Ex-Bandidos-Chef wegen Wiederbetätigung schuldig: "Es nervt richtig"
Bücher waren es, die im Juni 2023 bei einer Hausdurchsuchung in seinem Schlafzimmer in Oberösterreich in einem rund zwei Meter hohen, offenen Regal gefunden worden waren.
Bücher sind es auch, die am Mittwoch vor dem Landesgericht Wels Thema sind. Acht an der Zahl. Alle mit NS-Bezug, die wohl bekanntesten darunter: Zwei Exemplare der Propagandaschrift „Mein Kampf“ von Adolf Hitler - eines davon neuwertig.
Neben den Büchern geht es in der Anklage gegen einen 39-Jährigen auch um einen Schlagring als verbotene, illegale Waffe ("Das ist eher ein Kirtag-Klumpert, mit dem man sich mehr selbst weh tut"), einen illegalen Revolver oder Hakenkreuze, die in Gruppenchats geteilt wurden.
Sie alle sollen im Zusammenhang mit dem 39-jährigen Ex-Bandidos-Chef des Chapters Thun stehen, der am Mittwoch wegen Nationalsozialistischer Wiederbetätigung und Verstößen gegen das Waffengesetz vor Gericht stand.
Bedingte Haft und Geldstrafe
Das Urteil nach gut drei Stunden: 10 Monate bedingt und eine Geldstrafe von 1.440 Euro; nicht rechtskräftig.
In den Fokus der Ermittler war der Mann im Zusammenhang mit einem der größten Waffenfunde der letzten Jahrzehnte in Österreich geraten.
Selbst will der 39-Jährige im Karo-Sakko - mit unzähligen Tätowierungen bis ins Gesicht, darunter in Rockerkreisen einschlägigen -„keine politische Gesinnung“ haben. Schuldig bekannte er sich in allen Punkten. Bis auf das Faktum mit den Büchern. „Ich wohne mit meinen Großeltern in einem Haus, die Bücher gehören ihnen, ich wollte sie nicht wegwerfen“, erklärte der Oberösterreicher.
Auch von seinem Anwalt, Harald Korp hieß es zum Bücherfund: „Wenn ich etwas propagieren und mich nationalistisch Wiederbetätigen will, dann stelle ich es nicht unter 100 andere Bücher.“
Die Geschworenen teilten diese Ansicht: Nicht schuldig für den Besitz von "Mein Kampf".
Bleiben als Anklagepunkte Bilder, etwa von SS-Runen, die versendet wurden und von zwei Hakenkreuzen vor dem Bandidos-Logo, die in einer Telegramgruppe mit rund 20 Personen geteilt worden sind.
Erinnerungslücken und Blödheit
Warum tut man sowas, wollte die Richterin wissen. Antwort: „Aus unüberlegter Blödheit.“ Sonst sind es vor allem Erinnerungslücken beim Angeklagten, die am Mittwoch blieben. Wie viele einschlägige Vorstrafen er hat, daran will er sich nicht erinnern. Zwei sind es. Nach dem Waffen- und Suchtmittelgesetz.
Von eindeutiger Rechtsrockmusik, die bei ihm gefunden wurde und den dazugehörigen Gruppen, denen er auf Telegram folgte, will er ebenso nichts wissen. Telefonate mit Freunden, die sich am Ende des Gesprächs mit „Sieg Heil, servus“ verabschiedeten, werden von dem 39-Jährige mit „das muss wohl ein Schmäh gewesen sein“ quittiert.
Weniger redefreudig, zeigte er sich angesprochen auf einen Chat-Partner aus der Gruppe mit den zwei Hakenkreuzen: Einen 42-jährigen Innviertler, bekannter Nazi, einstige Größe des Objekt 21, eine der kriminellsten Neonazi-Organisationen Österreichs. „Ja, er war bis vor kurzem mein Freund. Aber auch wegen dieser Sache, die jetzt verhandelt wird, will ich mich von dem ganzen distanzieren.“
Mit „dieser Sache“ ist einer der größten Waffenfunde der vergangenen Jahrzehnte in Österreich gemeint. Im vergangenen Jahr waren 100 Waffen im Wert von 1,5 Millionen Euro bei Cobra-Zugriffen in OÖ und auf einem Bauernhof in NÖ sichergestellt worden. Der Rockerclub Bandidos wollte offenbar expandieren, und suchte deswegen die Nähe zur rechtsextremen Szene.
Hier soll der Angeklagte eine Rolle gespielt haben. Der sich in seinen Schlussworten vor der Urteilsverkündung so verantwortete: „Ich will nichts damit zu tun haben. Das war eine unüberlegte Sache, es nervt richtig.“
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