Demokratie-Unterricht: Linzer ÖVP-Vize unterstützt Neos-Vorschlag
Mit seinem Vorstoß, verpflichtenden Demokratieunterricht zusätzlich zum Religionsunterricht in Wien einzuführen, hat der dortige Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) für Aufsehen gesorgt.
Volle Unterstützung erhält er von Martin Hajart, ÖVP-Vizebürgermeister von Linz. Dieser war am Mittwoch bei einem Festakt in einer Linzer Volksschule. Dort haben fast alle Kinder Migrationshintergrund. Von den Darbietungen der Schülerinnen und Schüler war er restlos begeistert.
Und er hält fest: "Allen diesen Kindern stehen bei uns Tür und Tore offen, sie haben großes Potenzial und wir brauche sie alle." Dennoch fürchtet er: "Das System droht zu kippen." Fest macht er das an Gesprächen mit Lehrkräften und Zahlen.
Mehr Muslime als Katholiken
Denn die Herausforderungen für die Lehrerinnen und Lehrer seien ob der mangelhaften Sprachkenntnisse und der hohen Bildungsunterschiede sowie der Integrationsdefizite groß. "Zu groß", sagt Hajart.
Vor allem, wenn es in Richtung Mittelschule geht, denn dort würden sich "Extremismustendenzen verstärken".
36,6 Prozent der Linzerinnen und Linzer haben laut Statistik Austria einen ausländischen Geburtsort. In den Schulen ist die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in den Pflichtschulen muslimischen Bekenntnisses (36,6 Prozent - diese Zahl ist nur zufällig gleich). Katholisch sind nur noch 31,5 Prozent.
Forderung an Polaschek
Hier sieht Hajart den Anknüpfungspunkt zu Wien und Wiederkehr. "Wir brauchen diesen Demokratieunterricht auf alle Fälle zusätzlich zum jeweiligen Religionsunterricht", richtet er einen Appell an Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP).
Dass Maßnahmen im Bildungsbereich nötig sind, unterstreicht auch die Linzer Integrationsstadträtin Tina Blöchl (SPÖ), wie Hajart und Wiederkehr auch Vizebürgermeisterin.
Das könne einerseits dieser Demokratieunterricht sein, vielmehr brauche es aber in den Schulen mehr Unterstützung für die Lehrerinnen und Lehrer: "Da gilt es nachzujustieren. Die Bedingungen für die Lehrerinnen und Lehrer müssen auf die veränderte Situation eingestellt werden."
Ohne Bekenntnis: 1.906 (14,5 Prozent)
Römisch katholisch: 4.150 (31,5 Prozent)
Islamisch (IGGÖ): 4.821 (36,6 Prozent)
Evangelisch (AB, HB): 326 (2,5 Prozent)
Orthodox: 1.283 (9,7 Prozent)
Rest (28 Glaubensgemeinschaften): 690 (5,2 Prozent)
Gesamt: 13.176 Pflichtschülerinnen und -schüler
Nicht so einig sind sich Hajart und Blöchl, wenn es um die Integrationspolitik in Linz geht. Hajart sagt, er könne nicht verstehen, dass die Stadt Linz – anders als etwa Wels – das Angebot des Integrationsministeriums, einen Linzer Integrationsbericht zu erstellen, abgelehnt habe. Hajart: „Die Vogel-Strauß-Politik Blöchls wird uns nicht weiterbringen. Man muss endlich den realen Problemen ins Auge sehen.“
Integrationsstudie für Linz gefordert
Integration sei ein Zusammenspiel von Fördern und Fordern, das passiere zu wenig. Er ist überzeugt, dass viel mehr Geld in die Hand genommen werden müsse, um die Fehlentwicklungen zu korrigieren. Für ihn ist deshalb eine Integrationsstudie für Linz essentiell, um daraus die nötigen Handlungsschritte abzuleiten.
Dabei solle die Situation in jeder einzelnen Schule, aber auch das Verständnis der Ausländer-Vereine unter die Lupe genommen werden. Damit könne geklärt werden, ob die "etwas bringen, oder ob wir Vereine fördern, die das Gegenteil von Integration machen".
Dem hält Blöchl entschieden entgegen: Die gute Gesprächsbasis mit der Community über derartige Vereine sei eine Grundvoraussetzung für eine gute Integrationspolitik. Und das Leitthema der Integrationsstrategie der Stadt Linz sei eben jenes von Hajart geforderte Kernthema "fordern und fördern".
Sprache und Lernunterstützung
Dass in Linz 155 verschiedenen Nationen leben, mache auch den Charakter der Stadt aus, sagt Blöchl und verweist auf Maßnahmen, die aktuell gesetzt werden: "Wir setzen auf Spracherwerb und Lernunterstützung."
Darüber hinaus gebe es viele weitere Schwerpunkte - für Jugendliche, für Frauen, für Eltern. In dieser Frage verweist sie auf die gute Zusammenarbeit mit Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP).
Warum sie eine Integrationsstudie nicht für nötig hält? "Es gibt den Integrationsbericht des Bundeskanzleramtes für 2023", erklärt Blöchl, "an dem orientieren wir uns."
Die in Linz gesetzten Maßnahmen würden genau den dort formulierten Zugängen und Notwendigkeiten Rechnung tragen. Wobei sie nichts gegen eine eigene Studie für Linz hat, "wenn diese der Stadt nichts extra kostet".
Kommentare