Der Verdächtige wollte offenbar von einem Ort aus in den Rockerkrieg ziehen, in dem jeder seinen Nachbarn beim Namen kennt. Aber niemand etwas von 20 Cobra-Beamten, die am Montag gegen 5 Uhr den Bauernhof durchsuchten, bemerkt haben will.
Immer alles anständig
„Natürlich kenne ich die Familie. Sie waren regelmäßig bei mir zu Gast. Immer alles anständig“, erzählt der Wirt des Dorfgasthauses, das bereits um 10 Uhr bis auf den letzten Platz belegt ist.
Zeugnistag bedeutet auch in der Waldviertler Einöde Spendierhosen. Ob man sich unwohl fühle, weil keine zehn Minuten entfernt Waffen gelagert wurden? „Solange er damit nichts tut, habe ich da keine Angst“, sagt der Wirt. Da sei die Sorge um fehlendes Personal wesentlich größer. „Das sollten S’ in der Zeitung schreiben. Net das andere.“
Mit dem anderen ist gemeint, dass der 58-Jährige bereits zuvor „so Sachen mit Waffen gemacht hat“. Auch die Verbindung zum Rotlicht kennt hier jeder. „Der war ein Peitscherlbua“, erzählt eine Aushilfe.
Nazi-Symbol in Einfahrt bemerkte niemand
Still an der Bar wird es schlagartig, als man fragt, ob niemand bemerkt hat, was in der Einfahrt des Bauernhofes zu sehen ist: Ein vier Meter großes Sonnenrad. Erkennungszeichen der Nazis. Nicht verdeckt durch einen Zaun. Nicht einmal durch das rote Schild. Kopfschütteln an der Theke.
Die Verdächtigen, sie sollen nicht nur Rocker, sondern Nazi-Rocker sein. Mit besten Verbindungen zum seit mehr als zehn Jahren verbotenen Verein „Objekt 21“, der sich mit Schwerkriminalität finanzierte. Einstiger Stammsitz: ein Bauernhof in Desselbrunn (OÖ).
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Quartier 21
Gott segne dieses Haus und alle die da gehen ein und aus
Steht dort über der weiß-grünen Tür. Direkt darunter „Nummer 21“. Sonst erinnert nichts mehr an das Lokal des „Kultur- und Freizeitvereins“ – so die Eigendefinition der Objekt-21-Mitglieder. Hier fanden einst Rechtsrock-Konzerte statt, man trug einschlägige Tattoos zur Schau, die Grillstelle im Garten war in Form einer „Schwarzen Sonne“, eines NS-Symbols, angelegt.
Heute sitzen im Garten die neuen Besitzer. Ihren Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen, aber von ihrer Zeit im Haus erzählen. „Vor 5 Jahren haben wir das Gebäude gekauft und auch um die Vorgeschichte gewusst. Aber was kann das Haus dafür“, sagt die Frau, bevor sie zu einem Rundgang lädt.
In liebevoller Handarbeit erstrahlt im Inneren alles in neuem Glanz. Holzbalken, helle Fußböden, kuschelige Ecken.
Wo früher Sprüche wie „Der Führer hat immer recht“ prangten, finden sich nun bestickte Zierpolster: „Wenn Du ruhst auf diesem Kissen sollst Du nichts von Sorgen wissen.“
„Wir haben mit den Nachbarn natürlich über die Vormieter gesprochen, aber die hatten ja auch keine Ahnung was hier passiert. Wohl ähnlich wie nun in Niederösterreich“, sagt der Mann.
Und wohl ähnlich wie bei den berühmten Ur-Besitzern. Das Ehepaar hat den Hof von Oscar-Preisträger und Regisseur Stefan Ruzowitzky und seinem Bruder erstanden.
Jesus statt Hitler
Am Ende des Rundgangs sticht noch etwas ins Auge: ein Holzkreuz. Die Erklärung der Frau: „Wir sind gläubige Christen. Vielleicht hat das Haus uns gesucht.“
Bordellbetreiber
Ab 14 Uhr Zimmerbetrieb
Holzkreuze sucht man in dem Haus mit den Steinlöwen vor der Einfahrt wohl vergebens. Es ist eines jener Bordelle, die der 58-jährige „Peitscherlbua“ aus dem kleinen Ort in NÖ im weit entfernten Innviertel in OÖ betrieben haben soll. Auch hier rückte die Cobra am Montag zu einer von 13 Hausdurchsuchungen an.
Wie die Betroffenen reagierten? Unklar.
In dem kleinen Ort im Waldviertel, der bis vor Kurzem noch mehr Waffen, als Einwohner hatte, soll ein Verdächtiger beim Eintreffen der Polizei jedenfalls nur eine Frage gestellt haben: „Seids ihr eh keine Juden?“
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