Während sich die drei Richterinnen zur Beratung zurückgezogen haben, sitzt der 36-jährige Mann auf der Anklagebank, die Hände gefaltet, den Kopf darauf abgestützt, das Gesicht dahinter vergraben, meist ist nur der rötliche Bart zu sehen.
Dunkelgraues Hemd, Jeans, schwarze Sneakers. Die rötlichen Haare hat er zu einem kurzen Zopf gebunden, drei Justizwachebeamten bewachen den Mann.
Am Mittwoch hat am Oberlandesgericht Linz die Berufungsverhandlung zu seinem Mordprozess stattgefunden. Der Mann war vom Landesgericht Steyr zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, weil er in Ternberg eine 23-jährige Escort-Dame "bestialisch ermordet" habe.
"Ich bereue die Tat zutiefst"
Bevor sich die Richterinnen nach kurzer Verhandlung zurückgezogen haben, ist der 36-Jährige nochmals zu Wort gekommen. Und wieder ist ihm die Stimme gebrochen: "Ich kann nur wiederholen, wie unglaublich leid es mir tut und dass ich die Tat zutiefst bereue."
Er werde für seine Fehler gerade stehen und an seinen Fehlern arbeiten: "Das ist das einzige, was ich tun kann."
Sein Anwalt, der Linzer Rechtsanwalt Andreas Mauhart, hat zuvor ausgeführt, warum er und sein Mandant gegen die Strafe in Berufung gegangen sind, nachdem eine Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen wurde.
Und Mauhart legte die Verteidigungsstrategie bewusst persönlich an: "Mein Mandant ist unbescholten und geständig." Deshalb sei das Strafausmaß "falsch".
"Belastung für Geschworene"
So führte Mauhart eingangs die Geschworenen ins Treffen. "Acht Leute von der Straße werden gezwungen, Geschworene zu sein. Das ist eine unglaubliche Belastung für diese Leute. Viele stellen sich danach die Frage, ob die Entscheidung richtig war."
Diese Entscheidung hätte sein Mandant den Geschworenen abgenommen - weil er die Schuldfrage sofort auf sich genommen habe.
Außerdem habe er sich die Mordurteile in Oberösterreich in seiner Laufbahn angesehen. "Bis Corona hat es in Oberösterreich in den letzten 25 Jahren vier oder fünf lebenslange Urteile gegeben." In den vergangenen acht Monaten auch, kritisierte er die aktuelle Urteilsbemessung: "Diese Tendenz ist nicht gut."
"Er wird nie wieder etwas tun"
Weiters habe das Gericht in der ersten Instanz aus seiner Sicht die Zurechnungsunfähigkeit des Beschuldigten nicht entsprechend gewürdigt. "Er hatte 3,6 Promille, also an der untersten Grenze der Zurechnungsfähigkeit, ist unbescholten und geständig. Bei einem reumütigen Geständnis hat man in Oberösterreich vor Corona niemanden zu lebenslang verurteilt."
Er habe selten noch so "reuige Täter gehabt", brach Mauhart eine Lanze für seinen Mandanten, um eine gewagte Zukunftsprognose abzugeben: "Er ist in psychologischer Behandlung und wird nie wieder etwas tun."
Kein "außergewöhnlicher Mord"
Schlussendlich warf Mauhart noch die Frage auf: "Was tun wir dann mit denen, die vorbestraft und nicht geständig sind oder Kinder töten? Bekommen die dann zwei Mal lebenslang?" Aus seiner Sicht sei in Ternberg "ein Mord passiert", das auch nicht beschönigt werden solle, aber an diesem Mord sei nichts außergewöhnliches, das diese hohe Strafe rechtfertige.
Die Staatsanwältin ging auf die persönlichen Äußerungen des Anwalts gar nicht ein und betonte lediglich: "Es war eine bestialische Tathandlung, die an Grausamkeit nicht zu überbieten ist. Das Ziel war das Auslöschen dieser jungen Frau." Sie plädierte deshalb dafür, das Strafausmaß zu bestätigen.
Unüblich lange Beratung
Nach der zuvor erwähnten Aussage des Angeklagten zogen sich die drei Richterinnen zur Beratung zurück. Knapp 45 Minuten - unüblich lange bei einer Berufungsverhandlung, wie der Verteidiger Mauhart seinem Mandanten während des Wartens erklärte - ließen sich die Richterinnen Zeit, um dann das Urteil des Erstgerichts vollinhaltlich zu bestätigen.
In der Begründung wurden die Argumente Mauharts entkräftet. "Die Geschworenen haben eindeutig entschieden, dass es ich nicht um einen Totschlag gehandelt hat."
Nicht zuletzt deshalb müsse das Gericht der Argumentation, es liege ein reumütiges Geständnis vor, entschieden entgegen treten. Denn das Gericht habe eindeutig auf Mord entschieden: "Der Tathergang resultiert aus der Beweislage. Seine Aussagen zum Tathergang hat er oft abgeändert und er hat gesagt, er wollte sie nicht umbringen."
"Kein reumütiges Geständnis"
Demnach liege "kein reumütiges Geständnis vor, weil er den Vorsatz nicht gesteht".
Auch zur Unzurechnungsfähigkeit zeichneten die Richterinnen in der Urteilsbegründung ein anderes Bild, als jenes eines sturzbetrunkenen Alkoholikers, der nicht Herr seiner Sinne war: "Das Erstgericht hat das entsprechend bewertet. Er war auch nach der Tat zu überlegten Handlungen fähig. Das zeigt, dass er zurechnungsfähig war."
Bleibt noch die Frage nach lebenslang als angemessen im Vergleich zu anderen Taten. Diese Überlegung halten die Richterinnen prinzipiell für berechtigt, sind aber überzeugt: "Diese Tat sehen wir als außergewöhnlich an." Denn anders, als Mauhart ausgeführt hatte, sei die junge Frau alles andere als schnell gestorben: "Es war ein Martyrium für die Frau."
Und das Gericht habe kein härteres Urteil gefällt, weil es sich um eine junge Frau gehandelt habe, wie Mauhart zuvor durchklingen hatte lassen.
Als Fazit bleibt für das Oberlandesgericht, "dass der Vernichtungswille aus der Tat und dem Abschluss der Tat ersichtlich ist. Daher gibt es keine Reduzierung der Strafe."
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