„Ein Wechsel in der Führung würde Linz gut tun“

Eva Schobesberger
Kein Geld mehr für den Straßenbau, nur mehr für den öffentlichen Verkehr. Und Linz braucht eine neue Führung, fordert die Grüne Stadträtin Eva Schobesberger.

Eva Schobesberger (43) ist in Linz Stadträtin der Grünen für Natur- und Umweltschutz, Schule, Bildung und Frauenförderung.

KURIER: Die Grünen haben in Graz bei der Landtagswahl 25 Prozent der Stimmen erzielt und sind zusammen mit der ÖVP stimmenstärkste Partei. Werden Sie bei der Gemeinderatswahl 2021 ein ähnliches Ergebnis erzielen?

Eva Schobesberger: Wir würden uns über so ein Ergebnis sehr freuen. Ich traue mich das aber nicht zu prognostizieren, es ist auch noch viel Zeit hin.

Die Grünen sind im Aufwind, das ist unübersehbar.

Wir haben sehr schöne Ergebnisse gehabt. Bei der Nationalratswahl haben wir 20 Prozent erzielt, das würden wir für den Gemeinderat auch nehmen.

Es ist nicht unrealistisch, dass die Grünen in den Städten stärkste Partei werden. Ist das für Sie ein langfristiges Ziel?

Es würde der Stadt guttun, wenn ein Wechsel in der Führung wäre. Es sind Veränderungen notwendig. Gerade beim Klimaschutz. Mit dem Klimapaket, das im Gemeinderat beschlossen worden ist, haben wir Meilensteine für die Zukunft gesetzt. Es passieren aber immer wieder Dinge, die in die ganz falsche Richtung gehen. In Linz wird gerade eine Milliarde Euro in Autobahnprojekte mitten in der Stadt vergraben. Das betrifft den Westring und die Verbreiterung der Voestbrücke. Da ist die Ostumfahrung noch gar nicht mitgerechnet. Gleichzeitig bedauert man, dass für die zweite Schienenachse kein Geld da ist, ohne dass man dagegen etwas unternimmt. Das läuft völlig in die falsche Richtung.

Dass die Grünen gegen den Westring sind, ist bekannt. Dass Sie die Bypass-Brücken ablehnen, ist mir neu.

Es geht mir nicht darum, gegen die Bypass-Brücken zu sein. Es ist einfach vollkommen verkehrt, eine Milliarde in Autobahnprojekte in der Stadt zu investieren. In anderen Städten schaut man, die Autos aus den Städten rauszubringen, um die Lebensqualität zu erhöhen. Wir erleben ja an den Hitzetagen die Klimakrise mitten in der Stadt. Eine der Hauptursachen dafür ist der Autoverkehr.

In den Gemeinden am Land wehren sich die Menschen und die Bürgermeister gegen eine Autobahn. In Linz zahlt die Stadt sogar noch mit. Das halte ich für völlig verkehrt.

Sie wollen also das Geld für den Bau des Westrings und der Bypass-Brücken für die zweite Schienenachse verwenden. Ist der Neubau der Eisenbahnbrücke für Sie in Ordnung?

Ja, das ist okay. Es braucht Brückenverbindungen. Sie ist auch für den öffentlichen Verkehr konzeptioniert. Sie ist ein wesentlicher Baustein für die zweite Schienenachse.

Es pendeln täglich rund 100.000 Arbeitnehmer nach Linz ein. Das ist ein extrem hoher Anteil für eine 200.000-Einwohner-Stadt. Wie sollen die Innviertler, Mühlviertler etc. zeitgerecht nach Linz kommen, wenn nicht mit dem Auto?

Umso wichtiger sind die öffentlichen Verkehrsanbindungen. Wir hätten schon viel gewonnen, wenn die Menschen, die

in Linz und in den Umlandgemeinden wohnen, umsteigen würden. Davon sind wir auch noch weit weg.

Der öffentliche Verkehr verzeichnet starke Zuwächse.

Das ist aber viel zu langsam, der Ausbau in sämtliche Umlandgemeinden ist zu gering. Es braucht Taktverdichtungen. Es sollen alle die Möglichkeit haben, mit dem öffentlichen Verkehr zu fahren.

Für die Autos kein Geld mehr, nur mehr für den öffentlichen Verkehr?

Genau. Wenn der öffentliche Verkehr voll ausgebaut ist, dann kann man wieder über das andere reden.

Jene, die sich täglich nach Linz hereinstauen, sollen selbst damit fertigwerden?

Wenn man den öffentlichen Verkehr ordentlich ausbaut, findet der Stau nicht mehr statt. Denn die Betroffenen steigen freiwillig um. Stau ist Stress.

Sie lassen die Autofahrer mit Ihrer Position in der Luft hängen.

Das finde ich nicht. Sie sollen in Zukunft bessere Alternativen vorfinden.

Die Umsetzung der von Ihnen geforderten Alternativen dauert realistischerweise mindestens fünf bis zehn Jahre. Was machen die Pendler in der Zwischenzeit? Sie sind auf das Auto angewiesen.

Ich stelle eine gewagte These in den Raum, die sich auf die letzte Verkehrsbefragung bezieht. Wenn nur mehr jene fahren, die keine Alternative haben, hätten wir kein Problem. Viele, die morgens im Stau stehen, könnten umsteigen.

Warum machen sie es nicht? Ist das Autofahren zu billig oder sind die Pendler zu bequem? Man muss mehr Attraktivierungen für den öffentlichen Verkehr schaffen. Wir haben in Linz die Jahreskarte um 285 Euro vergünstigt. Das ist ein Erfolgsprojekt. Mittlerweile haben drei Mal so viele Menschen eine Jahreskarte als vor Einführung der Maßnahme. Hier würde ich mir eine bundesweite Regelung wünschen.

Wir haben das Phänomen, dass wir im öffentlichen Verkehr die volle Kostenwahrheit haben. Beim Individualverkehr ist das nicht der Fall. Hier würde ich mir auch gerechtere Modelle wünschen.

Im Sinne des Klimaschutzes könnte die Stadt Elektro- und Wasserstoffautos forcieren. Hier fällt Linz nicht wirklich viel ein.

Die Stadt kann das nicht wirklich lösen. Wir haben uns dagegen ausgesprochen, die Parkgebühren für E-Autos wieder einzuführen. Ich war skeptisch bei der Einführung, aber ich kann es nicht nach vollziehen, dass man das wieder aufhebt. Wir bauen Ladestellen im öffentlichen Raum aus. Wir fördern Unternehmen, die E-Autos ankaufen und die hauptsächlich im Stadtgebiet unterwegs sind. Es gibt jetzt auch ein Programm, dass Taxis auf E-Autos umsteigen. Hier gibt es auch eine großzügige Förderung des Landes OÖ.

Ihre Partei führt auf Bundesebene mit der ÖVP Gespräche über die Bildung einer Regierung. Werden Sie Projekte wie den Westring oder die Ostumfahrung blockieren?

Ich mische mich in die Koalitionsverhandlungen auf keinen Fall ein. Jetzt geht es um die Absteckung der wichtigsten Eckpunkte. Rudi Anschober ist im Verhandlungskomitee, er braucht keine Tipps von mir.

Sie könnten jetzt Ihre Punkte durchsetzen.

Ich gehe davon aus, dass in die Zukunft orientiert verhandelt wird. Das heißt, dass keine neuen Straßenprojekte drinnen sein werden.

Die Grünen könnten jetzt noch den Bau des Westring abbrechen lassen, der Tunnel ist noch nicht gebohrt, und Sie könnten das Geld für die zweite Schienenachse umleiten.

Natürlich würde ich mir das wünschen. Aber ich fordere jetzt nicht warme Eislutscher ein.

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