Gut eingeübte Freude bei der ÖVP in Linz, "keine Depression" bei der FPÖ
Sie haben gut geübt. Die Jubelrufe kommen auf Knopfdruck, als in der ÖVP-Zentrale im Heinrich-Gleißner-Haus in Linz die erste Hochrechnung auf der Videowand erscheint. Dass der Balken 2021 nur minimal höher ist als jener von 2015, irritiert aber doch.
Landeshauptmann Thomas Stelzer und Kanzler Sebastian Kurz tauschen den obligatorischen Handschlag, freundliches Nicken und Lächeln aus, einige Minuten später sind sie schon wieder verschwunden. Der Saal leert sich rasch. Das Buffet ist eröffnet.
ÖVP feiert sich
In seinem ersten Statement spricht Stelzer später von einem „herzeigbaren Ergebnis“ angesichts dessen, dass bei dieser Landtagswahl elf Listen angetreten sind und nun sechs davon in den Landtag einziehen. Sein Ziel sei es immer gewesen, zuzulegen und deutlich Erster zu bleiben. „Und das ist passiert.“ Und Kanzler Kurz findet es „großartig“, dass die ÖVP im Land stärker ist als die zweit- und die drittplatzierte Partei zusammen.
Herzeigbar? Großartig? Das inoffizielle Wahlziel der Landeshauptmann-Partei war es, einen Vierer vorne stehen zu haben. In jüngsten Umfragen sah es auch danach aus.
Stelzer hat mit vorläufig 38 Prozent zwar erfolgreich den ersten Platz verteidigt, das historisch schlechteste Ergebnis der Landes-Schwarzen des Jahres 2015 aber nur um 1,6 Prozentpunkte übertroffen. „Es hätte schlimmer kommen können“, sagt ein Funktionär mit Blick auf Graz.
SPÖ ist erstarrt
Bei der SPÖ hat man entweder weniger gut geübt – oder die Choreografie in letzter Sekunde über Bord geworfen. Bei der zweiten Hochrechnung um 17 Uhr wirkt das Publikum wie erstarrt. Das Lächeln, das Birgit Gerstorfer bei ihrem Einzug aufsetzt, sieht nach Schwerstarbeit aus. Ihre Schockstarre tanzen die Roten dann zu späterer Stunde bei der Wahlparty im Linzer Central weg.
Dennoch: Beim Wahlergebnis sind sie nicht vom Fleck gekommen. 18,4 Prozent waren es 2015, 18,4 Prozent sind es heuer. Persönliche Konsequenzen schließt Gerstorfer, Landesparteichefin und Landesrätin, aber aus.
Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner spendet nur aus der Ferne Trost (in Linz ist sie nicht): Das Plus von 0,03 Prozent findet sie „erfreulich“ – immerhin sei es das erste Plus seit fast zwei Jahrzehnten.
Das Ziel, den zweiten Platz von der FPÖ zurückzuerobern, haben die Roten verfehlt. Und das, obwohl die Blauen bei dieser Wahl die mit Abstand größten Einbußen verzeichnen.
Oberösterreich: Varianten für die ÖVP
FPÖ hat größtes Minus
Die 30,4 Prozent im Jahr 2015 – mitten in der Migrationskrise – waren ein „singuläres Ereignis“, sagt FPÖ-Landeschef und Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner. Das Minus war erwartbar. „In der Stunde des Erfolges soll man nicht überschwänglich sein. Und in der Stunde des Verlustes soll man auch nicht den Kopf hängen lassen.“ Er wolle „jetzt nicht depressiv werden“ – und stehe der ÖVP weiterhin als Koalitionspartner zur Verfügung. „Es geht um die Verantwortung für unsere Heimat und unser Land.“
Auch Manfred Haimbuchner musste ohne Bundesparteichef auskommen. Sein Feierabend-Bier trank er in der Wahlzentrale, während Funktionäre und Anhänger schon in einem Bierlokal auf der Landstraße auf blau-weiß gedeckten Tischen Weißwurst jausnen.
Grüne wollen Koalition
Die Grünen haben für ihre Wahlparty den Saal im Kunstmuseum Lentos gebucht. Dort feierte Spitzenkandidat Stefan Kaineder mit Bundesparteichef und Vizekanzler Werner Kogler das „historisch beste Ergebnis bei einer Landtagswahl“.
Kaineder freut das Plus der Grünen genauso wie das Minus der Blauen – das sei eine „klare Absage an die FPÖ“. Im Wahlkampf hat er das „Ende der letzten Ibiza-Koalition (Türkis-Blau)“ proklamiert und sich selbst als neuen Partner der ÖVP ins Spiel gebracht. Im Industrieland Oberösterreich gebe es in Sachen Klimaschutz einiges zu tun. Ob er mit seinem Wahlslogan Recht behält, wird sich erst weisen. Wahlsieger Stelzer will mit allen Parteien Gespräche führen.
Neos sind glücklich
Feiern können auch die Neos: Mit (voraussichtlich) 4,1 Prozent geht sich der Einzug in den Landtag gerade noch aus. Spitzenkandidat Felix Eypeltauer ist „glücklich“. Er sagt: „Wenn man nicht im Landtag war und nicht viel Geld hat, ist das Ergebnis ein Erfolg.“
Die Oppositionsrolle im Landtag müssen sich die Pinken mit Impfgegnern teilen: Die neue Liste MFG (Meinung, Freiheit, Grundrechte) ist aus dem Stand auf 6,2 Prozent gekommen. Eine Überraschung. Deren Jubel war garantiert nicht eingeübt.
Kommentare