Knalleffekt in Gmunden - Der Fels ist weg
Während die australische Hardrock-Band AC/DC in ihrem Song „TNT“ – Sprengstoff – besingt, kam dieser in Gmunden im Salzkammergut (OÖ) am Freitag wirklich zum Einsatz. Der Grund: Ein etwa zehn Tonnen schwerer Felsen musste weg. Er drohte ausgerechnet auf die Bergrettungszentrale, nur 30 Meter darunter, zu stürzen.
Gelegen ist der Felsen in der Schottergrube hinter dem Gebäude entlang der Traunsteinstraße schon lange Zeit. Seit Samstag herrschte plötzlich akute Gefahr. „Wir beobachteten den Felsen seit Jahren. Als wir am Samstag von einem Einsatz zurückkehrten, sahen wir, dass zwischen dem Erdreich und dem Felsen ein Spalt entstanden ist“, schilderte Bernhard Ebner, Ortsstellenleiter der Gmundner Bergrettung.
Wasser
Felsstürze seien laut Experten für diese Jahreszeit typisch. Schuld daran ist der Frost-Tau-Wechsel. Wasser dringt in den Fels ein und gefriert, wodurch das Gestein gelockert wird.
Feuer
Auch Waldbrände – und damit indirekt der Klimawandel – können Felsstürze auslösen. Durch das Feuer verbrenne der Schutzwald, wodurch wiederum das Gestein an Befestigung verliere, so Robert Supper von der geologischen Bundesanstalt.
Sofort wurden Einsatzkräfte mobilisiert. Noch in der Nacht errichteten sie per Kranfahrzeug einen Wall aus Baumstämmen, um die Zentrale zu schützen. „Rollt so ein Fels ungebremst auf das Gebäude zu, würde er die Wand durchschlagen“, erklärte der zuständige Geologe in Gmunden, Günter Moser. Auch die Straße und ein Gebäude gegenüber seien gefährdet gewesen. Die Bergretter mieden seither die Zentrale.
120 Gramm Sprengstoff
Am Montag beschloss der Geologe: Der Felsen wird weggesprengt. Bergretter befreiten den Brocken von losem Material. Freitagvormittag rückte dann das Bundesheer mit der Sprengstoff-Ladung an. „Wir wollten nicht, dass es einen riesigen Tuscher macht, sondern den Felsen in kleinere Teile zerlegen, die dann hinunterrollen“, sagt Moser. Der Plan ging auf.
Am Vortag bohrte man die Sprenglöcher in das Gestein. Um auch höher springende Brocken abfangen zu können, wurde zusätzlich zu den Stämmen ein Netz hinter der Zentrale gespannt. Bundesheer-Mitarbeiter befüllten am Freitag schließlich die Löcher mit insgesamt 120 Gramm Spezialsprengstoff und deckten den Fels mit einer Schutzmatte ab, um zu verhindern, dass Brocken durch die Gegend fliegen.
Um 11 Uhr wurde gezündet. Die größeren Teile rollten von selbst talwärts. „Kleinere Gesteinsbrocken wurden dann händisch noch gelöst“, sagt Moser.
In den kommenden Wochen werden die Brocken mit einem Bagger weggeräumt, danach werde das Netz abmontiert. Die Rundhölzer bleiben als dauerhafter Schutz. Denn ganz in Sicherheit kann sich die Bergrettungszentrale in Zukunft nicht wiegen: „Man wir den Hang laufend einer Beobachtung unterziehen müssen. Das werden die Bergretter in Eigenregie machen“, sagt Moser. Immerhin habe das jetzt auch gut funktioniert.
Generell seien aktive Kontrollen die beste Vorsichtsmaßnahme, um Felsstürze zu verhindern. „Es gibt noch keine Möglichkeit, in den Stein hineinzuschauen“, sagt Robert Supper, Vizedirektor der geologischen Bundesanstalt. Zudem sei heuer „anscheinend ein besonders intensives Jahr“, sagt Moser.
"Frost-Tau-Wechsel"
So kam es allein in OÖ im Februar zu drei Felsstürzen. In Steinbach am Attersee stürzten von 400 Metern gewaltige Felsen auf die Straße hinab. In Ebensee fielen Brocken auf eine Fahrbahn und auf ein Auto. Der Fahrer blieb unverletzt, ein Arbeiter, der mit den Felsaufräumarbeiten beauftragt war, verunglückte aber tödlich. Erst am Mittwoch stürzte ein rund 30 Kubikmeter großer Felsblock in Tirol auf die Zillertalstraße.
Die aktuelle Ursache für solche Vorfälle sei der „Frost-Tau-Wechsel“, sagt Moser. Wasser rinnt in die Felsritzen und gefriert durch die kalten Temperaturen bei Nacht. Was wiederum den Fels lockert.
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