Dietmar Prammer soll Linzer SPÖ aus der Krise führen
"Es war eine neue Erfahrung für mich, dass mir im Stadion von Blau Weiß Linz Leute auf die Schulter klopfen und ein Selfie mit mir wollen."
Dietmar Prammer hat am Wochenende, kurz nach seiner Nominierung zum SPÖ-Parteichef und Linzer Bürgermeisterkandidat als Nachfolger des in seiner Lügen-Affäre zurückgetretenen Stadtchefs Klaus Luger, einen ersten Vorgeschmack auf das erhalten, was ihm in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht. Nur, dass er und die SPÖ, sowohl in Linz als auch im Bund aktuell nicht so gut dastehen, wie Blau Weiß Linz beim 3:0-Sieg gegen Rapid.
Den offiziellen Wechsel in die allererste Reihe der SPÖ Linz tritt er am Dienstag bei der Pressekonferenz in Linz alleine an. Nur SPÖ-Bezirksparteigeschäftsführerin Beate Gotthartsleitner ist an seiner Seite. Am Montag konnte er offiziell das gleiche Ergebnis erzielen, wie vor einer Woche noch Klaus Luger.
Prammer wurde mit 100 Prozent der gültigen Stimmen des Parteivorstandes zum Parteichef und Bürgermeisterkandidaten gewählt - nur eine von 35 Stimmen sei ungültig gewesen. Nun folgt eine Mitgliederbefragung, von der sich Prammer zusätzliche Motivation erwartet. Diese startet aber erst nach der Nationalratswahl. Apropos Mitglieder: Aktuell habe es Austritte in der Lügen-Affäre gegeben, genaue Zahlen wollte Prammer nicht preisgeben: "Viele treten ja dann wieder ein, wir reden mit allen, die ausgetreten sind."
Prammer, der am 9. September 50 wird und in einer Lebensgemeinschaft lebt, tut sich aber sichtlich schwer, sich von Luger abzugrenzen, vor allem inhaltlich. "Ich kenne Luger seit meinen Jugendjahren, ich war Sekretär der sozialistischen Jugend. Ich habe ihn in den 30 Jahren sehr schätzen gelernt, das war nicht immer so. Auf das, was er für Linz geleistet hat, darauf kann er, darauf können wir stolz sein.“
"Hätte mir bessere Startmöglichkeiten gewünscht"
Das klingt nicht nach einem Neuanfang. Wobei Prammer in Bezug auf Luger auf Nachfrage klarstellt: "Ich war sehr enttäuscht über seine Vorgangsweise der letzten Monate, dass er uns im Unklaren gelassen hat, über das, was er gewusst hat. Ich bin enttäuscht, dass er uns in diese Situation gebracht hat. Ich hätte mir bessere Startmöglichkeiten gewünscht."
Jedenfalls distanziere er sich nicht von Lugers Leistungen, sehr wohl aber von dessen Fehlverhalten. Wobei Prammer auch da sehr genau auf seine Wortwahl achtet: "Uns ist es wichtig, in der Causa LIVA (Linzer Veranstaltungsbetrieb, Anm.), in der Causa Kerschbaum für Aufklärung zu sorgen." Kein Wort von Lugers Lügenaffäre.
"Brucknerhaus und Posthof wieder in Fahrt bringen"
Darüber werde er auch mit den anderen Fraktionen reden, er stehe für volle Transparenz und werde auch die Frage stellen, wie "wir die Strukturen besser aufstellen“ können. Das sei auch für die Reputation von Posthof und Brucknerhaus wichtig: "Wir müssen diese beiden Häuser wieder in Fahrt bringen."
Zu dem von den Parteien geforderten Pakt für Aufklärung und Stabilität stehe auch er, sagte Prammer: "Was besprochen ist, wird eingehalten, wir werden keine Abkehr von unseren Projekte vornehmen."
Der Schritt, sich nach dem Vertrauensbeweis für Luger sich doch von ihm abzuwenden, sei kein leichter gewesen: "Die Leistungen Lugers als Bürgermeister und davor waren ja herausragend." Aber er habe es auch als negativ empfunden, "wie wir als Partei agiert haben".
Aber er habe den Vertrauensbeweis "zum damaligen Zeitpunkt für die beste Option" gehalten: "Aber uns war relativ schnell klar, dass das nicht zu halten sein wird."
Guter Kontakt zu Babler
Kritische Stimmen zu Andreas Babler hört man von Prammer nicht. Da tritt er öffentlich ganz anders auf als sein Mentor und politischer Ziehvater Luger. "Ich habe am Freitag mit Babler telefoniert, er hat mir seine Unterstützung zugesichert, ich ihm unsere." Das gelte übrigens auch für die Zusammenarbeit zwischen Prammer und OÖ-Landesparteichef Michael Lindner.
Bei den Nationalratswahlen gehe es "um ein gutes Abschneiden der SPÖ und um ein gutes Abschneiden unseres Kandidaten Roland Baumann". Der ist übrigens - klassisch Linz - Betriebsrat in der Voest. Beim Wahlkampfauftakt der Bundes-SPÖ in Linz wird Prammer jedenfalls dabei sein, "da werden Babler und ich auch persönlich miteinander reden".
geboren am 9.9.1974
Bildungsweg: Volksschule 40 Mengerstraße, Bundesrealgymnasium Khevenhüllerstraße, Jus-Studium an der Johannes Kepler Universität, Masterstudium General Management an der Hamburger Fern-Hochschule
Berufsweg: selbstständiger Werbegrafiker, Rechtspraktikum am Bezirksgericht Linz-Land und am Landesgericht Linz, Amt der Oö. Landesregierung, Verfassungsdienst/SPÖ-Landtagsklub und Präsidium/Büro Landesrätin Gerstorfer
Politik: Prammer Vorsitzender der SPÖ-Sektion Steg St. Magdalena, Planungsstadtrat in Linz und Aufsichtsratsvorsitzender der GWG-Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft der Stadt Linz GmbH und der Immobilien Linz GmbH und der Stadtentwicklung & Immobilien der Stadt Linz Holding GmbH, sowie Aufsichtsrat der Linz Holding Gmbh und der Bezirksabfallverbände-Holding Gmbh.
Dass das Bild, das in Linz entstanden sei und mit den Diskussionen um Bablers Wahlprogramm samt der geleakten Kritik von Doris Bures fortgesetzt wird, kein besonders gutes sei, ist Prammer klar. Da will er auch nichts beschönigen: "Wie wir agieren, hilft uns nicht." Aber die SPÖ habe generell derzeit einen schweren Stand, ob sich da gerade die Causa Luger besonders negativ auswirke, wisse er nicht.
Aber zurück nach Linz. Prammer will Linz aktiv gestalten und entwickeln, nicht nur verwalten. Auf der Basis von gutem sozialen Wohnbau samt im Bundesvergleich günstigen Mieten und Gebühren, soll Linz attraktiver Wohn- und Arbeitsraum bleiben.
Deshalb stehe er auch dafür ein, dass weiterhin Flächen für Gewerbe und Industrie gesichert werden, bei der Gesundheitsversorgung in Linz wolle er sich trotz wenig städtischer Kompetenz einbringen, ebenso im Bildungswesen.
Große Klammer Klimaschutz
Eine große Klammer bilde für ihn der Klimaschutz, versicherte Prammer, das Ziel, dass Linz als Stadt 2040 klimaneutral ist, konsequent weiter zu verfolgen. Dabei erinnerte er an seine Zeit als Schulsprecher in den 80-er-Jahren, als er sich schon für Umweltschutz und gegen Atomkraftwerke eingesetzt habe.
Da stehen große kontroversielle Themen in Linz an: Verbauung des Grüngürtels, Bau der 1,2 Milliarden Euro teuren Stadtautobahn. Prammer, der im Herbst ein großes Projekt zum Thema Kreislaufwirtschaft in der Bauwirtschaft präsentieren will, wird sich gerade bei diesem Thema viele kritische Fragen stellen lassen. Eine davon: Ob der Neubau der neuen Digital-Universität im Grünland anstatt der Realisierung auf bereits verbautem innerstädtischen Industriebrachen wirklich seinen postulierten Klima-und Kreislaufwirtschaftszielen gerecht werden kann.
Prammer, der sich sein Studium als Werbegrafiker finanziert hat ("Deshalb habe ich auch etwas länger gebraucht!"), sieht sich nicht nur in der Sozialdemokratie verankert. Vielmehr verweist er auf gute Kontakte ins katholische Linz, ebenso in die Kulturszene, in der er früher aktiv gewesen sei.
Beim in Linz brennenden Thema Integration ist er auf Luger-Linie. Es gebe keine Ghettos in Linz, aber "wir haben unsere Herausforderungen. Mir geht es darum, das Zusammenleben zu fördern."
Luger fährt nicht nach Alpbach
Um abschließend nochmals auf Klaus Luger zu sprechen zu kommen. Denn Klaus Luger hat bis zuletzt noch betont, beim Forum Alpbach, bei dem der Standort Linz präsentiert werden soll, als Vertreter der Stadt auftreten zu wollen. Ob der überführte Lügner Klaus Luger der richtige Repräsentant für die Stadt Linz ist, beantwortete Prammer bei der Pressekonferenz noch ausweichend: "Das wird gerade diskutiert, ob ich einspringen sollte."
Dass Luger zum jetzigen Zeitpunkt ungeeignet dafür sei, darauf wollte sich Prammer nicht festnageln lassen: "Die Reputation von Klaus Luger für seine Tätigkeiten ist groß, sein Image ist der Außenwirkung der Stadt Linz nicht zuträglich." Wenige Stunden nach der Pressekonferenz dann die Entscheidung: Luger ist nicht mehr offizieller Vertreter der Stadt in Alpbach, das wird Prammer übernehmen. Prammer: "Das hat sich jetzt geklärt, ich bin schon unterwegs nach Alpbach und nehme heute am Abend und morgen an den Veranstaltungen teil."
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