Flutopfer zögern mit Absiedlung

Luftaufnahme des Eferdinger Beckens vom 4. Juni 2013: Weite Teile des Gebiets an der Donau standen tagelang unter Wasser, hunderte Häuser wurden überflutet.
Im Eferdinger Becken hat sich erst ein Fünftel zum Wegziehen entschlossen.

Für mehr als 100 Flutopfer im Eferdinger Becken in Oberösterreich tickt die Uhr: Bis Jahresende haben die Hausbesitzer Zeit, ob sie das Angebot des Landes auf freiwillige Absiedlung annehmen. Insgesamt wurden in der gelben Zone – dort, wo das Hochwasser Anfang Juni 2013 am schlimmsten wütete – 144 Schätzgutachten eingeholt.

Erst ein Fünftel der Betroffenen hat sich entschieden, das Überflutungsgebiet zu verlassen, sieben schlugen das Angebot aus. Der Rest ist noch unentschlossen. Wie schwer es fällt, seine Heimat zu verlassen, weiß Dieter Pröll aus Goldwörth: "Am Papier habe ich gesagt, ja, wir nehmen das Angebot an und gehen weg. Innerlich bin ich aber noch immer sehr zerrissen." Hinzu komme das Problem, ein günstiges Ersatzgrundstück zu finden: "Die finanzielle Situation ist für viele sehr belastend."

Wie berichtet, erhalten die Absiedler 80 Prozent vom Zeitwert ihres Hauses und der Abrisskosten. Die Grundstücke werden nicht abgegolten, sondern verbleiben bei den Besitzern. "Da kann man keine großen Sprünge machen", schildert Renate Weingärtner. Sie zieht mit ihrem Gatten von Alkoven, wo es kein Ersatzgrundstück gab, ins zehn Kilometer entfernte Scharten.

Weiter weg verschlägt es Franz Schauflinger aus Goldwörth, dem das frisch sanierte Haus im Juni 2013 buchstäblich abgesoffen ist: Er wagt mit seiner Familie in Reichraming im Bezirk Steyr-Land einen Neubeginn und will dort einen alten Gasthof auf Vordermann bringen. "Ich bin froh, dass es in Oberösterreich überhaupt eine Unterstützung gibt." Die Flutopfer am Balkan – dort versanken im Mai 2014 ganze Landstriche – würden gar keine Entschädigung erhalten.

Großprojekt Machland

Weiter fortgeschritten als im Eferdinger Becken sind die Absiedlungsprojekte im Machland. Die Region wurde 2002 von der Flut heimgesucht, 2013 bestand der Machlanddamm seine Bewährungsprobe. Trotz der Schutzbauten haben sich in dem Gebiet 254 Flutopfer entschieden, ihre Heimat zu verlassen. 93 Millionen Euro wurden an die Absiedler ausbezahlt.

Im Bereich Enns-Enghagen wurden 52 Schätzgutachten erstellt. 33 Betroffene haben angenommen, der Rest muss ebenfalls bis Jahresende entscheiden, ob er freiwillig aus der Hochwasserzone wegzieht. Kostenpunkt: 20,8 Millionen Euro.

Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) sieht Absiedlungen als "einzig 100 Prozent sichere Maßnahme". Zusätzlich würden im Eferdinger Becken ab 2016 Schutzbauten errichtet.

Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) will keines der Flutopfer im Stich lassen und die Versprechen des Landes zu 100 Prozent einhalten. Der Hochwasserschutz sei finanziell auch für Land und Bund eine Herausforderung – alleine für das Eferdinger Beckens seien 250 Millionen Euro budgetiert.

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