unklar ist auch, wie es der Verdächtige geschafft haben soll, die fast 70 Kilo schwere tote Frau ungesehen vom dritten Stock seiner Wohnung zum Feld zu bringen und dort so zu vergraben, dass niemand sie trotz intensiver Suche finden konnte. "Und das, wo er behauptet, selbst stark alkoholisiert gewesen zu sein", wundert sich die Schwester der Toten.
Suche nach 10.000 Euro
Darüber hinaus soll es einen "Gönner" Christas geben, der ihr finanziell oft geholfen habe, etwa bei der Miete. Zuletzt soll er der Frau 10.000 Euro überlassen haben, will die Schwester wissen. Wo das Geld geblieben ist, sei ungeklärt. Der Mann ist übrigens in der Zwischenzeit ebenfalls verstorben.
Was Petra ebenfalls sauer aufstößt: "Die Polizei hat mir mit Anzeigen gedroht. Die haben mir verboten, nach meiner Schwester zu suchen und Leute in den Lokalen, wo sie immer war, dazu zu befragen."
Keine Einsicht in die Akten
Auch hätte sie keine Akteneinsicht erhalten - zu Recht zu dem Zeitpunkt, weil nur Angehörige von Toten als "Opfer" gelten, denen Akteneinsicht zu gewähren sei, bestätigte die Staatsanwaltschaft. Zu dem Zeitpunkt wurde übrigens gegen einen Linzer wegen "Freiheitsentzug" in diesem Fall ermittelt. Was wieder eingestellt wurde.
Petra hat im Andenken an ihre verstorbene Schwester nur einen Wusch: "Jetzt muss die ganze Wahrheit auf den Tisch."
"Alles mögliche gemacht"
Dabei will die Staatsanwaltschaft Linz mitwirken, versichert deren Sprecherin Ulrike Breiteneder. "Ab dem Zeitpunkt der Anzeige hat die Polizei alles mögliche gemacht", ist sie überzeugt. Die angeordnete Obduktion spiele dabei auch eine Rolle, das Ergebnis liegt aber noch nicht vor.
Es sei alles überprüft worden, Anhaltspunkte für eine Gewaltverbrechen gebe es nicht. "Es gab eine Durchsuchung, der Mann war kurzzeitig festgenommen, alle Personen wurden befragt, es ist in alle Richtungen ermittelt worden", betont Breiteneder, "wir machen da keinen Unterschied bei einem Opfer."
Und sie betont neuerlich: "Für eine Untersuchungshaft liegen keine Gründe vor." Sollten sich bei der Obduktion neue Fakten ergeben, würden diese neu bewertet. Und zu den Fake-Profilen habe man bereits eine Anfrage an Facebook gestellt, wer diese erstellt habe. Als relevant für den Fall schätzt Breiteneder diese aber aktuell nicht ein.
Seitens der Polizei wurde die KURIER-Anfrage zur Polizeiarbeit in dem Fall übrigens mit Verweis auf die Staatsanwaltschaft nicht beantwortet.
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