Guttner weiß aus eigener täglicher Erfahrung, wie es um seine Gäste steht. "Erst vor zwei Wochen habe ich einen Stammgast gefragt, wie es ihm geht. Er hatte Tränen in den Augen."
Frage nach Gemütszustand "ernst nehmen"
Genau darum geht es der Margot Peters, der stellvertretenden Vorsitzenden von pro mente Oberösterreich: "Wir müssen diese Frage, ,Wia geht's da heit?', wirklich Ernst meinen."
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Und die Wirte in Oberösterreich, die sich zu den KultiWirten zusammengeschlossen haben, sind genau die Plattform, auf der Peters eine Enttabuisierung psychischer Krankheiten vorantreiben will.
"Wirtshäuser sind ein zweites Wohnzimmer außerhalb der eigenen vier Wände", erklärt Peters, "dort wollen wir die Frage nach der psychischen Gesundheit salonfähig machen."
Jeder und jede, ist Peters überzeugt, macht mittlerweile zumindest ein Mal im Leben eine psychische Krise durch - etwa beim Verlust eines nahe stehenden Menschen: "Eine Krise ist auch etwas normales", sagt sie, nur werde nicht offen darüber geredet.
"Geht eh", weil man sich schämt, darüber zu reden
Man höre als Antwort oft "geht eh", oder "wia di aundan wuin", weil sich "viele schämen, darüber zu reden, wenn es ihnen nicht gut geht", weiß Peters aus vielen Gesprächen mit Betroffenen.
Gerade unter Männern sei das noch stärker verbreitet, nicht über diese Gefühle zu reden. Deshalb seien die Wirte als Partner eine gute Wahl, "weil viele Stammtischrunden aus Männern bestehen", sind sich Guttner und Peters einig.
Quasi auf dem "Silbertablett" werden mittels der Flyer, die prominent in den Gastronomiebetrieben aufliegen, Angebote zu professioneller psychischer Unterstützung geliefert. Allerdings sei es auch möglich, diese Flyer unauffällig mitzunehmen.
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Guttner: "Wir als Wirte bekommen das ja oft sehr schnell mit, wenn bei Gästen etwas nicht stimmt." Darüber zu reden, sei besser geworden, sagt er, aber von "offen darüber reden kann noch keine Rede sein".
Hilfe, wenn mehr als ein Gespräch nötig ist
Mit diesem Infomaterial habe man jetzt schnell Hilfe zur Hand, "wenn es doch mehr braucht, als ein Gespräch unter guten Bekannten".
Peters weist in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass sich die Situation für viele Menschen gerade auch durch Corona verschärft habe. "Corona, wirtschaftliche Entwicklungen, finanzielle Belastungen, Kriege, Klimawandel, all das belastet die Menschen psychisch stark", sagt Peters.
Deshalb sei es wichtig, für dieses Thema Platz in der Mitte der Gesellschaft zu schaffen, appelliert Peters: "An jedem Stammtisch im Land, aber auch auf Sportplätzen, am Arbeitsplatz oder in Schulen soll eine Atmosphäre herrschen, in der Austausch und Gespräche möglich sind."
Der Flyer spielt übrigens sehr mit der traditionellen oberösterreichischen Küche: Denn das Smiley, traurig wie fröhlich, hat Augen aus Knödeln und Haare aus Sauerkraut. Und das fröhliche sagt uns: "Es tuat guat, des Leben mitanond zfeian."
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