PRO
Wohnen ist ein Grundrecht und sollte für alle leistbar bleiben. Wer Immobilien bewusst leer stehen lässt, um auf höhere Preise zu spekulieren, entzieht Wohnraum und trägt mit Schuld, dass die Mieten steigen. Uniforme Geister-Chalets verbauen wertvolle Grünflächen am Land und verursachen Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat (Wasser, Müllabfuhr). Mit einer Leerstands- oder Zweitwohnsitzabgabe Spekulation und unnötigen Flächenfraß einzudämmen, ist daher eine wichtige und richtige Maßnahme.
So gut die Abgabe argumentierbar ist, so schwer ist sie umzusetzen. Der gesetzliche Rahmen ist nur ein erster Schritt, in der Praxis stellen sich viele Fragen: Was ist ein Leerstand überhaupt? Wer ermittelt ihn? Und wie hoch soll der Obolus sein?
Was für den Immo-Großinvestor finanziell ein Klacks ist, wird für den kleinen Privatvermieter am Land zur Herausforderung. Hier wird es Ausnahmen geben müssen. Die Ausgestaltung der Abgabe den Ländern und Gemeinden zu überlassen, ist daher richtig. Dass sie funktionieren kann, zeigen Beispiele aus Ländern wie Frankreich. Dort gibt es sie schon seit 1999. In Städten und Gemeinden, wo sie eingeführt wurde, ging der Leerstand laut einer Studie deutlich zurück und die meisten Wohnungen kamen auf den Markt. Auch wenn die Leerstandsabgabe nicht alle Probleme am Wohnungsmarkt lösen wird: Sie bringt Einnahmen für Städte und Kommunen. Diese könnten mit dem Geld die Althaussanierung fördern.
Anita Staudacher ist stv. Ressortleiterin in der Wirtschaftsredaktion
CONTRA
Wohnraum mag ein persönliches Grundrecht sein. Aber wieso müssen private Eigentümer dafür gerade stehen? Ist es nicht vielmehr Aufgabe der Allgemeinheit, sprich Staat und Gemeinden, für ausreichend leistbaren Wohnraum zu sorgen? Dabei haben viele Gemeinden versagt, allen voran Wien. Jahrelang wurde kein einziger Gemeindebau errichtet, der von der Stadtregierung als problemlos dargestellte Zuzug aus aller Herren Länder hat die Lage zusätzlich verschärft.
Nun sollen neue (gesichtslose) Riesensiedlungen die Misere lindern, wobei scheinbar jeder mögliche Quadratmeter zubetoniert wird. Als weitere Lösung hat die Bundesregierung die Leerstandsabgabe aus dem Hut gezaubert. Denn es sollen mehr als 650.000 Wohnungen im ganzen Land leer stehen. Abseits dieser ziemlich vagen Schätzung ist es naiv zu glauben, dass mit einem Schlag diese Zahl an Wohnungen nun verfügbar werden.
Zum einen gibt es immer eine gewisse Fluktuation am Mietmarkt, etwa durch Wegzug oder Todesfälle. Zum anderen werden auch Wohnungen für den späteren Eigenbedarf (etwa für Kinder oder Enkel) nicht vermietet. Und drittens verdrießt das aktuelle Mietrecht Eigentümern von Altbestand das Vermieten. So gut wie keine Rendite, dafür aber Mühe und Ärger. Da lassen es viele lieber bleiben.
Für die Wirtschaftspartei ÖVP wäre es naheliegender, das Mietrecht ausgewogen zu reformieren, anstatt in die Rechte der Eigentümer einzugreifen. Klagen gegen die Abgabe sind daher zu begrüßen.
Robert Kleedorfer, Ressortleiter Wirtschaft
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