„Kinderbetreuung ist das Um und Auf für die Berufstätigkeit“

Bettina Bernhart ist Bürgermeisterin von Windhaag bei Perg und Landessekretärin des ÖAAB Oberösterreich
In Windhaag bei Perg werden Kinder ab drei Monaten von Tagesmüttern betreut. Das ist Bürgermeisterin Bettina Bernhart ganz wichtig.

Bettina Bernhart ist eine Frau, die anpackt. Sie wurde nun zur neuen Landesgeschäftsführerin des ÖAAB, der Arbeitnehmerorganisation der ÖVP, bestellt. Die 45-Jährige ist seit ihrem 19. Lebenjahr Mitglied des Gemeinderates und seit 2019 Bürgermeisterin der 1.500-Einwohner-Gemeinde Windhaag bei Perg. Sie hat zwei Töchter im Alter von 12 und 8 Jahren. Ihr Mann hat eine Baufirma mit neun Mitarbeitern. Sie führte früher am hauseigenen Bauernhof (11 ha Eigengrund) einen Hofladen, sie hat unter anderem wöchentlich 70 kg Biobrot vom hauseigenen Dinkel und Roggen gebacken.

KURIER: Schaffen Sie es, die beiden Funktionen Bürgermeisterin und Landesgeschäftsführerin voll auszufüllen?

Bettina Bernhard: Anfänglich war es sehr herausfordernd, aber es geht sich aus.

Sie haben zwei Berufe, zwei Kinder und einen Mann, der selbst eine Firma führt. Das ist eine starke Belastung.

Er schaut sich am Nachmittag um die Kinder um. Wir haben das so vereinbart, denn sonst könnte ich das nicht machen.

Sie wissen, was arbeiten heißt.

Eigentlich schon. Man sieht es auch an meinen Händen. Der Garten ist mein Hobby.

Sie sind fleißig. Arbeit edelt, sagt man.

Fad wird mir nicht. Ich sehe halt die Arbeit. Ich hätte es mir einfacher machen und sagen können, ich bleibe in meiner Gemeinde. Das Dasein wäre ein angenehmeres gewesen. Da die Zeiten nicht einfach sind, sollte man seinen Beitrag leisten, damit es wieder besser wird.

Der ÖAAB wird von Frauen geführt. Von Ihnen und Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander als Chefin. Im Vorzimmer sind ebenfalls zwei Damen tätig.

Einen männlichen Mitarbeiter haben wir auch noch.

Was haben Sie sich vorgenommen?

Ich habe mir selbst ein paar Monate zur Einarbeitung gegeben. Überraschend waren die Negativthemen wie die Inseratendiskussion in Vorarlberg. Wir hatten leider viele Austritte in den vergangenen Monaten. Auch wir sind davon betroffen, obwohl wir uns für die Menschen hier einsetzen. Wir haben 25.000 Mitglieder, die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Ortsgruppen und in den Betrieben sind unsere Eckpfeiler. Wir informieren die Menschen darüber, was für die Arbeitnehmer Gutes gemacht wird. Im Juli werden die Familien mit dem Familienbonus entlastet. Leider wissen das die Menschen zu wenig, sie sind immer mit dem Negativen konfrontiert. Selbst unsere eigenen Leute wissen das oft durch das Schlechtmachen nicht.

Es gibt selbst angesehene schwarze Betriebsräte, die sagen, die ÖVP mache keine Politik für die Arbeitnehmer. Sie mache eine Politik für die Wirtschaft und Industrie.

Es gibt sehr viele positive Maßnahmen, die den Faktor Arbeit entlasten. Das wird leider zu wenig transportiert. Der parlamentarische Klubobmann August Wöginger hat doch sehr viel gemacht. Es gibt eine Entlastung um zwei Steuerstufen.

Sie sind also zufrieden.

Zufrieden kann man nie sein, es gibt immer etwas zu tun. Aber man darf auch das erwähnen, was schon passiert ist. Wir müssen dranbleiben, zum Beispiel mit den Maßnahmen gegen die Teuerung. ufgrund des Fachkräftemangels kann sich der Arbeitnehmer aussuchen, wo er arbeitet. Er ist heute in einer viel besseren Position. Wir sind für ein gutes Miteinander, für eine Partnerschaft von Arbeitnehmern und Arbeitgeber.

Mein Mann hat in seinem Betrieb die Vier-Tage-Woche eingeführt, damit er ein attraktiver Arbeitgeber ist und ihm die Mitarbeiter bleiben.

Vom ÖAAB wird gesagt, er ist ein Beamtenbund, weil er im öffentlichen Dienst die stärkste Fraktion ist. In den größeren Betrieben dominieren die sozialdemokratischen Gewerkschafter.

In der Arbeiterkammer wird Klassenkampf gemacht. Ich war kürzlich bei der Vollversammlung.

Wo sehen Sie den?

In den Reden wird vom bösen Unternehmer gesprochen. Es braucht aber die Partnerschaft zwischen Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern. Das sind kommunizierende Gefäße.

Was haben Sie sich als Bürgermeisterin vorgenommen?

Wir sind ein Zuzugsgemeinde am Land.

Zuzugsgemeinde deshalb, weil die Baugründe noch leistbar sind?

Mit 120 Euro pro Quadratmeter ist der Baugrund auch nicht mehr billig. Wir haben immer darauf geschaut, dass wir genügend verfügbare Baugründe haben. Aber das Wachstum muss für die Gemeinde verträglich sein. Es muss zum Beispiel genügend Kindergartenplätze geben. Wir haben in Windhaag eine gute Kinderbetreuung. Wir haben zwar keine Krabbelstube, dafür aber Tagesmütter.

Ab welchem Lebensjahr können die Mütter ihre Kinder abgeben?

Ab dem dritten Monat.

Gibt es zeitliche Rahmenbeschränkungen?

Die Tagesmütter sind je nach Bedarf da. Es gibt auch eine Ausspeisung mit warmem Essen, auch für die Schüler. Das kostet der Gemeinde Geld, aber mir ist das sehr wichtig. Vor allem auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

In der Kleinkinderbetreuung gibt es in Oberösterreich erhebliche Defizite.

Wenn wir von Vereinbarkeit von Familie und Beruf im ländlichen Raum reden, dann muss man hier etwas tun. Ich kenne viele Frauen, die in der Altersarmut angekommen sind, weil sie entweder gar nicht oder nur Teilzeit berufstätig waren. Es war damals oft nicht anders möglich. Jetzt haben sie so gut wie gar keine Pension. Das ist ein Thema. Wir sind für die Wahlfreiheit der Frauen. Jede Familie muss wissen, wie sie das regelt. Aber wir als öffentliche Hand müssen die Wahlfreiheit auch am Land ermöglichen.

Damit die Frauen tatsächlich arbeiten gehen können.

Dass das auch möglich ist, selbst wenn keine Oma in der Nähe ist. Es ziehen ja viele Familien zu. Eine gute Kinderbetreuung macht eine Gemeinde einfach attraktiver.

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