„Die Ölheizungen sind ein Problem“

Stefan Kaineder spielt Kontrabass. Ein Instrument ziert sein Büro
Der grüne Landesrat Stefan Kaineder will Oberösterreich 2040 klimaneutral machen. Laut Experten is dieses Ziel ohne Ende von Benzin- und Dieselautos ab 2030 nicht zu erreichen.

Stefan Kaineder ist Politiker der Grünen. Der 36-Jährige folgte im vergangenen Jahr Rudolf Anschober als Mitglied der Landesregierung. Von 2015 bis 2019 war er Abgeordneter zum Landtag, von 2019 bis 2020 zum Nationalrat. Er ist Landessprecher und stellvertretender Bundessprecher. Er hat an der Linzer Privatuniversität Theologie studiert und lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in Dietach bei Steyr.

KURIER: Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung, hält Ihre Aussage, man könne nur einen retten, entweder das Klima oder die Öllobby, für gefährlich. Greiner erwartet von einer demokratischen Partei wie den Grünen, dass sie die Klimafrage nicht auf die Öllobby zuspitzt, sondern dass sie auf die Mobilitätserfordernisse eingehen.

Stefan Kaineder: Ich freue mich über den Dialog mit der Industrie, den ich schon länger führe. Ich war beim Vorstand der AMAG, der Lenzing und der voestalpine. Ich werde das fortsetzen, um die Frage zu klären, wie wir es schaffen, dass Industrie und Wirtschaft bis 2040 klimaneutral werden. Das ist ein unfassbar ambitioniertes Ziel. Ich will keine naive Politik machen. Es ist unrealistisch zu sagen, wir montieren Fotovoltaikanlagen auf drei, vier Dächer und dann war es das. Wir brauchen einen konkreten Plan.

Die Industrie erwartet von der Politik Planbarkeit, sie will wissen, bis wann muss welches Ziel erreicht sein. Wir wollen für den Umstieg eine Milliarde Euro bis 2030 zur Verfügung stellen. Die geforderte Planbarkeit werden wir herstellen. Die Industrie braucht dafür Infrastruktur, wie neue Hochspannungsleitungen, Energiespeicher etc. Es gibt zwei fertige Pläne für Pumpspeicherkraftwerke, aber niemand beginnt zu bauen, weil der politische Wille fehlt. Die voestalpine wird -freien Stahl produzieren müssen.

Sie strebt das an, es ist aber noch nicht realisierbar.

Richtig. Aufgabe der Politik ist es nicht, den Weg der Technologie vorzuzeichnen. Das ist die Aufgabe der Ingenieure. Es ist aber Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass die Übung gelingt und dass wir klimaneutral werden. Damit wir unseren Kindern einen funktionierenden Planeten übergeben. Oberösterreich soll in der Welt hier beispielgebend sein.

Sie werden kritisiert, weil Sie für das Verbot von Autos mit Verbrennermotoren eintreten. Industrie und Wirtschaft argumentieren, Sie wollen mit dem batteriebetriebenen E-Auto ein Quasi-Monopol schaffen, die Industrie will aber Technologieoffenheit, vor allem gegenüber den synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels). Es werde sich schlussendlich die beste Technologie durchsetzen, um die Klimaneutralität zu erreichen, argumentiert sie. Sie halten hingegen in einer Presseaussendung (25. März) der Autobranche vor, dass sie „aus der Zeit gefallen“ ist.

Ich will die Technologie nicht festlegen, das ist Sache der Ingenieure.

Sie rücken von Ihrer Verbrennerverbotsforderung ab?

Wir bauchen eine klare und konkrete Planbarkeit für Industrie und Wirtschaft. Das heißt, wir sind 2040 klimaneutral. Das ist der Plan der Bundesregierung und zu dem stehe ich.

Sind Sie weiterhin gegen E-Fuels, gegen die synthetischen Kraftstoffe?

Es ist nicht meine Sache zu definieren, welche Antriebsform die zukunftsträchtigste ist. Im Übrigen legen nicht wir die Technologie fest, sondern die großen deutschen Autohersteller definieren für sich, dass der Elektromotor die Zukunft ist. Die Industrie muss sich dazu bekennen, dass wir die Lebensgrundlagen auf diesem Planeten retten. Wir wollen unseren Kindern auch eine funktionierende Wirtschaft übergeben. In weiten Teilen der oberösterreichischen Wirtschaft ist diese bereits gang und gäbe.

Was ich mit meiner Formulierung „aus der Zeit gefallen“ meine, ist, dass für Ölheizungen geworben wird. Ölheizungen sind das Problem. Die Öllobby, das sind jene, die mit dem Verkauf und Vertrieb von Öl Geld verdienen, hat sich gegen das Verbot von Ölheizungen gewandt, weil das standortschädlich sei. Das ist nicht richtig. Der Austausch von Ölheizungen ist ein Motor für den Standort.

Man kann sich entscheiden, ob man mit dem Heizen seiner Wohnung oder seines Hauses das Geld nach Saudi-Arabien überweist oder die heimische Forstwirtschaft, Sägeindustrie und die Kesselbauer durch Pellets unterstützt. Mit der Offensive raus aus Ölheizung ist Oberösterreich zum Silicon Valley für Biomasseheizungen geworfen.

Ab wann wollen Sie Ölheizungen verbieten?

Ein Verbot ist das eine. Wir müssen umstellen. Nach der Corona-Krise kurbeln wir die Wirtschaft wieder an. Da gibt es den alten Weg mit noch mehr Beton und Asphalt. Der zweite, grüne Weg sind Investitionen in den Klimaschutz. Mit dem Ziel, weltweit in grüner Technologie führend zu sein. Wir sind dann in Oberösterreich die ersten, die grünen Stahl erzeugen werden. Wir entwickeln Verfahren, damit grünes Aluminium erzeugt werden kann.

Es gibt noch relativ viele Hausbesitzer, die mit Öl heizen. Wie lange soll das noch möglich sein?

Die Bundesregierung und auch die Landesregierung bieten umfassende Angebote für den Ausstieg aus der Ölheizung. Es gibt von der Bundesregierung eine sozial gestaffelte Förderung für Menschen mit geringem Einkommen. Sie bekommen bis zu 100 Prozent des Kesseltausches bezahlt.

Wenn wir hier nicht Änderungen vornehmen, werden wir beispielsweise in Linz am Ende des Jahrhunderts statt vier bis fünf Hitzetage 40 bis 50 haben. Die Leute werden nicht mehr gut schlafen können. Das ist durch eine Studie von Kromp-Kolb belegt.

Werner Steinecker, Generaldirektor der Energie AG und ausgewiesener Techniker, hält die batteriegetriebenen E-Autos in 20 Jahren für überholt. Denn dann werde beispielsweise Wasserstoff den E-Motor antreiben. Sie propagieren also eine Technologie, die eigentlich schon wieder überaltert ist.

Ich bin weder ein Hellseher noch ein Ingenieur. Ich sage lediglich, was in 20 Jahren für die Gesellschaft sein muss, nämlich Klimaneutralität.

Ein Handicap bei E-Autos sind die fehlenden Ladestellen. Wer soll sie errichten?

Die öffentliche Hand braucht ein ordentliches Fördersystem, damit flächendeckend Ladesysteme zur Verfügung stehen. Es gibt bereits Unternehmen, die damit Geld verdienen. Ein spannendes Projekt ist in Eberstalzell an der A1 entstanden, wo es 40 Ladestationen gibt. Das ist ein Geschäftsmodell.

Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann der österreichischen Autohändler, sagt, E-Autos würden vor allem wegen der öffentlichen Förderung gekauft. Gäbe es diese nicht, bleiben die Händler auf den E-Autos sitzen. E-Autos sind teuer.

Ich habe sehr hohes Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft. Fotovoltaik war vor 25 Jahren für viele unleistbar. Jetzt ist sie so günstig, dass sie sich am eigenen Hausdach nach sieben Jahren amortisiert und 30 Jahre läuft. Ich erwarte mir, dass Massenproduktion eine andere Form der Mobilität günstiger macht. Ich sage hier auch dazu, dass wir alternative Mobilität wie den öffentlichen Verkehr fördern. Unsere grüne Ministerin hat das größte Schienenbauprogamm der Geschichte aufgelegt. Und das günstigste Ticket.

Ein Streitpunkt ist die Linzer Ostumfahrung, die die Industrie will, die Sie aber ablehnen.

Wir brauchen nicht Beton, sondern Klimaschutz. Man muss sich tatsächlich entscheiden. Es wäre die dritte vierspurige Autobahn durch Linz.

Die Ostumfahrung führt den Verkehr an Linz vorbei, das ist ja ihr Sinn und Zweck.

Nein, eben nicht. Sie geht mitten durch Linz. Dort, wo die Autobahn fährt, wohnen 60.000 Menschen.

Was soll mit MAN Steyr passieren? Die NGO Attac meint, die Autoindustrie müsse dort und ganz generell zurückgebaut werden. In Steyr sollte man anstelle von Autos und Lkw Züge produzieren.

Die große Verantwortung von Kanzler und Landeshauptmann wäre es, MAN an den Tisch zu holen. Es gibt einen Standortsicherungsvertrag bis 2030. Es ist dafür zu sorgen, dass der Konzern zu seinem Wort steht.

Sie sind Landesrat, Landessprecher und stellvertretender Bundessprecher der Grünen. Damit sind Sie eine Personalreserve für die Bundesgrünen. Können Sie sich einen Wechsel nach Wien vorstellen?

Nein, momentan überhaupt nicht. Ich bin Spitzenkandidat für Oberösterreich, die Landtags- und Gemeinderatswahl ist wahrscheinlich am 26. September. Da müssen wir dafür sorgen, dass der Klimaschutz Priorität Nummer eins wird. Das ist mein Job, den ich gerne mache.

Wie lange hält momentan an?

Ein Wechsel spielt in den nächsten Jahren überhaupt keine Rolle.

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