„Die zensierte Zensur“: Hitler-Graffito in Linz wird verpixelt

Statt einem Teufel zieren ab heute Pixel das Gesicht von Hitler.
Graffito löste Debatte aus. Die Kompromisslösung ist bereits in Ausarbeitung. Ab Freitag ist die neue Version zu sehen.

20 Stunden und etwa 40 Dosen Spraylack – Diese Ressourcen benötigte Erich Willner alias „Shed“ für sein Graffito in der Fadingerstraße in Linz. „Es geht immer um die Idee, die Umsetzung ist dann nicht so herausfordernd“, sagt Willner. Sein Kunstwerk zeigt ein Klassenfoto in schwarz-weiß – rechts oben steht der elfjährige Hitler, dessen Kopf mit einem Emoji-Teufelchen zensiert ist.

Zu sehen war das Kunstwerk die vergangenen Tage jedoch nicht, denn eine riesige Plane verdeckte die Hälfte. Der Grund: Das Teufelchen blickte zum Leidwesen der israelitischen Kultusgemeinde direkt auf eine Synagoge. Nun wird das Graffito verpixelt.

„Die zensierte Zensur“: Hitler-Graffito in Linz wird verpixelt

Willner beim Abnehmen der Plane.

Willner ist schon mitten in der Arbeit. Er steht auf einer Hebebühne und montiert vorsichtig die Plane ab. Immer wieder bleiben Schüler stehen und beobachten ihn. Denn das Graffito befindet sich an einer Wand hinter einem Gymnasium. „Es ist mir nur um die Schüler gegangen“, sagt Willner. Das Graffito hätte der Aufklärung dienen sollen. „Es ist ja nicht antisemitisch und es ist nicht rechts. Es ist kritisch“, sagt er im KURIER-Gespräch.

Unabsichtlich hätte er das Absichtliche aber nun erreicht, denn aufgrund der Debatte kam dem Graffito mehr Aufmerksamkeit zu, als gedacht. Das spiegelt sich in den Reaktionen der Schüler wieder: „Schau, die Plane kommt ab. Jawohl“ und „Die machen das neu“ sind im Vorbeigehen zu hören.

20 Spraydosen

Traurig, dass er das Bild nun „entschärfen“ soll, ist Willner nicht. „Es ist verständlich, dass man nach dem Gebet nicht einen Teufel sehen möchte, schon gar keinen, der einen verfolgt hat“, zeigt Willner Verständnis. Mit dem nun gefundenen Kompromiss ist er sichtlich zufrieden: Hitlers Kopf und Körper werden komplett mit Quadraten verpixelt. „Es passt so, weil jetzt wird die Zensur zensiert.“ Es sei wieder etwas Neues, das es so noch nicht gegeben habe.

Erfahrung hat Willner in der Szene schon viel gesammelt: Seit 27 Jahren sprayt er, seit vier Jahren hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Diese steckt er nun auch in die „Entschärfung“. Etwa 20 Dosen hat er dafür mitgenommen – die meisten davon in den unterschiedlichsten Gelb-Tönen. Ab heute, Freitag, ist dann die neue Version zu sehen.

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