"I bin schon ein wenig ang´fressen auf den Luger." Anton Stöcklegger, den alle nur Toni nennen, ist ein Linzer SPÖ-Urgestein und bringt auf den Punkt, was viele von der SPÖ in Linz denken. Jahrelang war er als Chemiearbeiter tätig, über 50 Jahre ist er bei der Partei, mit einer kurzen Auszeit unter Faymann.
Wegen Christian Kern ist er wieder zurückgekehrt. Die "Linzpartei" würde ihn jetzt nicht mehr halten, aber die Bundespartei. Er mag Andreas Babler, Lugers Kritik an ihm hat Toni sehr gestört.
Aber am Dienstag ist er im "Il Teatro" am Rande des Bulgariviertels. Es ist in das Rot der "Linzpartei" getaucht, die Musikkappelle St. Magdalena spielt auf. Die sechste Station der "Didi stellt sich vor"-Tour, Toni will Dietmar Prammer kennenlernen.
Prammer, noch eher unbekannter Bürgermeisterkandidat der SPÖ Linz, der die Nachfolge seines gefallenen Ziehvaters Klaus Luger antreten will, geht auf Tuchfühlung mit den Linzerinnen und Linzern. Und bereitet den über 100 Gästen in dem schmucken Italiener einen humorvollen Abend mit vielen persönlichen Einblicken.
"Lauter alte Männer"
Etwa, dass er mit seiner Lebensgefährtin, seiner Mutter und dem Kater Gustav in St. Magdalena im Elternhaus lebt. Sein verstorbener Vater hätte gerne gehabt, dass er zum Musikverein geht, der jetzt für "Didi" aufspielt. Prammer wollte das nicht, trotz sechs Jahren Querflöte. "Da waren lauter alte Männer", sagt er und fügt schmunzelnd an: "Die waren so alt, wie ich jetzt bin."
Mit Schulmilch am Schulwart gescheitert
Er erzählt von seinem Engagement in der Kirche als Ministrant. Und vom ersten Scheitern als Schülervertreter: "Ich wollte die Schulmilch vom Packerl auf Glas umstellen, habe aber nicht mit dem Schulwart geredet." Der hat das dann verhindert: "Da habe ich gelernt, dass man wissen muss, wo die wirklichen Machtzentren sind." Und ergänzt grinsend, dass er jetzt als Schulerhalter auch für die Schulwarte zuständig ist.
Dann zitiert er den Bundespräsidenten, denn nur "arschknapp" habe er sein Jus-Studium absolviert: "In zwei Jahren mit dem Studienabschluss-Stipendium habe ich mehr weitergebracht, als in vielen Jahren davor." Geprägt habe ihn das Aufwachsen in der Familie mit zwei älteren Geschwistern, dem fleißigen Vater, der es vom Maurer zum Baumeister gebracht hat und der Mutter, "die die Familie zusammengehalten hat".
Tonis Ärger mit der GWG
Leistbares Wohnen ist Prammer ein Anliegen, schließlich ist er auch Vorstandsvorsitzender der gemeinnützigen städtischen Wohnbaugesellschaft GWG. Toni wiederum wohnt in einer GWG-Wohnung. Glücklich ist er mit der Entwicklung dort nicht. Und dass es nicht möglich ist, ein paar hässliche Einbauten am Areal seiner Wohnhausanlage wegzubringen, ärgert ihn sehr: "Ein denkmalgeschütztes Haus in der Stadt ist schneller weggerissen." Ein Foto davon hat er mit.
Neben dem sozialen Wohnbau und dem Erhalt der Linz AG als wichtiges Unternehmen zur Sicherung der Daseinsvorsorge stellt Prammer nachdrücklich klar, dass ihm die Entwicklung der Industrie in Richtung Klimaneutralität ein Anliegen ist. Überhaupt kommt das Thema Klima bei ihm wesentlich häufiger vor, als bei anderen führenden Politikern in Oberösterreich, egal ob von SPÖ, ÖVP oder FPÖ.
Klimaschutz als ein zentraler Punkt
Dazu zählt eine Stadtplanung, die auf mehr Bäume, Grün und Entsiegelung achtet, dazu zählt der Umbau des innerstädtischen Verkehrs: "Wir werden viel mehr für den öffentlichen Verkehr und das Fahrrad tun müssen und dafür mehr Platz auf den Durchzugsstraßen in der Stadt schaffen." Mit Eröffnung der Westringbrücke will er in diese Richtung Akzente setzen.
Dass unter ihm Paukenschläge in Sachen Klima möglich sind, hat Prammer mit dem Stopp der Umwidmung für die Digital-Uni und Betriebsansiedelungen bei der Kepler-Uni bereits gezeigt. Dafür erntet er im "Il Teatro" Sonderapplaus. Auch Toni ist das wichtig. "Ich halte die Hitze in Linz nicht mehr aus, ich würde lieber nach Bad Gastein ziehen, aber meine Frau will nicht." Bad Gastein? Ja, Toni Stöcklegger (72) hat sich mit 48 zum Koch umschulen lassen und dort fünf Jahre die Böckfeldalm als Hüttenwirt betrieben.
Ärger über südliche Landstraße
Keinen Applaus gibt es für Prammer, als er die südliche Landstraße anspricht. "Die ist zum Schämen", ruft eine Frau entrüstet hinein. Prammer hält dagegen und versichert, dass sein Augenmerk auch diesem Bereich gilt. "Ihr Wort in Gottes Ohr", murmelt die Frau. Schon am Donnerstag wird das Innenstadtkonzept präsentiert und beschlossen, die Neugestaltung des Hauptplatzes ist schon europaweit ausgeschrieben.
In Sachen Sicherheit betont Prammer, keinen Schlingerkurs, wie oftmals in der SPÖ, zu fahren: "Wir dürfen uns nicht auf der Nase herumtanzen lassen, aber wir müssen junge Leute auch unterstützen, wenn sie einmal etwas aus Langeweile oder wegen fehlender Perspektive falsch gemacht haben."
Blau-Weiß und Violett
Dann kommt die Linzer Gretchenfrage aus dem Publikum. "LASK oder Blau-Weiß Linz?" Prammer legt sich fest: "Blau-Weiß Linz. Aber mit dem Fuchsbichler war ich als kleiner Bub auch Voest-Fan." Und außerhalb von Linz setzt sich Prammer am liebsten die violette Brille von Austria Wien auf.
Ehe sich Prammer zu den persönlichen Gesprächen auf den Tischen begibt, wird er noch einmal deutlich. "Diese Bürgermeisterwahl ist richtungsweisend, weil der Bürgermeister, der jetzt gewählt wird, wohl zumindest die nächsten acht Jahre Bürgermeister sein wird."
Hier nimmt Prammer das erste und einzige Mal an diesem Abend Bezug auf seinen Vorgänger Klaus Luger, auf dessen Errungenschaften er aufbauen will. Mit einem anderen Stil des Miteinanders. "Als Bürgermeister muss man schon einmal alleine entscheiden. Aber vorher werde ich mit ganz vielen Menschen darüber reden", versichert er.
Damit ist auch Toni mit seiner Linzpartei wieder ein wenig versöhnt, findet er zum Schluss: "I hob den Prammer jo ned kennt, auch nichts mit ihm zu tun gehabt, aber das heute war sehr sympathisch."
Einen Termin gibt es übrigens noch - am 11. November im Atrio-Restaurant in Kleinmünchen.
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