Was braucht das Brucknerhaus, um zukunftsfit zu werden? Rasch einen neuen künstlerischen Leiter. Darüber waren sich alle bei einer Diskussionsrunde vor Ort einig.
Der Saal war voll und gleich zu Beginn ging ein Raunen durch die Menge: René Esterbauer, der kaufmännische Leiter der LIVA (Linzer Veranstaltungsgesellschaft), zu der auch das Brucknerhaus gehört, ließ sich kurzfristig entschuldigen.
Die Runde, die am Dienstagabend vor Ort zusammenkam, um über die Zukunft der Skandal-gebeutelten Kulturinstitution zu reden, war hochkarätig.
Auf dem Podium saßen der Leiter des Cleveland Orchestra, der oberösterreichische Dirigent Franz Welser-Möst, der neue Aufsichtsratsvorsitzende der LIVA, Meinhard Lukas, der Dramaturg des Brucknerhauses, Andreas Meier, der künstlerische Leiter des Bruckner Orchesters, Norbert Trawöger und der Kulturchef der OÖN, Peter Grubmüller, der die Diskussion moderierte. Was auch dem Publikum auffiel: Dass keine Frau in die illustre Runde gebeten worden war.
Welche Schwerpunkte braucht das Brucknerhaus also, um gut in die Zukunft zu kommen? Und wer könnte die Zügel in die Hand nehmen?
Musik und Kultur als selbstverständlicher Teil des Lebens
"Die Selbstverständlichkeit, dass Musik und Kultur Teil unseres Lebens sind, ist uns abhanden gekommen." Franz Welser-Möst ist an sich ein selbst ernannter Optimist, bei der Podiumsdiskussion im Brucknerhaus zieht er eine durchwachsene Bilanz.
Nach der Finanzkrise 2009 und der Corona-Pandemie orte er eine große Unsicherheit und einen Verlust an Fantasie und Risikobereitschaft, was die heimische Kulturszene angehe: "Es braucht Mut und Demut gleichermaßen, um Institutionen voranzubringen."
Das Konzerthaus sei der Resonanzraum des Orchesters: "Wir befinden uns jetzt in einem Bruckner'schen Moment: Es geht darum, in der Krise zu gestalten", spielt der künstlerische Leiter des Bruckner Orchesters, Norbert Trawöger, auf den Status quo im Haus an.
Die Heimat des Orchesters sei im Brucknerhaus "und trotzdem wissen die meisten nicht mal, dass es uns gibt. Wir müssen neue Situationen und Zugänge schaffen, die es möglichst vielen Menschen ermöglichen, uns zu hören", so Trawöger: "Man muss von Musik nichts verstehen, man muss von ihr ergriffen werden."
Offen für alle
Das Haus müsse sich nach außen öffnen, hin in Richtung Kinder und Jugend, hin in Richtung Menschen mit Beeinträchtigung, auch hin zu Menschen mit wenig Budget: Diese Punkte kommen vermehrt vom Publikum.
Es werden etwa mehr Live-Übertragungen von Konzerten in den Donaupark, etwa bei der Klassischen Klangwolke, gefordert. Auch der Wunsch, Kinder und Jugendliche möglichst früh mit Kultur und Musik in Berührung zu bringen, wird mehrmals artikuliert.
Andreas Meier, Programm-Chef und Dramaturg des Brucknerhauses gesteht hier noch Luft nach oben ein und verweist gleichzeitig auf bereits existierende Programmschienen, wie etwa "Ein Haus voller Musik".
Immer wieder wird Franz Welser-Möst zu seinen Ideen bezüglich künstlerischer Leitung und erfolgreicher Programmierung gefragt. Mit einem Grinsen antwortet er: "Ich bin hier nicht der Intendant." Gleichzeitig kommt aus dem Publikum mehrmals die Anspielung, dass Welser-Möst die geeignete Persönlichkeit wäre, das Haus innovativ und sicher in die Zukunft zu führen.
"Beim Cleveland Orchestra sind die Dinge langsam am Auslaufen. Ich bin hier in Österreich zu Hause. Das ist nicht nur eine Frage des Wohnsitzes, sondern auch des Herzens. Aber ich habe nicht die Weisheit mit dem Löffel gefressen, sondern einfach 40 Jahre Erfahrung", kontert der Weltstar.
Der frischgebackene Aufsichtsratsvorsitzende Meinhard Lukas goutiert diese Aussagen mit Applaus uns hält fest: "Es gibt einen klaren, politischen Konsens, dass die Position der künstlerischen Leitung rasch ausgeschrieben werden soll. Da muss es einen guten, transparenten Prozess geben."
Zum Schluss nennt Dirigent Welser-Möst die drei entscheidenden Punkte, die seiner Meinung nach bei der Neubesetzung der Intendanz entscheidend seien: "Die Person darf kein Apparatschik sein, sondern muss Leidenschaft haben. Sie muss über den Tellerrand hinausschauen können. Und diese Person muss für die Institution Brucknerhaus da sein, nicht umgekehrt."
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