Was Stelzer im April vom Bund forderte, lehnt er jetzt für OÖ ab
Es war Anfang April und erscheint angesichts der jüngsten Entwicklungen wie ein Scherz. Denn bei der Landeshauptleutekonferenz in St. Pölten hat diese einstimmig beschlossen, den Bund aufzufordern, gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Leerstandsabgabe zu schaffen, damit die Länder diese auch einheben können.
Oberösterreichs Landeshautmann Thomas Stelzer (ÖVP), der jetzt den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz von NÖ übernommen hat, hat diese Forderung gemeinsam mit der damals Vorsitzenden Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Landeshauptfrau von NÖ, und dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) stolz präsentiert.
Das Motto der damaligen Landeshauptleutekonferenz, "an einem Strang ziehen", galt offenbar nur auf dem Papier, zumindest in dieser Frage. Denn zwar wurden die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen längst für die Einhebung einer Leerstandsabgabe geschaffen, in Oberösterreich schließt Stelzer eine solche nun aber kategorisch aus.
Und zwar schriftlich. In der Beantwortung einer Anfrage der SPÖ lässt Stelzer auf die Frage, ob er bereits Vorbereitungsmaßnahmen für die Einführung einer Leerstandsabgabe gesetzt habe, wissen: "Nein. In Oberösterreich ist bereits jetzt eine entsprechende Regelung im OÖ. Tourismusgesetz verankert. Eine darüber hinaus gehende Belastung der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher durch eine weitere Gebühr ist aktuell nicht vorgesehen."
"Privilegien der Immobilienbesitzer geschützt"
Dass er dafür postwendend kritisiert wird, liegt auf der Hand. „Anstatt die Sorgen der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher ernst zu nehmen und leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, schützt Stelzer lieber die Privilegien von Multiimmobilienbesitzern", ärgert sich SPÖ-Raumordnungssprecherin Heidi Strauss.
Und sie verweist darauf, dass die Leerstandsabgabe nichts koste, sondern im Gegenteil sogar Einnahmen bringe. Und sie aktiviere leerstehende Wohnungen, pflichtet ihr Arbeiterkammerpräsident Andreas Stangl bei.
92.000 Wohnungen stehen nach Zahlen der Statistik Austria in Oberösterreich leer, weiß Stangl. Auf der anderen Seite gibt es 52.000 Haushalte in Oberösterreich, die Bedarf nach einer geförderten Wohnung angemeldet haben. "Jede leerstehende Wohnung verringert das Angebot und macht es schwieriger, finanziell geeignete Mietwohnungen zu bekommen", sieht Stangl Potenzial in einer Leerstandsabgabe, diese blockierten Wohnungen zum Teil auf den Markt zu bringen.
300.000 leere Wohnungen nach Greenpeace-Berechnungen
Von noch mehr leeren Wohnungen als die Statistik Austria geht die Umwelt-NGO Greenpeace in Oberösterreich aus. Bis zu 300.000 sollen es sein, sagt Stefan Kaineder, Landesrat der Grünen in OÖ. Ihn irritierte, dass die ÖVP "ausgerechnet jene Maßnahme, die wir so dringendst brauchen für leistbaren Wohnraum, gegen das Horten von Wohnungen, Spekulation und das Zubetonieren unserer Böden", verhindere.
Stelzer hat in seiner Absage an die Leerstandsabgabe auf die Freizeitwohnsitzpauschale verwiesen - diese wird nach dem OÖ Tourismusgesetz eingehoben. Für Kaineder ein schwaches Argument, denn der Landesrechnungshof empfehle schon längst, diese Freizeitwohungspauschale zu einer Zweitwohnsitz- und Leerstandsabgabe weiterzuentwickeln.
In NÖ bremst die ÖVP, in Wien die SPÖ
In Niederösterreich haben sich die Grünen schon im April ein Abfuhr im Landtag von der ÖVP eingeholt - auch dort gibt es zwar den einstimmigen Beschluss, der sogar unter dem Vorsitz Mikl-Leitners erwirkt wurde, aber keine Pläne, eine Leerstandsabgabe einzuführen. "Wir sind generell skeptisch, was neue Steuern anlangt. Und Steuern auf Eigentum sehen wir noch viel kritischer. Deshalb sehen wir diesbezüglich keinen Handlungsbedarf", erläutert ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger.
Anders in Kärnten: Dort setzt Landeshauptmann Kaiser alle Hebel in Bewegung, um diese Leerstandsabgabe durchzusetzen - übrigens gemeinsam mit seinem Koalitionspartner ÖVP. Derzeit sei man in Abstimmung, sagte ein Sprecher Kaisers, die Abgabe solle als Möglichkeit zur Aktivierung von Leerstand vor Neubau dienen, auch im Sinne geringeren Bodenverbrauchs. In Kärnten sind aber Einnahmen wohl auch abgesehen vom Lenkungseffekt gefragt, schließlich wird dort an einem Sparpaket gearbeitet.
Für diese Abgabe ist auch die Wiener SPÖ, die in einigen Bundesländern bereits umgesetzte Version zeige aber noch nicht den gewünschten Lenkungseffekt, heißt es aus dem SPÖ-Landtagsklub. Man wolle keinen Schnellschuss und es gebe noch datenschutzrechtliche Bedenken, aber die Leerstandsabgabe könne "Teil einer großen Lösung" sein - in Wien ist immerhin die Rede von 100.000 leerstehenden Wohnungen.
Salzburg, Tirol, Vorarlberg und die Steiermark haben bereits eine Leerstandsabgabe eingeführt.
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