Fatale Alleingeburt: Sechs Monate bedingte Haft für Mutter
Nach einer fatalen Alleingeburt daheim ist am Freitag in Wels eine 38-Jährige zu einer bedingten Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Die Mutter soll alle Warnungen der Ärzte wegen Schwangerschaftskomplikationen ignoriert und ihr viertes Kind ohne Hilfe zu Hause geboren haben.
Das Gericht verurteilte die 38-jährige Mutter wegen grob fahrlässiger Körperverletzung, ein Vorsatz habe im Beweisverfahren nicht nachgewiesen werden können.
Die Verteidigung kündigte Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Auch die Staatsanwaltschaft will gegen die Strafe berufen. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Aber was war passiert?
Bei der Hausgeburt kam es zu einer Sauerstoffunterversorgung des Babys, die körperliche und geistige Defizite nach sich zog. Die wegen Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen angeklagte Frau bestritt die Vorwürfe.
Die Staatsanwältin hält der Frau "verantwortungsloses Verhalten" vor, mit dem sie "ihr und das Leben des Kindes gefährdet" habe. Es stehe auch ein fahrlässiges bzw. grob fahrlässiges Verhalten im Raum, führte die Richterin am zweiten Prozesstag aus.
Dritte Geburt daheim
Die Angeklagte habe nach zwei bereits gut gegangenen Geburten daheim ein drittes Mal auf diese Weise entbinden wollen. Wieder habe sie auf jegliche ärztliche Hilfe und eine Hebamme verzichtet, obwohl ihr im Spital "explizit" dringend davon abgeraten worden war, so der Vorwurf.
Bei einer Kontrolluntersuchung im Juli 2023 war nämlich eine Beckenendlage des Ungeborenen diagnostiziert worden. Im Spital erfolgte zweimal eine Wendung des Babys, dennoch wurde der Frau nachdrücklich bei mehreren Terminen die stationäre Aufnahme und die Einleitung der Entbindung empfohlen. Beides soll sie jedes Mal abgelehnt haben.
Am 6. August habe die Hochschwangere ihr Badezimmer zum Kreißsaal umfunktioniert. Um 16.00 Uhr sei es dann zur Geburt gekommen. Nachdem das Mädchen nicht atmete, verständigte sie ihren Ex-Lebensgefährten - den Vater des Babys.
Der Mann alarmierte die Rettung und eilte auch selbst mit einem Bekannten zu seiner Ex-Partnerin. Das Baby habe bereits eine blau-graue Gesichtsfarbe gehabt, die Angeklagte habe dennoch gemeint, es sei alles in Ordnung, das Kind habe einen Puls.
"Bewusste Entscheidung für Hausgeburt"
Jener Bekannte, der als Zeuge am zweiten Prozesstag am Freitag aussagte, erinnerte sich an Gespräche mit dem Ex-Partner der Angeklagten, wonach dieser beklagt habe, dass die Frau sehr wohl bewusst daheim entbinden wolle, weil das "Krankenhaus mache es eh nicht richtig".
Als die beiden Männer direkt nach der Geburt zur Wohnung der Frau kamen, seien sie von ihr mit dem reglosen Baby im Arm empfangen worden. Sie sei "völlig fertig" gewesen, sagte der Zeuge.
Angeklagte plädiert auf nicht schuldig
Die 38-Jährige erklärt sich nicht schuldig im Sinne der Anklage. Sie habe nicht allein daheim entbinden wollen, vielmehr sei es zu einer traumatischen Sturzgeburt nach einem Blasensprung gekommen, meinte sie bereits zum Prozessauftakt. Sie sei geschockt gewesen, als sie bemerkt habe, dass sich ihr Mädchen nicht bewege. Sie erinnere sich nur noch daran, dass das Kind nicht mit dem Kopf zuerst zur Welt gekommen sei und es sich damit erneut in die problematische Beckenendlage gedreht hatte.
Zwei Freundinnen haben am Freitag mit ihren Aussagen die Angeklagte entlastet. Beide berichteten davon, dass die Frau ihnen unabhängig voneinander erzählt habe, dass sie im Spital entbinden werde.
Der Verteidiger verwies auf "alle notwendigen unterfertigten Einwilligungserklärungen" für eine Geburt im Krankenhaus inklusive der Zustimmung eines Kaiserschnitts vom Juli. Zu einem Kontrolltermin am 3. August kam die Hochschwangere ins Spital. Nach einer zweiten Wendung des Kindes am 1. August lag dieses noch immer richtig.
Dennoch sei ihr erneut geraten worden, die Geburt nun einleiten zu lassen. Allerdings habe es "keine Absolutindikation gegeben", versicherte der Verteidiger. Es sei lediglich ein Rat gewesen. Aber die Schwangere wollte heim, um erst noch ihre anderen kleinen Kinder unterzubringen. Am 8. August habe sie im Spital entbinden wollen, sagte die Angeklagte.
Dennoch habe die Frau trotz "Risikoschwangerschaft und über dem errechneten Geburtstermin" in den kommenden Tagen nichts Entsprechendes in die Wege geleitet, hielt die Staatsanwältin dagegen.
Laut medizinischem Gutachten wurden bei dem Kind eine "ausgeprägte neurologische Veränderung" attestiert, wie man sie bei einer Sauerstoffunterversorgung beobachte. Nach der Geburt sei es zu Funktionsstörungen mehrerer Organe gekommen. In Summe weise das Mädchen "schwersten Defiziten" im motorischen, kognitiven und sozialen Bereich auf.
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